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Engelsfuerst

Engelsfuerst

Titel: Engelsfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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eines
alten Mopeds. Sie verließen San Gervasio, und als das
Kloster nach der ersten Biegung der engen Bergstraße
nicht mehr zu sehen war, stieg leise Wehmut in Enrico
hoch. Er war hier freundlich aufgenommen worden,
aber wenn er seinen inneren Frieden endgültig finden
wollte, mußte er wohl oder übel zurück nach Rom.
Das notorische Schweigen des alten Kaufmanns
machte es Enrico nicht schwer, seinen Gedanken
nachzuhängen. In der Nacht hatte er lange wach gelegen und sich gefragt, ob sein Traum wohl wiederkehren würde.
Halb hatte er sich davor gefürchtet zu erfahren, wie
es mit Vel und Larthi weitergegangen war. Larth war
zweifellos ein unangenehmer Zeitgenosse gewesen
und hatte über erschreckende Kräfte verfügt. Auf der
anderen Seite war Enrico begierig auf den Fortgang
der Geschichte. Und so enttäuschte es ihn ein wenig,
daß er keinen jener intensiven Träume erlebt hatte.
Beim Erwachen hatte er sich nur an das Gesicht von
Larthi erinnert, daran, wie ihr Tränen über die Wangen liefen. Hatte sie um ihren Vater getrauert? Oder
war ihr, zweitausend Jahre in der Vergangenheit zurück, auf seltsame Weise bewußt gewesen, daß
Vel/Enrico abreisen und damit auch sie verlassen
wollte?
Bei diesem Gedanken lief ihm ein eisiger Schauer
über den Rücken. Er war geradezu dankbar für die
Ablenkung, als Maurizio irgendwann ein Geräusch
von sich gab, ein Brummen, das sich anhörte wie ein
Laut der Verwunderung.
Diese ungewohnte Mitteilsamkeit ließ Enrico aufhorchen. Er blickte den Mann neben sich an und fragte, was los sei.
»Was Seltsames«, knurrte Maurizio und strich mit
der Linken über seinen grauen Walroßschnauzbart.
»Was ich hier noch nie erlebt habe. Hinter uns ist ein
Wagen.«
»Und?«
»Oben auf dem Berg gibt’s nur das Kloster, und die
Mönche haben doch keinen Wagen.«
Enrico drehte den Kopf und sah einen schweren
Geländewagen schnell näher kommen. Die Scheiben
des Fahrzeugs waren getönt, so daß man den oder die
Insassen nicht erkennen konnte.
»Vielleicht Touristen«, überlegte er laut.
»Touristen, hm.«
Maurizio hörte sich eher ablehnend an, ließ aber
nicht erkennen, ob er Touristen generell nicht mochte
oder aber Enricos Überlegung für abwegig hielt.
Der Fahrer des Geländewagens mußte es eilig haben, so schnell, wie das Fahrzeug sich an den Lieferwagen heranschob. Maurizio machte keine Anstalten,
ebenfalls schneller zu werden. Überholen war unmöglich. Rechts ragte steil die Felswand des Monte Gervasio auf, während der Wald zur Linken so stark abfiel,
daß Maurizio dort unmöglich halten konnte.
Enrico zeigte mit dem Daumen über die Schulter.
»Sie sollten den da hinten bei nächster Gelegenheit
vorbeilassen, Maurizio. Da hat es jemand wirklich eilig.«
»Soll sich gedulden«, raunzte Maurizio in dem Augenblick, als ein heftiger Schlag sein Fahrzeug erschütterte.
Der Fahrer des Geländewagens hatte Gas gegeben
und seine schwere Stoßstange ins Heck des Lieferwagens gerammt.
Nach dem ersten Schreck griff Enrico nach dem
Gurt, den er beim Einsteigen ignoriert hatte, und befestigte ihn mit fliegenden Fingern. Auch Maurizio
war nicht angeschnallt, aber er scherte sich nicht darum. Mit beiden Händen umklammerte er das Lenkrad
und gab endlich Gas. Das betagte Auto machte einen
erschrockenen Satz nach vorn und ließ den Geländewagen zehn, zwölf Meter zurückfallen. Der fremde
Motor heulte auf, und der Verfolger beschleunigte.
»Der will nicht warten, bis er Platz zum Überholen
hat«, sagte Enrico. »Geben sie Gas, Maurizio!«
Der Alte brummte etwas wie »Bin doch nicht lebensmüde!« und fuhr nur unerheblich schneller als
zuvor, wohl auch aus Angst vor der scharfen Kurve,
die sich vor ihnen auftat.
Noch in der Kurve wurden sie ein zweites Mal und
noch heftiger gerammt. Ihr Wagen schlingerte und
schrammte mit der rechten Seite am Felsgestein entlang. Enrico hörte ein häßliches Ratschen und sah
Funken fliegen. Maurizio riß wie ein Wahnsinniger
am Lenkrad und brachte den Wagen wieder unter
Kontrolle.
»Jetzt aber schneller!« forderte Enrico, als sie aus
der Kurve herauskamen.
»Geht nicht«, schnaufte Maurizio. »Da vorn ist die
Straße schlecht.«
Da sah Enrico es auch schon. In dem ohnehin mehr
als mangelhaften Schotterbelag klafften große, tiefe
Löcher, wahrscheinlich durch Steinschlag verursacht.
Maurizio trat auf die Bremse und versuchte, die ärgsten Krater zu umfahren. Trotzdem wurden Enrico
und er heftig

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