Engelsfuerst
speziellen Fall sah Alexander das
nicht ungern.
Er erzählte Elena von seinem Zusammentreffen mit
Emilio Petti, von der Verabredung bei Federico und
davon, was sich am nächtlichen Tiberufer abgespielt
hatte.
»Dann ist Petti tot?« fragte Elena ungläubig.
»Ja«, antwortete Alexander. »Leider, ich konnte es
nicht verhindern.«
Donati sah Elena forschend an. »Pettis Schicksal
scheint dir nahezugehen.«
»Ich kannte ihn halt, als er noch für den Messagero gearbeitet hat.«
Donati schüttelte den Kopf. »Das ist nicht alles,
Elena, erzähl mir nicht so was! Ich habe Himmel und
Hölle in Bewegung gesetzt, um dich freizukriegen,
und du verheimlichst mir etwas. Das ist nicht fair! Es
ist doch kein Zufall, daß erst du an diese Killer gerätst
und dann Petti.«
Elena überlegte und sagte schließlich: »Es gibt noch
eine Person, die in diese Angelegenheit involviert ist.
Ohne sie spiele ich ungern die Plaudertasche.«
»Um wen handelt es sich?«
»Laura Monicini.«
»Ah, deine Chefin«, sagte Donati. »Na gut, folgender Vorschlag: Da wichtige Angelegenheiten sich am
besten in aller Ruhe besprechen lassen und da ich
noch nichts im Magen habe, treffen wir uns alle in
zwei Stunden bei mir, frühstücken ausgiebig und reden über diesen Fall. Meinst du, du kannst deine Chefin mitbringen?«
Zum ersten Mal an diesem Morgen lächelte Elena.
»Ganz bestimmt.«
»Bist du überhaupt schon wieder fit genug, um
draußen herumzulaufen?« fragte Alexander.
»Klar«, sagte Elena. »Es geht mir ganz gut. Aber ich
habe den Ärzten ein bißchen was vorgestöhnt. Hier in
der Krankenabteilung ist es angenehmer als in einer
Zelle.«
»Dann lassen wir dich jetzt allein«, sagte Donati.
»Ich komme gleich nach, Stelvio«, wandte Alexander sich an seinen Freund.
»Verstehe«, sagte Donati und ging hinaus.
Alexander drehte sich wieder zu Elena um. In ihrem Gesicht war nicht das geringste Entgegenkommen zu lesen. Sie traf keine Anstalten, das Gespräch
zu eröffnen, blickte ihn nur abwartend an. »Es geht
um uns beide, Elena. Ich finde, wir sollten uns endlich
aussprechen.«
»Das haben wir doch an dem Tag erledigt, als wir
uns getrennt haben.«
Er trat näher und blieb dicht vor ihrem Bett stehen.
»Ich bereue das, Elena. Was ich dir angetan habe, tut
mir leid. Wenn das ginge, würde ich es ungeschehen
machen!«
Elena lächelte, aber es war ein kaltes Lächeln.
»Jammern steht dir nicht, Alex. Laß es lieber! Unsere
Wege sind für eine Zeit, die ich als schön empfunden
habe, gemeinsam verlaufen, jetzt haben sie sich getrennt. Dabei sollten wir es belassen. Wenn man zerschlagenes Porzellan auch zusammenklebt, es wird nie
wieder so wie zuvor.«
Das nahm ihm jeden Wind aus den Segeln. Ihm war
plötzlich, als stehe er auf schwankendem Boden, und
in seinem Hals saß ein dicker Kloß. Er fühlte sich unfähig, auch nur ein weiteres Wort herauszubringen.
Also machte er einfach nur kehrt und verließ das
Zimmer.
Donati hatte auf ihn gewartet und ging eine Weile
schweigend neben ihm her, bis er fragte: »Wie ist es
gelaufen?«
»Überhaupt nicht. Zu behaupten, ich sei Luft für
Elena, wäre noch geschmeichelt.«
»Vermutlich. Luft braucht man zum Atmen.«
Alexander blieb stehen und sah Donati scharf an.
»Das finde ich nicht witzig, Stelvio!«
»Entschuldige.« Jetzt klang Donati mitfühlend.
»Ich zerbreche mir ja auch den Kopf, wie man die Sache mit euch beiden kitten kann. Aber ich glaube, einen Mafia-Clan hinter Gitter zu bringen, ist einfacher.
Du solltest Elena Zeit lassen. Gerade in ihrem augenblicklichen Zustand muß sie sich über einiges klarwerden.«
»In ihrem augenblicklichen Zustand, was heißt
das?«
Donati biß sich auf die Lippe. »Das hätte ich nicht
sagen sollen. Ich weiß es auch nur, weil ich den Bericht über die ärztliche Untersuchung bei Elenas Festnahme gelesen habe.«
»Willst du etwa sagen, daß Elena …«
»… schwanger ist«, beendete Donati den Satz.
»Aber das hast du nie von mir gehört, verstanden?«
Mit offenem Mund starrte Alexander den Freund
an, und es dauerte eine kleine Ewigkeit, bis er stotterte: »Schwanger, von wem?«
»Das steht nicht im Krankenbericht. Aber es steht
drin, daß sie im dritten Monat ist. Und wenn ihr euch
vor zwei Monaten getrennt habt, wer ist dann wohl der
Vater, Einstein? Außerdem hast, soweit ich weiß, du
Elena betrogen und nicht umgekehrt, du Hornochse!«
18
San Gervasio
E
nrico rannte den Abhang hinunter und geriet
mehr als einmal ins Stolpern.
Weitere Kostenlose Bücher