Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube
hat, hat sie die Kündigung von Herrn Meyer schreiben lassen. Ich habe das erst erfahren, als die ihren Schreibtisch ausräumte …«
»Wann war das?«
»Im April. Anne Barnheim war eine unserer Beraterinnen, aber sie hat sich nicht so lange gehalten.«
Pia machte sich eine Notiz, die sie daran erinnern sollte, Anne Barnheim überprüfen zu lassen.
»Wie lange waren Sie Frau Mansteins Assistentin?«
Pia fragte sich, warum Franziska Dom bei dieser Frage errötete. »Oh. Noch nicht so lange. Vorher habe ich hier ein Volontariat gemacht. Dann war ich ein Dreivierteljahr ihre persönliche Assistentin.«
»Wie wird man die Assistentin der Geschäftsführung? Ich meine, was für eine Ausbildung haben Sie?«
»Keine. Keine richtige, meine ich. Ich habe mein Germanistik-Studium abgebrochen, weil es mir so aussichtslos erschien. Dann habe ich eine Zeit lang gejobbt. Magenta war ein Glücksfall für mich«.
So glücklich sah sie allerdings in diesem Umfeld gar nicht aus, dachte Pia bei sich. Aber die Umstände an diesem Tag waren ja auch alles andere als erfreulich.
»Eine letzte Frage haben wir noch, Frau Dom. Und zwar, was Sie am Freitag zwischen acht Uhr und zehn Uhr abends gemacht haben.«
»Von wegen Alibi und so? Ich war verabredet, das kann ich beweisen.«
»Mit wem und wo?«
»Er heißt Oliver Giese. Wir waren in der Cubango-Bar. Seine Adresse und Telefonnummer habe ich nicht im Kopf. Aber zu Hause …« Sie lächelte unsicher.
»Das reicht uns schon, Frau Dom. Wenn wir nähere Angaben zu Herrn Giese brauchen, melden wir uns bei Ihnen.«
Franziska Dom nickte zufrieden und sah erwartungsvoll in die Runde.
»Danke, Frau Dom. Sie können jetzt wieder an Ihre Arbeit gehen.«
»Ja gut. Auf Wiedersehen dann …«
Pia sah der jungen Frau nach, die erleichtert den Raum verließ.
»Lass uns erst eine kleine Pause machen«, schlug Heidmüller vor. »Es ist schon fast zwei Uhr, und wenn ich noch einen Kakao trinke, überzuckere ich. Hier in der Nähe kann man bestimmt irgendwo etwas zu essen bekommen«.
»Okay.« Pia stand steifbeinig auf. »Eine Pause kann nicht schaden. Herr Meyer wird uns das, was er zu sagen hat, auch noch in einer halben Stunde mitteilen.«
Valentin Meyer stand als Letzter auf der Liste.
Mit Oswald Heidmüller an ihrer Seite würde sie im Außendienst wenigstens nicht verhungern, dachte Pia, als sie nach einer guten halben Stunde wieder bei Magenta aufkreuzten. Ihr Kollege hatte mit sicherem Instinkt in unmittelbarer Nähe einen Laden aufgetan, in dem es wabbelige dänische Hotdogs und fettige Hamburger zu kaufen gab. Die Kalorienzufuhr zu ungewohnter Stunde bewirkten, dass Pia der folgenden Befragung geradezu optimistisch entgegensah.
Obgleich Valentin Meyer jünger war als Franziska Dom, war sein Auftreten um einiges souveräner. Wenn er sich im Umgang mit seinen Kollegen und den Kunden ebenso selbstsicher und zuvorkommend zeigte, war er als Mitarbeiter ein Glücksfall für die Agentur.
Er schilderte sein Arbeitsumfeld und die Interaktion der Magenta-Mitarbeiter mit einer gewissen Ironie, ohne jedoch Zweifel an seiner Loyalität aufkommen zu lassen. Valentin Meyer erklärte freimütig, er sei das »Mädchen für alles« inder Agentur. Er arbeite als Schreibkraft und am Empfang, »mache Telefon« und kümmere sich um alles, was sonst noch in den Sekretärinnenbereich fiele. Seine braun gebrannte Haut und die blonden Locken, die ihm fast bis auf die Schultern reichten, kontrastierten mit der unterkühlten Atmosphäre, die die Räume der Agentur ausstrahlten. Sein Aussehen weckte bei Pia die Erinnerungen ans Meer und an bunt lackierte VW-Busse mit Surfbrettern auf dem Dach.
Valentin Meyer beschrieb unterdessen recht anschaulich, wie Birgit Manstein mit ihren Mitarbeitern umgegangen war. Seinen Schilderungen nach musste sie so etwas wie ein Bluthund in Klamotten von Joop und Co. gewesen sein. Aber sie hatte es »echt drauf« gehabt, wie er ihr neidlos zugestand. Besonders hart sei sie mit Franziska Dom umgesprungen, dem »Opfertyp«, wie Meyer sie mitleidlos titulierte. »Ich hätte Birgit alles, fast alles zugetraut«, bemerkte Meyer nachdenklich, »nur nicht, dass sie sich einfach so das Licht ausknipsen lässt. Was hatte sie überhaupt auf dieser Veranstaltung verloren?«
»Das Altstadtfest zieht doch viele aus der Gegend an.«
»Das war aber so gar nicht ihr Stil. Es sei denn, sie hätte einen Grund gehabt, dorthin zu gehen. Vielleicht hat sie sich mit einem Kunden
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