Engelsfuerst
in der
Gunst der Kriegstreiber gewiß nicht steigen lassen.
Kommt ins Haus, meine Kinder, und reinigt euch von
dem Schmutz!«
Sie gingen hinein und wuschen sich mit der Hilfe
eilfertiger Sklaven, die ihnen auch frische Kleider
brachten.
Beim Essen lag Vel neben Larthi und war einfach
nur glücklich, daß es ihr gutging und daß er in ihrer
Nähe sein konnte. Sie sprachen nicht viel und hätten
dazu auch keine Gelegenheit gehabt. Larth und seine
Freunde hatten eine lautstarke Unterhaltung begonnen, die in wilden Schimpftiraden wider die römischen Herrscher gipfelte.
Irgendwann fragte Vel: »Wenn ihr so entschieden
gegen die Römer seid, warum bist du dann deiner
Schwester zu Hilfe gekommen, Larth?«
»Dumme Frage!« raunzte Larth. »Weil sie meine
Schwester ist, natürlich. Wenn einer sie für ihre Engstirnigkeit bestraft, bin ich es.«
Laris, der das mitangehört hatte, warf dem Sohn einen finsteren Blick zu, sagte aber nichts. Die politischen Ansichten von Vater und Sohn hätten unterschiedlicher nicht sein können.
Und ebenso unterschiedlich waren die Charaktere
von Larthi und Larth. Die Schwester war ruhig, bedächtig, von sanftem Wesen, dabei aber nicht einfältig,
sondern im Gegenteil sehr klug. Der Bruder dagegen
war ein lauter, leicht aufbrausender, rücksichtsloser
Kerl, der mit ihr kaum mehr gemeinsam hatte als das
helle Haar und die Klugheit, die sich dank seines Naturells nicht selten als Verschlagenheit bemerkbar
machte.
»Du hältst es für engstirnig, wenn man versucht,
den Frieden zu bewahren?« wunderte sich Larthi.
Larth leerte seinen Weinbecher und erwiderte etwas
zu laut: »Natürlich ist es das, jedenfalls in der gegenwärtigen Lage. So eine Gelegenheit, das römische Joch
abzuschütteln, kehrt vielleicht nie wieder! Die Marser,
die Samniten, die Lukaner und andere haben sich gegen die römische Herrschaft erhoben. Wenn wir uns
ihnen anschließen, können wir das mächtige Rom
hinwegfegen wie ein Sturmwind die wacklige Hütte
eines Ziegenhirten!«
»Die Legionen Roms lassen sich nicht einfach so
hinwegfegen«, entgegnete Larthi, sichtlich um Gelassenheit bemüht, wohl, weil sie nicht in den hitzigerregten Ton ihres Bruders einfallen wollte. »Selbst
dann nicht, wenn sie einer Übermacht gegenüberstehen. Schon viele Völker und Stämme haben das
schmerzlich erfahren müssen. Wer sich gegen Rom
und seine erprobten Soldaten stellt, erntet in der Regel
nichts als Tod und Unfreiheit!«
Ihr Vater nickte, aber Larth nahm das nicht zur
Kenntnis.
Ein schmallippiges, gefährlich wirkendes Lächeln
trat auf sein Gesicht. »Die Unfreiheit haben wir doch
schon, seit die Römer unser Land besetzt haben. O ja,
wir leben gut und müssen uns nicht beklagen. Aber
letztlich sind wir für die Römer nichts anderes, als es
die Sklaven in unserem Haus für uns sind. Rom befiehlt, und wir gehorchen! Doch ich will dir nicht in
allen Punkten widersprechen, Schwester. Vielleicht
können wir die Römer nicht mit dem Schwert besiegen, aber gerade du solltest wissen, daß unserer Familie – genauso wie Vel – auch andere Möglichkeiten zur
Verfügung stehen.«
Er hatte kaum ausgesprochen, da sprang sein Vater
derart abrupt auf, daß er eine Schale mit Weintrauben
umstieß. Die Früchte fielen zu Boden und rollten in
alle Richtungen davon. Sofort bückten sich die Sklaven und bemühten sich, alles wieder einzusammeln.
»Davon solltest du nicht sprechen, Larth!« sagte
Laris erzürnt. »Nicht hier, vor aller Ohren!«
Larth reckte sein Kinn vor und sah seinen Vater
herausfordernd an. »Ich halte es für einen Fehler, unsere besondere Kraft weiterhin zu verheimlichen.
Meinetwegen laß uns woanders reden, aber wir sollten
das jetzt klären, Vater!«
Nach kurzem Überlegen nickte Laris. »Gut, Sohn,
komm mit mir.«
Vater und Sohn erhoben sich von den gepolsterten
Liegen und verließen den Speisesaal. Zahlreiche neugierige Blicke folgten ihnen.
Larthi gab dem griechischen Musiker, der sein Flötenspiel unterbrochen hatte, als der Hausherr aufsprang, ein Zeichen. Augenblicklich hob eine neue lustige Melodie an, und Larths Freunde, von den Sklaven
überreichlich mit Wein und Leckereien versorgt, fanden schnell zu ihrer ausgelassenen Stimmung zurück.
Larthi aber wirkte besorgt, und ihre Sorge wuchs, je
länger ihr Vater und ihr Bruder fortblieben. Auf Vels
Bemühungen, sie in ein Gespräch zu verwickeln und
dadurch auf andere, heitere Gedanken zu bringen,
reagierte sie mit einsilbigen
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