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Engelsfluch

Engelsfluch

Titel: Engelsfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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Soldaten stehen unter meinem Kommando.«
    »Aber ich leite die Expedition. Soll ich der Fürstin melden, dass Sie sich meinen Anordnungen widersetzt haben?«
    Wir blickten uns in die Augen, und es war wie ein stiller Zweikampf. Plötzlich grinste Lenoir und zuckte mit den Schultern. »Wie Sie wollen, Monsieur Schreiber. Sie leiten die Expedition, ganz recht, und Sie werden der Fürstin für den Erfolg oder auch den Misserfolg geradestehen.«

    Der Hauptmann wandte sich zu den Soldaten um und befahl ihnen, die Musketen abzulegen und mit den Spaten zu vertauschen, um bei den Ausgrabungen zu helfen. Ich beschloss, den Bürgermeister um Hilfe zu bitten. Damit es kein böses Blut gab, suchte ich Borgo San Pietro ohne militärische Eskorte auf.
    Ich nahm nur Riccardo Baldanello mit, da mein Italienisch zwar im Allgemeinen sehr brauchbar war, aber angesichts gewisser Redewendungen der Menschen hier in den Bergen doch hin und wieder versagte.
    Unterwegs fragte ich ihn nach seiner Schwester. »Maria scheint etwas gegen mich zu haben. Ich wüsste nur gern, was.«
    Riccardo sah mich von der Seite an. »Maria gefällt Ihnen, nicht wahr?«
    »Ich kann und will es nicht leugnen.«
    »Maria ist kein Mädchen, mit dem ein Mann kurz seinen Spaß haben kann.«
    »Das habe ich nicht behauptet und auch niemals angenommen.«
    »Aber Sie kommen aus einem anderen Land, aus einer anderen Welt, Signore. Wenn Sie hier Ihre Arbeit getan haben, werden Sie in Ihre eigene Welt zurückkehren, und in die passt Maria nicht.«
    »Woher willst du das wissen?«
    Riccardo tippte mit den Fingern der rechten Hand gegen seine Stirn. »Ich bin nur ein einfacher Mann, aber deshalb ist da drinnen nicht ausschließlich Stroh.«
    »Möglicherweise hast du Recht mit den verschiedenen Welten. Aber Maria sollte selbst entscheiden, ob sie das Wagnis eingehen will, sich an ein neues Leben zu gewöhnen.«
    »D’accordo, fragen Sie Maria!«

    »Wie denn? Sie geht mir aus dem Weg wie die Dorfbewohner.«
    »Sie fürchtet sich vor Ihrer Welt und vor diesem verwünschten Unheilsvogel.«
    »Maria macht sich noch immer Sorgen wegen des Bussards?«
    »Sie ist sehr gläubig erzogen worden, und hierzulande ist der Glaube eng verwandt mit dem Aberglauben.«
    Gern hätte ich mich mit Riccardo noch weiter über seine Schwester unterhalten, aber wir erreichten die Dorfmauern, und deren düstere Ausstrahlung ließ uns verstummen. Ein, zwei Gestalten, die wir von ferne gesehen hatten, verschwanden, sobald sie uns bemerkten, und abermals wirkten die engen Gassen wie ausgestorben. Als wir den Dorfplatz erreichten, gingen wir zum Haus des Bürgermeisters, aus dem gerade der kleine Romolo lief, ein zusammengewickeltes Tuch in den kleinen Händen. Ich rief ihn und fragte, ob sein Vater zu Hause sei.
    Er blickte mich stumm an und schüttelte den Kopf.
    »Wo ist er denn?«
    »Auf dem Feld«, antwortete der Junge. »Ich will ihm etwas Brot bringen.«
    Wir schlossen uns Romolo an und begleiteten ihn zu seinem Vater, der schon seit dem frühen Morgen auf dem Feld arbeitete und allmählich unter den wärmer werdenden Strahlen der Septembersonne zu schwitzen begann. Erstaunt blickte er uns entgegen, zumindest lief er nicht gleich vor uns davon. Er schlug das Tuch auseinander und bot uns von dem frisch gebackenen, duftenden Brot an.

    »So viel Gastfreundschaft sind wir von Ihren Mitbürgern nicht gewohnt«, sagte ich erstaunt.
    »Meine Leute fürchten Sie und Ihre Soldaten.«
    »Die Soldaten begleiten mich zu meinem Schutz.« Mit einem vielsagenden Blick auf Riccardo fügte ich hinzu: »Ich bin erst vor kurzem von Banditen überfallen worden.«
    Giovanni Cavara steckte sich ein Stück von dem Brot in den Mund und sagte, während er kaute: »Ich habe nichts gegen Sie persönlich, Signore, aber ich wünschte, die Banditen hätten Sie bei sich behalten.«
    »Warum?«
    »Weil Sie Unheil über unser Dorf bringen.«
    »Es geht um die alte Etruskerstadt, nicht wahr? Sie wissen mehr darüber, als Sie uns sagen, Signor Cavara.« Das war schon mehr eine Feststellung meinerseits als eine Frage. Einen anderen Grund für die abweisende Haltung Cavaras und seiner Mitbürger konnte ich mir nicht vorstellen.
    Cavara hielt im Kauen inne und wandte sein Gesicht nach Westen, dorthin, wo wir auf die Überreste der etruskischen Siedlung gestoßen waren. Mit ernster Stimme sagte er: »Wer den Schlaf der Engel stört, beschwört das Verderben!«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Lassen Sie die Engel in Frieden

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