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Engelsfuerst

Engelsfuerst

Titel: Engelsfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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hob erneut die hintere Zeltplane an.
Einer nach dem anderen schlüpften sie ins Freie, wo
wegen der großen Tarnabdeckung Dämmerlicht
herrschte. Die schlechten Sichtverhältnisse können für
die Flucht nur hilfreich sein, dachte Enrico, während
er sich mit Francescos Hilfe aufrichtete. Jetzt merkte
er, daß er etwas wacklig auf den Beinen war.
»Tretet leise auf, damit uns niemand hört!« mahnte
Francesco und führte die kleine Gruppe hinter den
Zelten entlang zu einer Reihe von ordentlich geparkten Lieferwagen. Hinter dem Lenkrad des letzten
Fahrzeugs in der Reihe saß jemand und wartete auf
sie.
Plötzlich blieb Elena stehen und erstarrte.
»Was hast du?« fragte Enrico leise.
Elena deutete nach vorn. »Das da im Wagen ist
Laura!«
44
Rom

E
    in blauweißer Streifenwagen der Polizia Municipale, der römischen Stadtpolizei, brachte Alexander zurück zum Vatikan, nachdem Mitarbeiter der
kriminalpolizeilichen Spurensicherung in Elenas
    Wohnung erschienen waren. Die junge Polizistin am
Steuer schaltete Blaulicht und Signalhorn ein und manövrierte den Streifenwagen außerordentlich geschickt
durch das Fahrzeugchaos vor dem Vatikan. Erst kurz
vorm Petersplatz ging es definitiv nicht weiter. Alexander bedankte sich bei der Beamtin, stieg aus und
legte das letzte Wegstück so zurück, wie er den Vatikan auch verlassen hatte: zu Fuß.
    Stelvio Donati hielt sich im Niccolo-Turm auf, wo
man ein abgelegenes Büro im fünften Stock freigeräumt
hatte. Dort konnte Fabio Pallottino in aller Ruhe die
Akten durchsehen, die Rosario Picardi bei Erzbischof
Guarducci versteckt hatte. Als Alexander eintrat, waren die beiden ins Gespräch vertieft, stutzten aber und
bedachten Alexander mit merkwürdigen Blicken.
»Was hast du da, Alex?« fragte Donati.
    Erst jetzt wurde Alexander bewußt, daß er den
Pooh-Bären, den er aus Elenas Wohnung mitgenommen hatte, noch in der Hand hielt. »Ach, der gehört
Elena. Er hat mir schon einmal geholfen, vielleicht
bringt er mir auch jetzt Glück.«
»Denkst du wirklich, ihr ist etwas zugestoßen?«
    »Sie ist spurlos verschwunden, und ihre Wohnung
steht offen. Was soll ich da denken, Stelvio?«
»Aber es deutet nichts auf einen Kampf oder gewaltsames Eindringen hin?«
Alexander schüttelte den Kopf. »Mir geht Laura
nicht aus dem Kopf. Ist es ein Zufall, daß von Elena
gerade jetzt jede Spur fehlt, wo auch Laura untergetaucht ist?«
»Wenn es ein Zufall ist, dann ein höchst seltsamer,
da hast du recht.«
»Hoffentlich finden deine Kollegen von der Spurensicherung etwas in Elenas Wohnung«, seufzte
Alexander. »Kann wenigstens Signor Pallottino uns
weiterhelfen?«
Donatis Miene hellte sich ein wenig auf. »Unser
Freund ist gerade dabei, ein Geflecht zu entwirren,
das …« Er wandte sich an den jungen Banker. »Wie
haben Sie es genannt?«
»Ein Knäuel von Pingpong-Überweisungen.«
»Was darf ich mir darunter vorstellen?« fragte
Alexander.
Pallottino kratzte sich kurz hinter dem Ohr, als
müsse er überlegen, wie er einem Laien die schwierige Materie nahebringen könne. »Vereinfacht gesagt
geht es um Geldbeträge, die zwischen verschiedenen
Konten hin und her überwiesen werden, damit man
sie irgendwann nicht mehr zuordnen kann. Mit so
etwas haben wir es hier zu tun. Es geht um Spendengelder aus aller Welt, die dem Vatikan zugeflossen
sind.«
»In welcher Höhe?«
»Soweit ich es bis jetzt überblicke, ungefähr fünf
Millionen Euro.«
Alexander stieß einen leisen Pfiff aus. »Ein stattliches Sümmchen. Und das wurde auf Konten der Vatikanbank hin und her geschoben?«
»Auch auf auswärtigen Konten, aber die Vatikanbank hat dabei als Schaltzentrale gedient.«
»Und wo ist das Geld jetzt?«
»Das kann ich noch nicht sagen. Zumindest scheint
es nicht mehr auf einem Konto des IOR zu liegen.«
»Wer hat eigentlich die Befugnis, derart hohe Beträge zu überweisen?«
Donati schnippte mit den Fingern und nickte anerkennend. »Eine sehr gute Frage, Alex, die ich übrigens
Signor Pallottino auch gerade gestellt habe, bevor du
gekommen bist.«
Alexander und Donati sahen Pallottino erwartungsvoll an. Der aber senkte verlegen den Blick, als
suche er auf seinem piekfeinen Nadelstreifenanzug
nach einem Fussel.
»Was ist?« bohrte Donati. »Warum auf einmal so
stumm, Signore?«
Der junge Banker atmete schwer und bedachte den
Polizisten mit einem unglücklichen Blick. »Nur hochrangige Mitarbeiter des IOR können solche Überweisungen veranlassen. Tatsächlich taucht ein

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