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Engelsgesang

Engelsgesang

Titel: Engelsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.A. Urban
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achtzig Prozent aus schwarz Gekleideten, auch waren viele Langhaarige darunter gewesen. Warum sollte gerade der hier der Gesuchte sein – doch als der Mann den Kopf zurückwarf und er dessen Profil genau sah … nein, so sehr konnte er sich nicht täuschen. Er hatte Martin gefunden. Das war nicht zu fassen. Den ganzen Abend hatte er ihn gesucht, und er hatte nichts Besseres zu tun, als hier einen wegzustecken?
    Ángel atmete zitternd aus. Was sollte er jetzt tun? Aufstehen und gehen? Die ganze Angelegenheit, und vor allem diesen Martin, ein für alle Mal vergessen?
    Aber wieso, zum Teufel, fühlte er sich bei diesem Anblick so verletzt? War es nicht völlig egal, was Martin tat, und mit wem er es tat?
    Nein, es war ihm nicht egal. Martins Anblick lähmte ihn, und weckten in ihm die zwiespältigsten Gefühle. Erregung, Eifersucht und Wut. Er verstand sich selbst nicht mehr. Wieso war er so wütend? Und wieso war er, verdammt noch mal, eifersüchtig?
    Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Ohne es zu merken, stand er auf und ging einige Schritte auf das vögelnde Pärchen zu. Er wollte sie auseinanderreißen, Martin die Faust ins Gesicht schlagen, wollte das Blut sehen, wie es aus dessen Nase quoll. Er wollte die Scham in dem Gesicht des anderen sehen. Vielleicht würde ihn das von diesem Schmerz, der sein Herz umkrampfte, befreien.
    Und dann geschah es – Martin hielt inne, so als hätte er diese Gedanken gehört. Er drehte den Kopf und sah ihm mitten ins Gesicht. Erkennen und Betroffenheit breiteten sich fast gleichzeitig auf seinem bleichen Antlitz aus.
    Keiner von beiden rührte sich. Die Fragen, die das Mädchen stellte, verhallten unbeachtet. Obwohl Martin noch immer zwischen ihren gespreizten Beinen stand, schien er sie völlig vergessen zu haben.
    Martin und Ángel starrten sich an, Sekunden, die sich wie Stunden dehnten, und keiner von beiden war in der Lage, den Blick zu lösen. Martins Lippen bewegten sich, ohne dass ein Ton herauskam. Seine Augen nahmen einen flehenden Ausdruck an und allmählich fiel die Erstarrung auch von Ángel ab. Er schloss einen winzigen Moment die Augen. Dann drehte er sich, wie in Zeitlupe ,um und ging.
    Er würde diesen Menschen, der ihn mit einem einfachen Fingerschnippen in ein solches Gefühlschaos gestürzt hatte, hinter sich lassen und für immer vergessen …
    Falls er dazu noch imstande sein sollte ...

32.
    32.
     
    Valerie öffnete die schwere Tür ihres Bungalows. „Warum klingelst du nicht? Wie lange stehst du denn schon da?“
    Ángel sah sie erschrocken an und zog die Schulter hoch. Er fühlte sich ertappt. Wie hatte sie gemerkt, dass er da war? Er wollte doch nur einen Moment warten, um seine Aufregung in den Griff zu bekommen, sich kurz zu sammeln, bevor er sich ihren Manipulationen und psychologischen Spielchen erneut aussetzte. Sie erwischte ihn jedes Mal mit ihren Bemerkungen. Er fühlte sich dann regelrecht nackt. Es war, als könnte sie in seine Seele blicken, Dinge entdecken, die er vor der Welt vergraben hatte. Er wollte heute nicht schon wieder einen Seelenstrip vor ihr machen. Denn genau so hatte er sich die letzten Male gefühlt, nachdem sie mit ihm fertig gewesen war. Heute wollte er dagegen gewappnet sein. Egal, wie viel Geld sie ihm gab, das war es dann doch nicht wert.
    Plötzlich lächelte Valerie ihn an, was ihrem Gesicht eine mädchenhafte Weichheit verlieh, die er so an ihr noch nie gesehen hatte. Heute trug sie ein leichtes pastellfarbenes Sommerkleid, in dem sie wie eine Elfe aussah. Die Wolke roten Haars hatte sie mit einer blauen Schleife gebändigt. Sie wirkte völlig anders als sonst, als wäre sie ein anderer Mensch. Ihre Bewegungen waren sanft, und ihr war keinerlei Ungeduld anzumerken, so als hätte sie für ihn heute alle Zeit der Welt.
    „Komm rein“, sagte sie und lief barfuss vor ihm her. „Ich freu mich, dass du dich für dieses besondere Shooting entschlossen hast. Hast du alles dabei?“
    Ángel nickte und legte die Einverständniserklärung stumm auf den Tisch.
    „Sehr schön“, sagte sie und sah ihn an.
    „Was soll ich tun?“, fragte Ángel schließlich, als er die Stille nicht mehr ertrug. „Soll ich etwas Bestimmtes anziehen?“
    „Anziehen?“ Amüsiert lachte sie auf.
    „Ich dachte … du hast bestimmt genaue Vorstellungen …“ Ángel spürte wieder Anspannung und Unsicherheit in sich aufsteigen.
    „Ja, die habe ich“, lächelte Valerie, machte aber keine Anstalten etwas vorzubereiten oder nach ihrem

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