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Engelsfluch

Engelsfluch

Titel: Engelsfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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dass es sich um ein sehr altes Gebäude handelte. Die Mauern und Säulen standen hier wahrscheinlich schon seit Jahrhunderten, wenn nicht seit Jahrtausenden.
    »Was ist das?«, fragte er spontan.
    »Dein Gefängnis«, sagte der Rotgesichtige nur und stieß ihn vorwärts. Alexander stolperte und fiel hin. Mit den gefesselten Händen konnte er den Sturz nicht abfangen, und so schlug er mit der Stirn gegen eine Mauerkante. Das Resultat waren ein blitzartiger Schmerz in seinem Kopf und ein warmer Blutfaden, der seine rechte Wange hinunterrann.
    »Sei nicht so grob, Livio!«, sagte einer der Männer. »Wir wollen ihn doch nicht umbringen.«
    »Das wäre vielleicht das Beste«, brummte der Anführer.
    »Stehen Sie schon auf! So schlimm war es doch gar nicht.«
    Einer der Männer half Alexander, wieder auf die Beine zu kommen, und sie führten ihn mitten in das Gewirr aus Mauerresten und Steintrümmern. Vor einem kleineren Schutthaufen blieben sie stehen, und ein paar Männer räumten die Trümmer mit anscheinend geübten Handgriffen beiseite. Der Schutt war nur die Tarnung für eine hölzerne Klappe gewesen, unter der eine ebenfalls hölzerne Treppe in dunkle Tiefe führte.
    Eine Taschenlampe flammte auf und beleuchtete festes Mauerwerk. Alexander vermutete, dass dieser unterirdische Raum oder Gang aus der Zeit stammte, als die Ruine ein prächtiges Bauwerk gewesen war. Die Bodenklappe und die Holztreppe dagegen waren neueren Ursprungs, wahrscheinlich von den Dorfbewohnern angebracht. War dies der Eingang zu einem unterirdischen Verlies?
    Die meisten Dörfler blieben zurück, während der Anführer, den sie Livio nannten, und eine Hand voll Männer ihren Gefangenen in die Tiefe begleiteten. Am unteren Absatz der wackligen Holztreppe begann ein schmaler Gang, der schon nach ungefähr zwanzig Metern vor einer festen Holzbohlentür endeten. Vor der Tür saß ein hagerer Mann auf einem Stuhl und las im Schein einer trübe leuchtenden Funzel eine Autozeitschrift. Neben dem Mann lehnte eine Schrotflinte an der Wand.
    »Alles klar hier unten, Ugo?«, fragte Livio. Ugo nickte müde und deutete mit dem rechten Daumen auf die Tür. »Die sind so leise, als wären sie tot.«
    »Wen haben Sie da drinnen eingesperrt?«, fragte Alexander besorgt, obwohl er die Antwort zu kennen glaubte.
    »Das wirst du gleich sehen«, sagte Livio und zog einen Schlüssel aus der Hosentasche, mit dem er das schwere Vorhängeschloss vor der Holzbohlentür öffnete.
    Ein lang gezogenes Quietschen ertönte, als er die Tür aufzog.
    In dem Raum dahinter brannte eine ähnliche Lampe wie auf dem Gang, nur schien das gelbe Licht noch trüber zu sein.
    Alexander sah mehrere Feldbetten und einen großen, viereckigen Tisch, um den mehrere Stühle und Hocker standen.
    Auf einem der Stühle saß eine rothaarige Frau und blickte ihm neugierig entgegen: Dr. Vanessa Falk. Zwei weitere Personen waren aufgesprungen, als die Tür aufging. Enrico Schreiber stand neben der Religionswissenschaftlerin und sah nicht minder gespannt zur Tür. Die dritte Person war Elena. Sie lief Alexander entgegen, umarmte und küsste ihn. Für einen Augenblick schloss er die Augen, vergaß alle widrigen Umstände und genoss es einfach, wieder mit Elena vereint zu sein. Mit einem scharfen Jagdmesser durchtrennte Livio Alexanders Fesseln. Er schlug die Tür hinter sich zu, und die vier Gefangenen hörten, wie der Schlüssel zweimal herumgedreht wurde. Die Männer draußen unterhielten sich noch ein paar Minuten, dann entfernten sich Schritte.
    Vermutlich blieb nur der einsame Wächter, Ugo, zurück.
    Alexander trat an die Tür und untersuchte sie.

    »Vergiss es!«, sagte Enrico. »Wir haben uns die Tür schon angesehen. Mit unseren Mitteln hier unten haben wir keine Chance, sie aufzubrechen. Selbst wenn wir es versuchten, ginge das nicht ohne Lärm, und der Wächter wäre gewarnt. Wir müssen hier unten schmoren, bis die Leute aus Borgo San Pietro es sich anders überlegen.«
    »Nicht unbedingt«, sagte Alexander, zog seine Lederjacke aus und dann auch sein Hemd.
    »Was tust du?«, fragte Elena irritiert.
    »Wusstest du nicht, dass ich ein Anhänger der Freikörperkultur bin?«, erwiderte er augenzwinkernd, während er sein T-Shirt hochschob. Darunter kam eine kleine, verdrahtete Apparatur zum Vorschein, die mit Klebebändern auf seiner Brust befestigt war. »Zum Glück hat unser Freund Livio sich mit meiner Pistole und dem Handy zufrieden gegeben, als er mich durchsuchte. Darauf hatte ich

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