Engelsgrab
Angriff auf ihr Gesicht, der für mich auf eine intensive emotionale Beziehung zu Sophie hindeutet. Das hat jemand getan, der das Mädchen gehasst hat.«
Ellison schüttelte den Kopf. »Ich habe sie nicht gehasst. Auf gar keinen Fall.«
»Trotzdem«, wandte Brady ein. »Ein Fremder hätte sie einfach umgebracht und dann schleunigst das Weite gesucht. Aber Sie hätten alles verloren, wenn Sophie tatsächlich angefangen hätte, über Ihr Verhältnis zu reden. Den Lehrerberuf, mit dem Sie Ihren Lebensunterhalt verdienen, und Ihre Band, in die Sie große Hoffnungen setzen. Einem Sänger, der als Lehrer eine Minderjährige verführt und dann fallen lässt, kann kein PR-Trick mehr helfen.«
Brady richtete sich auf und gab Conrad ein Zeichen, dass er das Verhör beenden wollte.
Ellison beugte sich zu ihm vor. »Sie Schwein«, zischte er. »Sie wollen mir etwas anhängen, und ich weiß auch warum.« Sein Blick ging zu Conrad. »Hier geht es gar nicht um Sophie, sondern darum, dass ich die Nacht über bei seiner Freundin war. Er will mich aus dem Verkehr ziehen, deshalb das ganze Theater.«
Brady reagierte nicht darauf. Er war sich nur zu bewusst, dass Claudia zuhörte.
»Sie hat mir alles erzählt«, fuhr Ellison hämisch fort. »Ich dachte, ich höre nicht recht. Ein alter Mann wie Sie. Sie könnten der Vater von der Kleinen sein.«
»Mr Ellison«, entgegnete Brady beherrscht. »Mein Privatleben ist nicht das Thema dieses Verhörs.«
»Sollte es aber sein«, gab Ellison zurück.
Mit einem Wink bedeutete Conrad dem Wachhabenden an der Tür, einen zweiten Beamten zu holen, um Ellison abzuführen.
Der Mann nickte und verschwand.
»Was denn nun«, sagte Ellison zu Conrad gewandt. »Der soll wohl nicht hören, dass sein Chef was mit einer Siebzehnjährigen hat.«
Dann zeigte er auf Brady. »Sie können ruhig von Ihrem hohen Ross runterkommen, denn Sie sind keinen Deut besser als ich. War übrigens nett mit Ihrer Kleinen, das nur mal so fürs Protokoll.«
Mit regloser Miene stand Brady auf und wandte sich zu Claudia und Conrad um. »Tut mir leid, dass Sie das mit anhören mussten.« Dann machte er kehrt und ging zur Tür.
»Sie Heuchler!«, rief Ellison ihm nach. »Und so jemand will Polizist sein.«
Ehe er die Tür hinter sich schloss, hörte Brady noch, dass Conrad Ellison mit scharfen Worten zurechtwies. Auf dem Flur nickte er den beiden Polizisten zu, die auf dem Weg zum Vernehmungszimmer waren. Dann war er in seinem Büro und ließ sich schwer in seinen Sessel fallen. Für eine Weile verfluchte er Ellison, der seine letzte Chance bei Claudia zunichte gemacht hatte. Doch wenn er ehrlich war, war er selbst es gewesen. Und niemand sonst. Er versuchte gegen den Schmerz anzukämpfen, als er wieder einmal darüber nachdachte, was er verloren hatte.
Kapitel 53
Gates stieß die Tür zu Bradys Büro auf. »Ich will Sie nicht lange aufhalten, Jack, aber das war gute Arbeit.«
»Danke«, sagte Brady überrascht und dachte, dass es tatsächlich für alles ein erstes Mal gab.
»Warum sind Sie nicht bei den anderen?«
Brady zuckte mit den Schultern. »Ich schaue den Papierkram der letzten sechs Monate durch.«
Allerdings war das nur die halbe Wahrheit, denn vor allem wollte er Claudia aus dem Weg gehen. Seit dem Verhör von Ellison hatte er sie nicht mehr gesehen und entschieden, dass es besser so war. Wenigstens bis sich die Wogen wieder ein wenig geglättet hätten.
»Ach so«, meinte Gates und wirkte zerstreut. Brady nahm an, dass er im Geist schon bei der Pressekonferenz war. Conrad würde ihn begleiten, wofür Brady mehr als dankbar war. Abgesehen davon fand er, dass Conrad bei derartigen Anlässen eine bessere Figur abgab, als er es jemals könnte.
»Aber später kommen Sie doch sicherlich dazu. Machen Sie hier Schluss. Es ist ja schon nach neun«, sagte Gates bestimmt, bevor er den Raum verließ.
Noch immer leicht verwundert lauschte Brady seinen verhallenden Schritten und fragte sich, ob Gates ein schlechtes Gewissen hatte, weil er Conrad und nicht ihn, den leitenden Ermittler, zu der Pressekonferenz gebeten hatte. Dann schob er den Gedanken beiseite und sagte sich, dass Gates wahrscheinlich nie ein schlechtes Gewissen hatte.
Trotzdem hatte Brady wenig Lust, in den Fat Ox zu gehen, um mit den anderen Ellisons Verhaftung zu feiern und sich mit ihnen zu betrinken. Dazu machte ihm Matthews’ Funkstille zu sehr zu schaffen, von Claudia ganz zu schweigen.
Er griff nach dem Zettel, den Harvey auf seinem
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