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Engelsfuerst

Engelsfuerst

Titel: Engelsfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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Name im
Zusammenhang mit den fünf Millionen immer wieder
auf. Aber ich beschuldige ungern jemanden, bevor der
Verdacht sich erhärtet hat.«
»Warum möchten Sie diesen Jemand nicht beschuldigen?« fragte Alexander. »Weil es sich um Ihren
Vorgesetzten handelt, um Kardinal Scheffler?«
»Ja«, sagte Pallottino leise. »Es ist tatsächlich der
Name Seiner Eminenz, der in den Unterlagen immer
wieder erscheint. Aber ich möchte betonen, daß ich
damit keine endgültige Aussage getroffen habe. Es
kommt häufig vor, daß der Generaldirektor des IOR
oder sein Stellvertreter Vorgänge, die ihnen vorgelegt
werden, einfach nur abzeichnen. Ich muß mich eingehender damit beschäftigen, bevor ich etwas Konkretes
sagen kann.«
»Tun Sie das, Signor Pallottino«, sagte Donati und
stemmte sich aus seinem Stuhl. »Gute Arbeit, übrigens. Rufen Sie mich an – zu jeder Tages- und Nachtzeit –, sobald Sie etwas Neues wissen.«
Alexander und sein Freund verließen Pallottinos
Büro, und auf dem Flur sagte Donati: »Verständlich,
daß er sich scheut, seinen Boß ans Messer zu liefern.
Aber eine Verstrickung Schefflers in die Geschichte
würde ins Bild passen. Wenn Picardi das herausgefunden hat, ist es kein Wunder, daß er die Unterlagen zu
Guarducci gebracht hat. Hier in der Vatikanbank waren sie nicht sicher.«
»Warum hat er sich nicht an eine höhere Instanz
gewandt, wenn er seinen Chef für den Verantwortlichen hielt, zum Beispiel an einen der Päpste?«
»Vielleicht aus demselben Grund, aus dem auch
Pallottino jetzt zögert. Picardi wollte sich seiner Sache
sicher sein, bevor er Scheffler an den Pranger stellte.
Ein solcher Verdacht ist schnell ausgesprochen, aber
schwer wieder aus der Welt zu schaffen, sollte er sich
als falsch erweisen. Scheffler wäre darüber sicher nicht
erfreut gewesen, ob nun schuldig oder unschuldig.«
»Und als Picardi sich mit Elena bei Sant’Anna treffen wollte, war er sich sicher?«
»Gut möglich, Alex. Genau werden wir es wohl
nie …«
»Wenn man den Teufel nennt, kommt er angerennt!« raunte Alexander mitten in Donatis Satz hinein.
Vom anderen Ende des Ganges, wo das Büro des
Generaldirektors lag, näherte sich Kardinal Scheffler
mit eiligen Schritten, die langsamer wurden, als er
Donati und Alexander entdeckte. Er trat zu den beiden und grüßte knapp.
»Waren Sie bei Pallottino?«
»Ja, Eure Eminenz«, antwortete Donati ebenso
knapp.
»Und hat er Ihnen weiterhelfen können?«
»Das muß sich noch erweisen«, sagte Donati.
Scheffler blickte zur Tür von Pallottinos neuem Büro, und in seine sonst so gefaßte Miene schlich sich ein
besorgter Zug. »Ich muß Ihnen dringend etwas sagen,
Dirigente Donati.«
»Bitte sehr, Eure Eminenz!«
»Nein, nicht jetzt. Ich muß zu St. Peter, um an der
Messe für Papst Lucius teilzunehmen. Können wir
uns danach in meinem Büro sehen?«
»Selbstverständlich«, sagte Donati und fügte, als
Scheffler um die nächste Ecke verschwunden war, zu
Alexander gewandt hinzu: »Mir scheint, der Fund von
Picardis versteckten Unterlagen bringt Bewegung in
die Sache. Kommst du mit in die Peterskirche und danach zu Scheffler?«
»Ja«, seufzte Alexander. »Auch wenn ich lieber
nach Elena suchen würde. Ich weiß nur einfach nicht,
wo.«
45
Im Tempel der Ahnen

E
    lena blickte ungläubig zu dem Lieferwagen, hinter dessen Lenkrad unzweifelhaft Laura Monicini saß. Widerstreitende Gedanken schossen ihr durch
den Kopf. Wollte Laura dem jungen Francesco wirklich helfen, sie zu befreien? Oder war das Ganze nur
ein perfider Trick von Tommasio – aber wozu?
    Francesco lief zu dem Wagen, öffnete die Hintertür und winkte hektisch. Papst Lucius stützte seinen
noch geschwächten Sohn und half ihm beim Einsteigen.
    Als Elena den Wagen erreichte, fragte sie leise:
»Was macht Laura hier?«
»Sie hilft mir«, antwortete Francesco.
»Aber warum? Sie hat mich erst letzte Nacht hergebracht! Warum sollte sie mir jetzt bei der Flucht
helfen?«
»Auch sie fühlt sich von Vater Tommasio getäuscht. Sie sagt, was er in der Höhle verkündet hat,
habe ihr die Augen geöffnet.«
Bei der Erinnerung daran, wie fanatisch Laura noch
wenige Stunden zuvor die Sache von Totus Tuus vertreten hatte, schüttelte Elena den Kopf. »Das kann ich
nicht glauben!«
»Aber es ist so! Bitte, steigen Sie ein! Sonst werden
wir noch entdeckt.«
Papst Lucius nickte ihr aufmunternd zu, und Elena
kletterte in den Lieferwagen. Francesco schloß die
Ladetür von außen. Lucius, Enrico

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