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Engelsfuerst

Engelsfuerst

Titel: Engelsfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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Aber die Mörder kann ich unmöglich zu Petti
geführt haben, sie waren vor mir bei Federico!«
»Stimmt, ja.«
»Ob es sich um dieselben Männer handelt, die auch
Picardi auf dem Gewissen haben?«
»Ich vermute es, Alexander, aber ich würde keine
Wette darauf abschließen. Vielleicht kommen wir da
mit der kriminaltechnischen Untersuchung der bei
den Tatorten gefundenen Spuren weiter. Hat Petti
vielleicht noch irgend etwas erwähnt, das uns weiterhelfen könnte?«
Alexander wollte den Kopf schütteln, aber ein stechender Schmerz, der von seiner Stirn ausging und
quer durch den Schädel schoß, ließ ihn mitten in der
Bewegung innehalten. »Er war heute nachmittag sehr
zugeknöpft. Bei Federico wollte er mir mehr erzählen,
hat er jedenfalls behauptet.« Zu dem Schmerz in seinem Kopf gesellte sich plötzlich eine schwache Erinnerung. »Warte, Stelvio, da war noch etwas. Vorhin
am Tiber, kurz bevor er starb, wollte Emilio mir noch
etwas sagen. Er war schon sehr schwach und konnte
den Satz nicht beenden. Er sprach von den Bergen
und von einem Bischof.«
»Welcher Bischof in welchen Bergen?«
»Das kann ich nicht sagen. Emilio war tot, ehe er
mir Näheres mitteilen konnte.«
»Hat er nicht vielleicht doch noch etwas gesagt?«
Alexander dachte angestrengt nach und spürte augenblicklich, wie der Kopfschmerz heftiger wurde. Er
trank einen Schluck Wasser und drückte das kühle
Glas gegen den Teil der Stirn, auf dem kein Pflaster
klebte.
»Ich glaube, das war alles, was er noch sagen konnte. Oder ich kann mich nicht an mehr erinnern.«
»Tja, es gibt eine Menge Berge auf diesem Planeten
und davon bestimmt einige mit einem Bischof. Auf
den ersten Blick hilft uns das nicht sonderlich.«
»Mit mehr kann ich nicht dienen«, sagte Alexander
zerknirscht.
Donati erhob sich von dem Besucherstuhl. »Schlaf
jetzt, mein Freund. Morgen ist dein Kopf bestimmt
klarer, vielleicht fällt dir dann noch etwas ein. Das war
wirklich ein langer Tag. Ich merke auch, daß ich mich
kaum noch konzentrieren kann. Hoffen wir, daß der
morgige Tag uns neue Erkenntnisse bringt.«
Alexander nickte matt und ließ sich erschöpft ins
Kissen sinken. Donatis Gesicht verblaßte ebenso wie
das Krankenzimmer um ihn herum.
Er träumte von einem warmen Sommertag am Meer
und von Elena, die mit ihm ins Wasser lief. Sie
schwamm hinaus auf die offene See, und er, der er eigentlich ein guter Schwimmer war, konnte sie beim
besten Willen nicht einholen. Sie entfernte sich immer
weiter von ihm, und irgendwann war sie verschwunden. Panik erfüllte ihn. Er rief nach Elena, so laut er
konnte, und sah sich nach allen Seiten um. Aber weder Elena noch sonst jemand war da. Er war allein.

2. Tag
Donnerstag,
13. Oktober
16
San Gervasio

E
    s hatte aufgehört zu regnen, jedenfalls vorübergehend, und die aufgehende Sonne bemühte sich
wacker, die Wolken zu zerreißen. Enrico stand vor
dem Kloster und nahm Abschied von dem Ort, an
dem er fast einen Monat lang gelebt hatte. Der Wind
zauste sein Haar, und er schlang die Arme um seinen
Oberkörper, was aber gegen die Morgenkälte nur unzureichenden Schutz bot.
Er war dankbar für seine Zeit bei den Mönchen. Es
war eine Zeit der Ruhe und Einkehr gewesen, ganz so,
wie er es sich vorgestellt hatte. Er hatte viel über sein
bisheriges Leben nachgedacht – und darüber, was er
in Zukunft anfangen würde, wenn er auch noch nicht
zu einer endgültigen Entscheidung gelangt war.
Der Traum, der ihn in den letzten Nächten gequält
hatte, war dazwischengekommen und hatte ihm klargemacht, daß er mit seiner Vergangenheit noch nicht
abschließen konnte. Es war etwas Besonderes, ein Engelssohn zu sein. Nichts, was man einfach so beiseite
schieben konnte, wie man einen Beruf, der einem
nicht mehr gefiel, an den Nagel hängte, um etwas
Neues anzufangen. Der Verdacht, den der Traum in
ihm geweckt hatte, war durch die Rückführung zur
Gewißheit geworden: Es gab für ihn noch etwas
Wichtiges zu erledigen, etwas, das mit seiner Abstammung zusammenhing.
Er hörte Schritte hinter sich, drehte sich um und
sah eine schlanke Gestalt, die sich aus dem Schatten
des Klosters löste. Es war Francesco, der mit zögernden Schritten auf ihn zukam, und Enrico wünschte
ihm einen guten Morgen.
»Guten Morgen, Enrico«, sagte der junge Mönch
leise.
Sein Gesicht, das stets ein wenig bekümmert wirkte,
kam Enrico an diesem Morgen besonders traurig vor.
Und er ließ die Schultern hängen, als koste es ihn zuviel Kraft, aufrecht zu stehen.
»Was ist

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