Engelsgesicht
lassen?«
»Eine Gegenwehr war nicht möglich.«
»Sind die beiden so stark?«
»Sie waren bewaffnet. Einer von ihnen, der Chinese, hat uns mit einer Pistole bedroht.«
Das Engelsgesicht ärgerte sich darüber, dass es erst jetzt informiert wurde. Offen zeigte Lisa ihr Gefühl nicht, aber sie dachte auch weiter.
Nicht jeder Mensch lief bewaffnet durch die Gegend. Offiziell eigentlich nur eine Gruppe. Polizisten, Bullen, die zwar abgezogen waren, was aber nichts heißen musste. Bestimmt waren sie klammheimlich wieder in den Ort zurückgekehrt.
Sie würden weiterhin suchen und nachforschen. Bullen konnten manchmal verdammt zäh sein. Um so wichtiger war es, noch schneller zu reagieren und keine Zeit zu verlieren.
»Hast du keine andere Waffe?«
»Nein!«
»Dann besorg dir eine. Es ist wichtig, dass ich auch an dein Blut herankomme.«
»Ja, Lisa, das werde ich tun. Wo denn?«
»Schau in meinem Büro nach. Aber beeil dich. In der Schublade in der Theke findest du eine Schere. Die kannst du nehmen. Komm schnell zurück.«
»Sicher!«
Diana war froh, dass Lisa so und nicht anders reagiert hatte. Da hatte sie wenigstens noch eine Chance, denn sie wollte dabei sein, um alles in der Welt.
Während sie hinauslief, hörte sie noch die Stimme des Engelsgesichts. »So, wir fangen jetzt an...«
***
Der Pfarrer Cliff Lintock hatte den Besuch der beiden Polizisten zwar verdaut, aber nicht vergessen. Seine Gedanken drehten sich einfach ständig darum, und er hatte auch erlebt, dass ihm die eigenen Grenzen aufgezeigt worden waren.
Das konnte er nicht hinnehmen. Er war immer ein Mann der Tat gewesen. Auch wenn das Schicksal mit Knüppeln auf ihn eingeschlagen hatte, irgendwann gab es einen Punkt, an dem man sich entscheiden musste. Entweder gab man sich einen Ruck oder man gab auf. Lintock wollte sich einen Ruck geben. Es blieb nicht bei der Theorie, er gab sich den Ruck, und er setzte seinen Plan sofort in die Tat um. Trotz der Wunde an seiner Brust trat er unter die Dusche. Er hatte einfach den Wunsch, die nahe Vergangenheit abspülen zu müssen. Einfach weg in den Abfluss.
Die Wunde auf seiner Brust brannte, was ihn jedoch nicht an seinen Plänen hinderte. Er machte weiter. Er seifte sich ein. Er wollte, dass alles weggewischt wurde.
Danach trocknete er sich ab. Die beiden Polizisten hatte er jetzt vergessen. Das Wasser schien sie aus seiner Erinnerung gelöscht zu haben. Jetzt ging es um eine andere Person. Als er an Silvia dachte, begann er zu zittern. Sie hatte sich nicht gescheut, ihren eigenen Vater mit einem Messer verletzen zu wollen. Okay, sie hatte es nicht getan und letztendlich ihre Freundin Diana vorgeschickt, aber sie hätte mitgemacht, und das wollte Lintock nicht in den Kopf.
Er wusste auch nicht, ob er seine Tochter dafür verdammen sollte. Eigentlich ja, doch wenn er näher darüber nachdachte, dann war es nicht möglich. Er wollte ihr noch immer eine Chance geben, denn Silvia hatte bestimmt nicht nur aus Eigennutz gehandelt. Man musste sie angetrieben haben, eine andere Möglichkeit sah er nicht. Bestimmt stand sie unter einem wahnsinnigen Druck.
Es gab Spuren, Hinweise. Sogar sehr konkrete, und der Pfarrer war davon überzeugt, dass er sie finden würde.
Die Wunde auf seiner Brust war nicht so lang, als dass er sie nicht durch Pflaster hätte abdecken können. Zwei reichten sogar aus. Danach streifte er ein frisches Hemd über, zog auch eine andere Hose an und verließ sein Haus.
Er besaß keine Waffe. Seine ›Waffen‹ waren das Wort Gottes und auch das Kreuz. Hätte er jedoch eine besessen, er hätte sie auch mitgenommen, um die Person zu stellen, die hinter allem steckte.
Lisa Barton, das Engelsgesicht!
Allein dieser Name störte ihn. Sie war alles andere als ein Engel. Er sah in ihr mehr einen weiblichen Teufel, versehen mit den Segnungen der Hölle.
Welch ein Abgrund tat sich da auf! Bei ihr hatte die Hölle bewiesen, wie sehr sie einen Menschen verändern konnte. Das Böse war in der Welt vorhanden. Es musste sich nicht immer als bocksfüßige Gestalt mit einem langen Schwanz am Rücken zeigen. Es konnte auch die Seele einer Frau beherrschen.
Der Pfarrer eilte durch den Ort wie jemand, der nicht dazugehörte. Er hatte keinen Blick für irgendwelche Häuser und auch keinen für die Menschen, die sich im Freien befanden. Er sah auch nicht die Blicke, die ihm nachgeworfen wurden. Sein Ziel stand fest. Es war der verdammte Laden dieser Barton.
Es war nicht weit von seinem Haus bis
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