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Engelsfluch

Engelsfluch

Titel: Engelsfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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es gut. Natürlich bin ich sofort in das Zimmer gegangen, und sie hatten Recht. Ich kann es mir bis heute nicht erklären.«
    Riccardo sah ihn fast mitleidig an. »Vielleicht haben Sie sich einfach nur geirrt, als Sie die Mutter für tot hielten.«
    »Ja, vielleicht«, sagte der Arzt, aber sein Gesichtsausdruck verriet, dass er das kaum für möglich hielt. Eine Tote zum Leben erwecken, daran konnte auch ich nicht glauben, sosehr ich es mir auch gewünscht hätte. Aber vielleicht war in der Frau, von der soeben der Arzt erzählt hatte, noch ein Rest Leben gewesen. Und vielleicht hatte dieses Fünkchen genügt, um die Flamme neu zu entfachen. Das redete ich mir ein in der Hoffnung, bei Maria möge es ähnlich sein.
    Als die Zeltplane sich am Eingang teilte und ein Dorfbewohner nach dem anderen heraustrat, klopfte mein Herz bis zum Hals. Die Leute aus Borgo San Pietro wirkten erschöpft wie nach einer großen Anstrengung, aber ich achtete nur beiläufig darauf. Zu groß war meine Sorge um Maria.
    Der Bürgermeister trat als Letzter ins Freie und sah uns mit einem Lächeln an, wie ich es bei ihm noch nicht gesehen hatte.
    »Die Frau ist jetzt bei Bewusstsein. Das Schlimmste liegt hinter ihr. Sie muss sich in den nächsten Wochen nur schonen.«
    Das war alles. Keine weitere Erklärung, keine Ermahnung an uns, unseren Teil der Abmachung zu erfüllen. Giovanni Cavara folgte seinen Leuten, die durch die kühle Nacht zu ihrem Bergdorf heimgingen. Riccardo stürzte ins Zelt, und als auch ich eintrat, kniete er bereits neben Maria, strich zärtlich über ihre Stirn und sagte leise: »Ich bin so glücklich, dass ich dich wiederhabe, meine Liebste. Nichts soll uns mehr trennen!«

    In meine unbändige Freude über Marias Rettung mischte sich ein bitterer Beigeschmack. Ich blieb auf halbem Weg zu Marias Lager stehen und betrachtete die beiden Menschen, die ich so lange für Bruder und Schwester gehalten hatte. Und mein Herz zerbrach.
    Am nächsten Morgen zeigte Riccardo ungewohntes Mitgefühl und versuchte, mir zu erklären, warum er und Maria mir diese abscheuliche Komödie vorgespielt hatten. Es gehörte zu Riccardos Plan, mein Vertrauen zu gewinnen. Seine
    »Schwester« Maria erschien ihm dafür besser geeignet als seine Liebste. Ich verzichtete auf alle weiteren Erklärungen und wandte mich an den Arzt, der Maria ein weiteres Mal untersuchen wollte, bevor er sich auf den Rückweg nach Pescia machte. »Was sich schon in der Nacht abzeichnete, hat sich bestätigt«, sagte er. »Maria befindet sich auf dem Weg der Besserung. Ich habe keine Ahnung, wie die Leute von Borgo San Pietro das angestellt haben. Aber wenn es mehr Menschen von ihrer Art gäbe, wäre mein Berufsstand bald überflüssig.«
    »Und?«, fragte ich Riccardo, nachdem der Arzt sich verabschiedet hatte. »Was sagen wir jetzt dem Major?«
    »Ich habe da schon eine Idee.«
    Wir beide waren fest entschlossen, unseren Teil der Abmachung zu erfüllen. Keiner sprach es aus, aber Riccardo befürchtete wohl genauso wie ich, dass ein Bruch unseres Versprechens Böses für Maria bedeuten würde, vielleicht den Tod. Es war wie ein Fluch, der nur so lange gebannt war, wie wir uns an das Versprechen hielten. Also führte ich für Major von Rotteck ein Schauspiel auf, wie ich es mir selbst nie zugetraut hätte. Vor seinen Augen verwandelte ich mich in der Ausgrabungsstätte zum Wüterich und zerschlug zwei kostbare, fast vollständig erhaltene Vasen, wertvolle Zeugnisse etruskischer Kunstfertigkeit, während ich schimpfte wie ein Rohrspatz. Der österreichische Offizier wurde so bleich, als sähe er sich ganz allein einem feindlichen Regiment gegenüber.
    Besorgt stieg er, begleitet von Riccardo, zu mir herab in die Grube und fragte mich, was ich habe, ob ich vielleicht krank sei.
    »Wütend bin ich«, antwortete ich und trampelte auf den Scherben der Vasen herum. »Wütend auf mich selbst, weil ich mich so lange habe an der Nase herumführen lassen.«
    Diese Wut zu spielen kostete mich keine große Mühe, ich brauchte nur an Riccardo und Maria zu denken. Von Rotteck sah mich fragend an. »Wer hat Sie an der Nase herumgeführt, Herr Schreiber?«
    »Diese angeblich etruskischen Künstler!« Ich spuckte verächtlich aus. »Dabei sind sie nichts als römische Imitatoren.
    Erst haben sie die Kultur der Etrusker vernichtet, dann ahmen sie sie nach. Typisch Rom!«
    Der Major breitete in hilfloser Geste die Arme aus. »Ich verstehe Sie nicht.«
    »Da müssen Sie sich nicht schämen,

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