Engelsfuerst
… Satan …«
Schließlich erstarb ihre Stimme, und ihr Blick wurde leer.
Die anderen waren an Elenas Seite getreten, und sie
warf Papst Lucius einen flehenden Blick zu.
»Können Sie Laura nicht mit Ihren besonderen Fähigkeiten helfen, Heiliger Vater?«
Lucius ließ seine Hände über Lauras Gesicht und
ihren Leib gleiten und schüttelte den Kopf.
»Ich kann keine Toten erwecken. Uns bleibt nur,
für sie zu beten.«
Noch in der Nacht, als Laura sie mit Waffengewalt
hierhergebracht hatte, hätte Elena nicht geglaubt, daß
Lauras Tod ihr so nahegehen würde. Jetzt aber sah sie
nicht die fanatische Anhängerin von Totus Tuus vor
sich, sondern die Freundin, die ihr mehr als zwei Jahre
lang mit Rat und Tat zur Seite gestanden hatte. Sie
empfand aufrichtigen, tiefen Schmerz.
»Wir müssen weiter!« drängte Francesco. »Ich höre
sie schon kommen.«
Er hatte recht. Jenseits der Kurve, die Laura wohl
mit letzter Kraft genommen hatte, lag das Tal mit dem
Lager von Totus Tuus. Und dort heulten jetzt Motoren auf.
»Zu Fuß haben wir keine Chance«, sagte Elena
mutlos.
»Doch, vielleicht sogar mehr als mit dem Wagen«,
widersprach Enrico und zeigte auf die zerklüfteten
Felswände, die zu beiden Seiten aufragten. »Wenn wir
die Straße verlassen, können sie uns mit den Wagen
nicht folgen!«
Sein Vorschlag wurde für gut befunden, und sie beeilten sich, zwischen die Felsen und damit außer
Sichtweite zu kommen. Die kleine, aber vermutlich zu
allem entschlossene Ordensarmee würde nicht mehr
lange auf sich warten lassen.
46
Vatikanstadt
N
ur mit Mühe konnten Schweizergardisten, die
Gendarmen der Vigilanza und sie unterstützende
römische Polizisten die Menge zurückhalten, die gegen
die eilends errichteten Absperrungen auf dem Petersplatz drängte. Die Gendarmen in ihren dunklen Uniformen kontrollierten an den Eingängen zur Peterskirche die Zugangsberechtigung, aber Alexander und Donati wurden einfach durchgewinkt, als Bruno Spadone
auftauchte und seinen Beamten ein Zeichen gab.
»Diese außerplanmäßige Messe ist der reinste Horror«, sagte Spadone. »Schon unter normalen Umständen ist es eine verantwortungsvolle Aufgabe, für die
Sicherheit des Papstes und der Kurie zu sorgen, aber
das heute geht einfach zu schnell. Hundertprozentige
Sicherheit kann hier niemand gewährleisten.«
»Wir alle sind zur Zeit ziemlich im Streß«, erwiderte Donati.
»Das stimmt. Apropos, gibt es Neuigkeiten?«
Donati berichtete knapp von Elenas Verschwinden,
ließ aber unerwähnt, was sie von Fabio Pallottino erfahren hatten.
»Seltsam, die Sache mit Signorina Vida«, meinte
Spadone. »Kann es sein, daß sie zusammen mit ihrer
Chefin untergetaucht ist? Ich meine, die zeitliche
Übereinstimmung ist doch auffällig. Vielleicht stecken
die beiden unter einer Decke!«
Alexander, der unter Hochspannung stand, seit er
in Elenas Wohnung gewesen war, mußte an sich halten. Es hätte nicht viel gefehlt, und er hätte dem vatikanischen Sicherheitschef in den heiligen Mauern von
St. Peter einen Kinnhaken versetzt.
Donati bemerkte die Erregung seines Freundes und
machte, von Spadone unbemerkt, eine beschwichtigende Geste.
Dann sagte er: »Würde Elena Vida wirklich mit
Laura Monicini gemeinsame Sache machen, hätte sie
sich nicht auf das nächtliche Treffen bei Sant’Anna
einlassen müssen. Wozu die Komödie? Sie hätte Laura
einfach sagen können, daß wir sie verdächtigen, und
Laura wäre still und heimlich verschwunden.«
»Das ist sie ja auch«, stichelte Spadone. »Vielleicht
wollte Signorina Vida vertuschen, daß sie selbst in die
dunklen Machenschaften verwickelt ist.«
»Das ist doch sehr weit hergeholt«, beschied Donati
und ließ Spadone einfach stehen.
Während sie weitergingen, sagte er leise zu Alexander: »Reg dich nicht auf. Spadone streut nur ein paar
Verdächtigungen, um davon abzulenken, daß ihm ein
Papst abhanden gekommen ist.«
Die riesige Kirche, die auf dem Boden stand, unter
dem sich das Grab von Petrus befinden sollte, füllte
sich mit Menschen, die der Messe beiwohnen würden,
überwiegend Kleriker, aber auch hohe römische Würdenträger, darunter der Bürgermeister von Rom, und
Mitarbeiter des Vatikans, die keine Geistlichen waren.
Nicht weit von den für die Kardinäle reservierten
Plätzen entfernt sah Alexander den wie stets aus dem
Ei gepellten Pallottino sitzen. Er machte seinen
Freund darauf aufmerksam.
»Gönnen wir ihm die Pause«, sagte Donati, während sie ihre
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