Engelsfuerst
Kunden und auch keine
Bemerkung Picardis, die vielleicht darauf schließen
läßt, daß er sich in Gefahr wähnte?«
»Nichts dergleichen«, beschied Scheffler. »Außerdem erlaube ich mir den Hinweis, daß wir nur zufriedene Kunden haben. Überhaupt, was soll die Fragerei? Ich dachte, die Mörderin sei bereits verhaftet. War
es nicht diese Journalistin, die neulich hier war, um
Picardi zu interviewen?«
Alexander und Donati verständigten sich mit einem
kurzen Blick; beide waren über Schefflers Bemerkung
nicht gerade erfreut. Elena hatte behauptet, vor dem
nächtlichen Treffen keinen Kontakt zu Picardi gehabt
zu haben. Schefflers Worte straften sie Lügen, und
dieser Umstand war alles andere als geeignet, um den
Mordverdacht zu entkräften.
»Elena war hier?« fragte Alexander.
»Wer?«
»Elena Vida. Die Journalistin, von der Sie gerade
sprachen, Eure Eminenz.«
»Ja, so hieß sie wohl.«
»Wann war sie hier?«
»Vor zwei Tagen, glaube ich, so genau weiß ich das
nicht mehr. Fragen Sie in Picardis Sekretariat nach, die
können es Ihnen genau sagen.«
»Wissen Sie, weshalb Elena Monsignore Picardi
sprechen wollte?« fragte Alexander weiter.
»Nein, wirklich nicht. Ich nehme an, sie wollte einen Artikel über die Vatikanbank schreiben. Das
wollen mehr oder weniger alle Journalisten, die uns
besuchen.« Unvermittelt beugte Scheffler sich vor
und fragte mit einem verschwörerischen Unterton:
»Gab es zwischen den beiden, hm, eine private Beziehung?«
Alexander spürte, wie Wut in ihm hochstieg.
Aber bevor er etwas sagen konnte, ergriff Donati
wieder das Wort: »Darauf haben wir keine Hinweise,
Eure Eminenz.«
»Ich dachte nur, weil sie sich quasi bei Nacht und
Nebel so weit draußen getroffen haben. Irgendwo an
der Via Appia, wie ich hörte.«
»Die Ruinen von Sant’Anna sind kaum der geeignete Ort für ein romantisches Rendezvous, schon gar
nicht bei solchem Unwetter«, sagte Donati.
Alexander, der das leidige Thema beenden wollte,
fragte: »Was können Sie uns über den Tod von Kardinal Mandume sagen, Eure Eminenz?«
Scheffler wirkte ehrlich überrascht. »Wieso fragen
Sie mich das? Ich war nicht dabei. Außerdem hat
Mandume nicht für das IOR gearbeitet.«
»Aber war er nicht damit beschäftigt, die in ihrem
Institut vorgenommenen Transaktionen zu überprüfen?«
»Das gehörte zu seinen Aufgaben, ja. Als Leiter der
Präfektur für die wirtschaftlichen Angelegenheiten
des Heiligen Stuhls überprüfte er alle Finanzgeschäfte
unseres kleinen Staates.«
»Aber für das IOR war er erst seit kurzem zuständig, wie wir hörten«, faßte Alexander nach.
»Das stimmt.«
Alexander beugte sich vor und fixierte Scheffler.
»Gab es dafür einen konkreten Anlaß, Eure Eminenz?«
Für einen Augenblick schien es so, als würde der
Kardinal seine Zurückhaltung aufgeben. Ein Schatten
der Empörung huschte über sein längliches Gesicht,
aber er hatte sich schnell wieder in der Gewalt.
»Ich weiß von keinem konkreten Anlaß. Unsere
Geschäfte laufen alle normal und – das muß ich wohl
nicht betonen – in legalen Bahnen. Das IOR gehörte,
wie Sie selbst festgestellt haben, noch nicht lange in
Mandumes Zuständigkeitsbereich. Ich nehme an, er
wollte sich einfach einen ersten Überblick verschaffen.
Genaueres kann ich Ihnen dazu leider nicht sagen,
denn ich habe Mandumes Anfragen nicht bearbeitet.«
»Und wer hat sie bearbeitet?« fragte Alexander.
Kardinal Scheffler seufzte leise. »Rosario Picardi.«
»Ein seltsames Zusammentreffen«, sagte Alexander,
als Donati und er eine halbe Stunde später in einer
Pizzeria an der Via Leone IV saßen, nicht weit vom
Vatikan entfernt. »Kaum wird Kardinal Mandume mit
der Überprüfung des IOR beauftragt, verwandelt er
sich auf rätselhafte Weise in ein Häufchen Asche. Und
der Mann, der darüber Aufschluß geben könnte, was
Mandume an den Geschäften der Vatikanbank besonders interessiert hat, wird drei Wochen später ermordet – zu einem Zeitpunkt, als er zu Elena, einer bekannten Vatikanjournalistin, Kontakt aufgenommen
hat. Das stinkt doch zum Himmel!«
»Wie der Tiber im Hochsommer«, pflichtete Donati
ihm bei, nachdem er einen Bissen Schinken-RuccolaPizza hinuntergeschluckt hatte. »Du scheinst Kardinal
Scheffler nicht gerade ins Herz geschlossen zu haben,
so wie du ihn angesehen hast.«
»Er war für meinen Geschmack ein bißchen zu korrekt.«
»Über einen Bankdirektor ließe sich Schlechteres
sagen.«
»Du weißt schon, wie ich das meine,
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