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Engelsfuerst

Engelsfuerst

Titel: Engelsfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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Schirmspitze angerichtet hatte: Wo das rechte Auge gewesen
war, klaffte jetzt eine Höhle, aus der eine Flüssigkeit
lief, die in der Dunkelheit aussah wie eine Mischung
aus Blut und Eiter.
Aber Alexander sparte sich jedes Mitleid und
kümmerte sich lieber um den Mann, der mit zitternder Hand versucht hatte, ihn zu warnen. Emilio Petti.
Der lag in gekrümmter Haltung neben dem Fluß
und preßte beide Hände gegen seine heftig blutende
Brust. Das Messer des Unbekannten hatte eine tiefe
Wunde gerissen, und Petti lag in einer größer werdenden Blutlache.
Seine Lippen bebten. Schließlich brachte er ein
Wort hervor, doch Alexander war nicht klar ob er ihn
oder sich selbst meinte: »Leichtsinnig …«
»Nicht sprechen!« sagte Alexander und suchte in
seiner Jacke nach dem Handy. »Ich rufe Hilfe.«
»Zu spät«, brachte Petti keuchend hervor und
spuckte Blut. Eine zitternde, blutüberströmte Hand
umfaßte Alexanders Rechte, die das Handy hielt, als
wollte der Verletzte ihn näher zu sich heranziehen.
»In den Bergen«, murmelte Petti kaum noch hörbar. »Bischof …«
Seine Stimme erstarb, und sein Kopf fiel zur Seite.
Der gebrochene Blick sagte Alexander, daß der Mann
tot war. Trauer erfüllte ihn, auch wenn Petti nie ein
enger Freund gewesen war. Nach dem tiefen Sturz,
den der Journalist erlebt hatte, hätte Alexander ihm
die zweite Chance gegönnt.
Geräusche in seinem Rücken ließen ihn herumfahren. Der verletzte Angreifer kauerte nach wie vor am
Boden, aber neben ihm stand nun ein zweiter Mann
und zeigte mit ausgestrecktem Arm auf Alexander.
Der begriff, wie dumm er gewesen war, sich nicht
nach einem zweiten Gegner umzusehen, hatte Elena
doch von zwei Männern erzählt, die sie bei Sant’Anna
verfolgt hatten!
In der ausgestreckten Rechten des zweiten Mannes
lag etwas Großes, Dunkles – eine Automatik mit aufgesetztem Schalldämpfer. Als er das erkannte, wollte
Alexander sich zur Seite werfen. Doch da hatte der
Mann schon abgedrückt, und Alexander spürte den
Schlag an der Stirn.
14
San Gervasio

Ü
    berrascht fuhr Enrico zusammen, als es leise an
der Tür seiner Zelle klopfte. Draußen war es
dunkel, und längst hatten die Mönche in der kleinen
Kapelle ihre letzte Andacht für diesen Tag gehalten.
Jetzt war Schlafenszeit, und für gewöhnlich achtete
der Abt darauf, daß sie eingehalten wurde. Es klopfte
erneut, und Enrico entspannte sich.
»Herein mit dir, Francesco«, rief er halblaut, damit
die Mönche in den anderen Zellen es nicht hörten.
Mit leisem Knarren wurde die Tür aufgeschoben;
Francesco schlüpfte eilig herein und schloß die Tür
wieder. Er hielt einen Kerzenstummel in der Hand,
und das flackernde Licht enthüllte die Überraschung
auf seinem Gesicht.
»Woher wußtest du, daß ich es bin?«
»Keiner hier kann so zurückhaltend anklopfen wie
du«, sagte Enrico und richtete sich auf seiner Pritsche
auf. »Da steht ein Stuhl, setz dich. Schön, daß du gekommen bist. Ich kann ohnehin nicht schlafen. Ein
bißchen mit dir zu plaudern wird mir guttun.«
Zögernd nahm der jüngste der Mönche von San
Gervasio Platz.
»Eigentlich bin ich ja gekommen, um mich bei dir
zu entschuldigen, Enrico. Es hat mir keine Ruhe gelassen, und ich konnte nicht einschlafen.«
»Wofür willst du dich entschuldigen?«
»Dafür, daß ich mit Vater Tommasio über deine
Träume gesprochen habe. Vielleicht hätte ich das nicht
tun sollen, aber ich habe mir Sorgen um dich gemacht.
Wir sind doch – Freunde, oder?«
»Ja«, sagte Enrico.
»Aber darf man über einen Freund hinter dessen
Rücken sprechen?«
»Wenn es einem um das Wohlergehen des Freundes
geht, dann ja«, beruhigte Enrico seinen Besucher. »Ich
bin dir wirklich nicht böse.«
»Das ist gut«, seufzte Francesco erleichtert. »Vater
Tommasio war heute lange bei dir. Ich hoffe, er konnte dir helfen.« Enrico dachte an die Rückführung oder
was immer das gewesen war. Den ganzen Nachmittag
über hatte er sich mit dem Erlebnis beschäftigt und
versucht, sich darüber klarzuwerden, warum er in
jüngster Zeit wieder und wieder von Larthi geträumt
hatte. Bis vor kurzem hatte er nicht einmal gewußt,
daß es sie gab – oder vor zweitausend Jahren gegeben
hatte, um genau zu sein. Jetzt wünschte er sich nichts
sehnlicher, als bei ihr zu sein, obwohl das natürlich
unmöglich war. Fast wäre er am späten Nachmittag
zu Tommasio gegangen und hätte ihn um eine weitere
Rückführung gebeten. Er brannte darauf, mehr über
Larthi und ihr

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