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Engelsgrab

Engelsgrab

Titel: Engelsgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Ramsay
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an. Dann nickte er einsichtig. »Okay. Dann bis Montag.«
    »Ja, bis Montag«, murmelte Brady.
    Eine Hand legte sich auf seine Schulter. »Hatten Sie mir nicht einen Drink versprochen?«, unterbrach Jenkins, und ein Lächeln lag auf ihren roten Lippen.
    Brady dachte an das Getratsche, das es geben würde, wenn er mit ihr zusammen trinken würde. Irgendetwas davon würde auch Claudia zu Ohren kommen, und sie würde denken, wie recht sie gehabt hatte.
    »Tut mir leid. Aber es war ein langer Tag.«
    Sie schien nicht überzeugt zu sein.
    »Aber die Getränke gehen auf mich«, setzte Brady hinzu, zog einen Fünfzig-Pfund-Schein aus der Jackentasche und reichte ihn Conrad.
    »Meine Gesellschaft scheint Ihnen nicht sehr willkommen zu sein«, stellte Jenkins fest.
    »Sonst jederzeit«, log Brady. »Aber im Moment bin ich erledigt. Amüsieren Sie sich gut.« Er nickte den beiden zu und ging davon.
    »Jack!«, rief sie ihm nach.
    Er tat, als hätte er nichts gehört, stieß die Hintertür auf und trat ins Freie. Erleichtert atmete er die kalte Herbstluft ein, tastete nach seinen Zigaretten und überlegte, wohin er gehen sollte. Am besten wäre vermutlich sein Büro, denn auf dem Revier würde es jetzt ruhig sein, wohingegen er in seinem Haus auf Kate treffen würde und ihre Fragen, auf die er keine Antwort hatte. Der einzige Mensch, den er sehen wollte, war Claudia. Auf dem Weg zum Pub hatte er noch einmal versucht, sie zu erreichen, wollte ihr versichern, dass er keine Freundin hatte, doch Claudia hatte ihr Handy ausgeschaltet. Immer wieder stockend hatte Brady ihr eine Erklärung auf die Mailbox gesprochen, aber sie hatte nicht zurückgerufen. Natürlich könnte er zum Haus von Michael Travers fahren und dort versuchen, mit ihr zu reden, doch dann würde er wie ein unwillkommener Bittsteller in dessen Prachtbau aufkreuzen, und die Genugtuung wollte er dem Mann nicht geben.
    Er steckte sich eine Zigarette an, lehnte sich an die Mauer des Pubs und lauschte dem Lärm, der von drinnen kam. Am Ende der Straße stand die Kirche St. Paul, mit dem danebenliegenden Friedhof eine Insel der Ruhe. Nachts waren die Pforten abgeschlossen, denn sonst hätte Brady sich für eine Weile dorthin zurückgezogen.
    Stattdessen beschloss er, einfach loszugehen, ganz gleich, wohin. Er wollte einfach nur einen klaren Kopf bekommen.

Kapitel 54
     
    Ohne es zu merken, war Brady auf den Weg geraten, der an der Küste entlang von Whitley Bay nach Tynemouth führte. Beim Laufen hörte er das stetige Rauschen der Wellen. Es tat ihm gut, denn seine Gedanken kamen zur Ruhe. Außer ihm war niemand unterwegs, nicht einmal Menschen, die ihre Hunde ausführten. Es war schon weit nach zehn Uhr und ziemlich kalt. In der Ferne tauchte das angestrahlte Grand Hotel auf, eins der luxuriösesten ihrer Gegend. 1872 hatte der Herzog von Northumberland dieses prächtige viktorianische Gebäude als seine Sommerresidenz errichten lassen. Es lag direkt am Meer, wie eine stolze Erinnerung an die Noblesse und Eleganz vergangener Zeiten.
    Brady lief darauf zu.
    Bevor er wusste, wie ihm geschah, war er schon die Treppe zum Eingang hochgelaufen. Ein Portier hielt ihm die Tür auf, und Brady betrat die vornehme Eingangshalle. Eine Marmortreppe mit verschnörkeltem Geländer wand sich nach oben zu dem opulent ausgestatteten Ballsaal im ersten Stock. Die Dame hinter dem Empfangstresen lächelte ihm entgegen. Brady nickte ihr freundlich zu und wandte sich nach rechts, wo er durch eine gläserne Doppeltür die Hotelbar betrat.
    An der Theke bestellte er sich beim Barmann einen doppelten Scotch und legte einen Zehner hin.
    Er war zwar müde, aber noch nicht müde genug, um auf dem Sofa in seinem Büro einzuschlafen. Abgesehen davon wollte er noch einmal über den Mordfall nachdenken, in Ruhe und bei einem Drink. Aus irgendeinem Grund konnte er das Ergebnis der Ermittlung noch nicht so recht fassen. Irgendetwas nagte an ihm, ohne dass er es bisher greifen konnte. Es hatte mit dem Angriff auf Sophies Gesicht zu tun, so viel war ihm jetzt bewusst. Jenkins war mittlerweile zu der Überzeugung gelangt, dass sich dahinter das Abreagieren angestauter Wut verbarg. Aber wenn dem tatsächlich so wäre, wie passte dann Ellison ins Bild? Sophie hatte ihm gedroht, und er hatte sie ermordet, womöglich in einer Art Kurzschlusshandlung. Aber warum hätte er ihr Gesicht verstümmeln sollen? Zumal seine Gefühle für sie bereits erloschen waren, falls Ellison überhaupt wusste, was Gefühle sind.

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