Engelsfuerst
gekommen.«
»Er starb quasi in Elenas und meinen Armen, Heiliger Vater«, sagte Alexander und berichtete in kurzen
Worten, was sich in den Bergen nördlich von Florenz
ereignet hatte. »Die dortige Polizei sucht noch nach
dem zweiten Killer, aber ich fürchte, er ist entkommen. Und ich fürchte auch, daß wir ihm nicht zum
letzten Mal begegnet sind.«
Donati öffnete die Aktentasche, die er bei sich trug,
und legte den dickleibigen Ordner aus Guarduccis
Tresor auf den Schreibtisch.
»Immerhin war das ganze Unternehmen nicht vergebens. Wir konnten die Unterlagen sicherstellen, die
Rosario Picardi bei seinem alten Freund, dem Erzbischof, deponiert hatte. Zweifellos waren die Killer
damit beauftragt, diese Papiere an sich zu nehmen
oder zu vernichten. Dank Alexander und Elena konnten sie ihren Auftrag nicht erfüllen.«
»Ein Stapel Akten gegen drei Menschenleben«, sagte Custos nachdenklich. »Das ist kein Erfolg, der einen froh stimmen kann.«
Luu deutete auf den Ordner. »Was steht da drin?«
»Zahlen, und zwar jede Menge«, ächzte Donati.
Ȇberweisungsbelege, Kalkulationen, Bilanzen, was
weiß ich. Um das zu verstehen, müßte ich erst Betriebswirtschaft und Mathematik studieren.«
»Dann sollten wir die Unterlagen einem Finanzfachmann vorlegen«, schlug Luu vor.
»Ebendeshalb sind wir hier«, erklärte Donati. »Wir
haben die Unterlagen vorhin im Präsidium kopieren
lassen und unseren besten Finanzexperten drangesetzt. Aber in Anbetracht der Menschenleben, die wegen dieser Sache bereits geopfert worden sind, drängt
die Zeit. Daher halten wir es für zweckmäßig, wenn
Sie auch einen Ihrer Leute mit der Überprüfung der
Akten beauftragen. Jemanden, der sich mit den Geschäften der Vatikanbank auskennt und der vertrauenswürdig ist.«
»Wie wäre es mit Kardinal Scheffler?« schlug Luu
vor. »Niemand kennt sich so gut mit dem Institut für
die religiösen Werke aus wie er.«
Donati verzog das Gesicht. »Ehrlich und im Vertrauen gesagt, der Kardinal erscheint mir nicht so ganz
geeignet.«
Custos beugte sich vor. »Sie verdächtigen Scheffler?«
»Wir haben keine Hinweise darauf, daß Scheffler in
die Morde verwickelt ist«, sagte Donati vorsichtig.
»Aber seine Beteiligung an der Sache ist auch nicht
ganz auszuschließen. Bisher deutet alles darauf hin,
daß die Vatikanbank in irgendeiner Weise in krumme
Geschäfte verstrickt ist. Wenn das so ist, erscheint der
Gedanke, daß der Generaldirektor des IOR daran beteiligt ist, nicht ganz abwegig.«
»Aber Kardinal Scheffler besitzt das absolute Vertrauen des Heiligen Stuhls«, protestierte Luu. »Andernfalls hätte er diesen hohen Posten niemals inne.«
»Mit dem Vertrauen ist das so eine Sache«, sagte
Alexander. »Auch andere Kardinäle haben es mißbraucht. Oder denken Sie an meinen Vater und andere
Angehörige der Schweizergarde. Sie alle besaßen das
Vertrauen des Heiligen Stuhls und haben doch gegen
die Interessen der Kirche gehandelt.«
»Schon, aber das war zu Zeiten von Totus Tuus.«
Als weder Alexander noch Donati auf diese Bemerkung etwas erwiderte, wurde Luu blaß. »Sie wollen
doch nicht andeuten, daß Totus Tuus wieder aktiv
geworden ist? Gibt es dafür Beweise?«
»Totus Tuus hinterläßt selten Beweise für seine
Machenschaften«, antwortete Alexander. »Nein, wir
haben nichts Handfestes, das auf eine Beteiligung dieser unheiligen Vereinigung hinweist. Es ist bloß eine
Vermutung. Wir haben es mit einem mächtigen Gegner zu tun, der offenbar über gute Kontakte zum Vatikan verfügt. Anders lassen sich der seltsame Tod
Kardinal Mandumes, die Ermordung Picardis und der
Überfall auf das Haus von Erzbischof Guarducci
nicht erklären. Ich weiß, daß Totus Tuus offiziell als
aufgelöst gilt und daß alles getan worden ist, um auch
die inoffiziellen Verbindungen des Ordens zu kappen.
Aber können wir wirklich sicher sein, daß uns das in
vollem Umfang gelungen ist? Wir sollten vorsichtig
sein, ganz gleich, ob unser Gegner Totus Tuus heißt
oder nicht!«
Custos legte eine Hand auf Alexanders Arm. »Da
stimme ich Ihnen zu, mein Sohn. Gehen wir also mit
Bedacht zu Werke und halten Kardinal Scheffler vorerst
aus den Ermittlungen heraus.« Der Papst blickte seinen
Sekretär an. »Wer kommt dann in Frage, Henri?«
Luu dachte kurz nach, bevor er fragte: »Wie wäre es
mit dem jungen Pallottino?« Er wandte sich an Donati
und Alexander. »Den haben Sie bereits kennengelernt,
wenn ich mich nicht täusche.«
Alexander erinnerte
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