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Engelsgesang

Engelsgesang

Titel: Engelsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.A. Urban
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Piercing“, grölte Poldi, der Karins auffälliges Werben mitbekommen hatte.
    „Vergiss es“, zischte sie und drängte sich wieder dichter an Martin heran, so als suche sie seinen Schutz.
    Martin war die Spielchen innerhalb seiner Clique gewöhnt. Egal, was Karin gestern mit Poldi und heute vielleicht mit ihm tun würde, es spielte keine Rolle.
    Die ehemalige Industriehalle war voll und Ángel fühlte sich unter all den fremden Menschen verloren. Er suchte sich einen Stahlträger, an den er sich mit der Schulter anlehnen konnte, und beobachtete von hier aus die wogende Zuschauermasse.
    In dieser schwarz-bunten Menge war es schier unmöglich, eine bestimmte Person zu finden. Warum hatten sie nur keinen Treffpunkt ausgemacht? Er war nur aus einem Grunde hier. Und dieser Grund war gerade nirgends zu sehen.
    Verwirrt rutschte er ein Stück zur Seite, als zwei Kerle in speckigen Jeanswesten mit ihren Bierflaschen anstießen und dabei einen Höllenlärm veranstalteten.
    Wo war Martin nur? Er hatte damals das Gefühl gehabt, dass Martin ihm die Eintrittskarte aus einem ganz bestimmten Grund gebracht hatte. Er hatte ihn wieder sehen wollen. Da war er sich ziemlich sicher. Das Gespräch, das sie nach dieser seltsamen Dreiergeschichte geführt hatten, war so intensiv gewesen. Wäre ihm damals nur nicht übel geworden … wer weiß, wo diese Nacht noch geendet hätte …
    Ángel konnte nicht sagen, was er mit diesem letzten Gedanken wirklich meinte … doch eine gewisse Vorahnung hatte er. Eine Ahnung, die ihm ein flatterndes Kribbeln im Magen verursachte. Wenn ihm jemand gesagt hätte, dass dieses Gefühl Verliebtheit war, hätte er ablehnend mit dem Kopf geschüttelt. Doch tief in seinem Inneren hätte er es wahrscheinlich sogar bejaht.
    War seine Empfindung so falsch gewesen?
    Hatte er sich so in Martin getäuscht?
    Was sollte er hier, inmitten dieser Idioten? Zu allem Überfluss auch noch allein? Er wartete darauf, dass eine Gruppe spielte, von der er noch nie in seinem Leben etwas gehört hatte. Er konnte auch mit dieser Musikrichtung nichts anfangen, genau so wenig, wie mit den anwesenden Menschen. Inständig hoffte er, dass es sich lohnen würde. Er wollte Martin später nicht sagen müssen, dass er die Musik schlecht fand. Er wollte Martin nicht mit seiner Meinung enttäuschen … falls, ja falls er ihn doch noch irgendwann fand.
    Das Licht in der Halle erlosch und fünf Musiker betraten die Bühne. Das Schlagzeug gab einige Takte vor, dann brach ein Orkan aus Gitarrengekreische und Schreigesang über ihn herein. Schon nach wenigen Minuten schmerzten seine Ohren. Der Bass wummerte in seiner Lunge und verursachte ihm im Brustkorb ein beklemmendes Gefühl. Es war, als gäbe die Musik dem Herzen einen neuen Rhythmus vor, den es gezwungen war, anzunehmen oder herum zu stolpern und irgendwann vielleicht stehen zu bleiben. Auch der Versuch, seine Aufmerksamkeit auf den hübschen Gitarristen, den mit den langen hellen Haaren, zu fokussieren, brachte ihm keine Erleichterung.
    Diese Musik verursachte ihm regelrecht Qualen. Er konnte es nicht anders sagen. Ein Lied ertrug er noch, dann drängte er sich durch die wogenden Menschenmassen, die sich hin und her schoben, wie ein aufgewühltes Meer. Er musste raus. Mit seinem Gleichgewichtssinn stimmte irgendetwas nicht und ihm war übel.
    Benommen bewegte er sich durch die begeistert tanzenden und springenden Menschen. Er wurde angerempelt und hin und her gestoßen, bevor er den Ausgang erreichte. Draußen angekommen wandte er sich nach links, ging um das Gebäude herum und setzte sich mit dem Rücken an die Wand. Von hier aus konnte er die Musik noch hören. So konnte er später wenigstens seine Meinung kundtun und musste nicht dumm herumstammeln – vorausgesetzt, jemand ganz bestimmtes würde ihn fragen …
    An dieser Hoffnung hielt er sich fest.
     
    Martin folgte Karin um die Halle. Die Hauptband hatte zu spielen begonnen, doch heute hatte er keine Freude an der Musik. Während der gesamten Umbaupause hatte er Ángel gesucht, doch er war unauffindbar gewesen. Er war zwischen den Menschen herumgelaufen, hatte in fremde Gesichter geschaut und sich immer wieder unverrichteter Dinge abgewandt. Jedes Mal, wenn er helle lockige Haare sah, fuhr ihm ein freudiger Schreck in seinen Magen. Er hatte nicht gewusst, dass es so viele Menschen mit dieser Haarfarbe gab, es war ihm noch nie zuvor aufgefallen … doch jedes Mal musste er erkennen, dass er sich getäuscht hatte. Er war

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