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Engelsgrab

Engelsgrab

Titel: Engelsgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Ramsay
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ihn verpfiffen, kann ich mich auch gleich begraben. Dann bin ich nicht nur meinen Job los, sondern alles – das Haus, Kate, Evie –, mein ganzes beschissenes Leben.«
    »Kate und Evie wird nichts passieren. Dafür werde ich sorgen. Verlass dich auf mich.«
    Stille.
    »Jimmy?«
    »Ich habe Madley bestohlen«, brach es aus Matthews heraus. »Gestern Abend war ich allein in seinem Büro. Der Safe stand offen, und ich – ich konnte nicht widerstehen. Überall habe ich Schulden, und ich … Scheiße! Ich dachte, ich wische ihm eins aus.«
    Brady versuchte, das Gehörte zu verdauen. Madley eins auswischen zu wollen war so hirnverbrannt, dass es ihm den Atem raubte. Gut, einen Polizisten würde Madley nicht umbringen lassen, das wäre ihm zu riskant. Stattdessen würde er Matthews’ Leben zerstören und alles vernichten, was dieser sich aufgebaut hatte. Für einen Mann wie Matthews wäre das schlimmer als der Tod.
    »Scheiße, Jimmy! Wie viel hast du mitgehen lassen?«, wollte Brady beunruhigt wissen.
    Keine Antwort. Matthews hatte aufgelegt.
    Fluchend starrte Brady über den leeren Strand.
    Graue schaumgekrönte Wellen umspülten die Felsen, und am Ende des Sandstreifens ragte auf einer Klippe die Ruine des alten Klosters auf und blickte, wie schon seit Jahrhunderten, über die wilde See.
    Brady entsann sich jener glücklichen Zeiten, als er und Claudia die Gegend erforschten, von Lindisfarne über Alnmouth bis Bamburgh liefen und unbekannte kleine Strände entdeckten, so abgelegen, dass man nie eine Menschenseele sah und glauben konnte, man wäre allein auf der Welt. Und doch war Brady kein Strand lieber als die wilde, raue Ecke, in der er sich gerade befand.
    Für einen Moment spielte er mit dem Gedanken, Claudia einfach anzurufen, nur um ihre Stimme zu hören. Unschlüssig schaute er zu den eilig dahinziehenden dunklen Wolken hoch.
    Noch während er sich sagte, der Anruf sei keine gute Idee, hatte er ihre Nummer gedrückt.
    Mit angehaltenem Atem wartete er darauf, dass sie sich meldete. Im ersten Monat nach ihrer Trennung hatte er zig Nachrichten auf ihre Mailbox gesprochen. Sie hatte nie reagiert. Wahrscheinlich hielt sie ihn für unbelehrbar oder verrückt. Ein ums andere Mal hatte Brady versucht, sie zu erreichen, meistens nach etlichen Gläsern Whisky. Ehe er wusste, was er tat, griff er dann nach dem Telefon, tippte ihre Nummer ein, ohne sich bewusst zu sein, dass es drei oder vier Uhr morgens war. Und weil sie sich nie meldete, hinterließ er seine Botschaften, sprach umständlich und gequält und flehte sie an, mit ihm zu reden.
    Irgendwann hatte er es begriffen, fühlte sich wie ein Irrer, der sie verfolgte, und gab die Versuche auf. Im vergangenen Monat hatte er es geschafft, sie nicht einmal anzurufen – bis jetzt.
    »Jack?«, meldete sie sich verhalten.
    Brady wagte kaum zu atmen und wusste nicht, was er sagen sollte. Auf den Augenblick hatte er seit sechs Monaten gewartet, doch jetzt fehlten ihm die Worte.
    »Jack?«, wiederholte sie.
    Brady hörte einen Hauch Besorgnis in ihrer Stimme.
    »Ja, ich bin’s«, entgegnete er leise und wusste nicht mehr weiter.
    »Was willst du?« Mit einem Mal war die Stimme kalt und nüchtern geworden.
    »Ich… ich wollte nur mit dir reden«, antwortete Brady und war sich nicht einmal sicher, was er darüber hinaus von ihr wollte.
    »Findest du nicht, dass wir über das Reden hinaus sind?«
    Brady schluckte, spürte, dass seine Augen brannten, und sah, dass seine Hände zitterten.
    »Ich wollte deine Stimme hören«, bekannte er.
    Claudia antwortete nicht.
    »Du fehlst mir«, setzte er impulsiv hinzu.
    Stille.
    Offenbar wollte sie es ihm so schwer wie nur möglich machen.
    »Hast du gehört, was ich gesagt habe?«, fragte er leise.
    »Habe ich.«
    »Vermisst du mich denn nicht?«, fragte er verzweifelt und fühlte sich verletzlicher als je zuvor in seinem Leben.
    »Jack, bitte, das führt doch zu nichts. Du hast Mist gebaut, nicht ich. Versuch also nicht, mir Schuldgefühle einzureden. Du hast unsere Ehe zerstört, sieh das doch endlich ein. Und was das Vermissen angeht, glaube ich nicht, dass ich dir fehle. Dir fehlt höchstens die Vorstellung von mir.«
    »Das ist nicht fair.«
    »Ach, wirklich?«
    »Nein.«
    Lastende Stille breitete sich aus. Brady fragte sich, was sie dachte.
    »Ich liebe dich noch immer«, sagte er.
    Brady hörte, wie Claudia entnervt seufzte.
    »Das sagt sich so leicht, Jack, aber für mich zählen Taten.«
    Brady betrachtete seine zitternde

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