Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube
Job da.«
»Du machst dir doch nicht etwa Sorgen? Jetzt, wo unsere Chefin weg ist, denkt Neumann vielleicht über ein paar personelle Änderungen nach. Ich meine, so ein nettes Mädel am Empfang, mit kurzem Rock und so, dass würde ihm bestimmt gut gefallen …«
»Ich bin safe. Denk lieber an dich selbst. Niemand hier hat verstanden, warum die Manstein dich zu ihrer Assistentin gemacht hat. Jetzt, wo sie nicht mehr ist, könnte es für dich verdammt eng hier werden.«
Valentin Meyer sprach mehr oder weniger aus, was alle bei Magenta dachten. Franziska wusste das. Warum hatte Birgit Manstein die unbeholfene Franziska zu ihrer persönlichen Assistentin gemacht? Vielleicht ahnten sie, dass bei dieser Entscheidung andere Dinge den Ausschlag gegeben hatten als Kompetenz und Sympathie. Niemand hatte so unterBirgit Mansteins Launen leiden müssen wie sie. Nun, da die Manstein tot war, schien auch Franziskas Anwesenheit überflüssig zu sein. Franziska gedachte jedoch, die anderen Mitarbeiter vom direkten Gegenteil zu überzeugen. Sie hatte viel gelernt, seit sie Birgit Mansteins Assistentin geworden war. Es war an der Zeit, andere Töne anzuschlagen bei Magenta.
»Ihr werdet schon noch sehen, dass ihr mich braucht.«
»Lass solche Sprüche bloß nicht die Bullen hören. In null Komma nichts haben die dich auf dem Kieker.«
»Keine Sorge. Ich musste der Polizei allerdings erzählen, dass du es am Freitag furchtbar eilig hattest wegzukommen. Dafür hast du sogar unseren Feierabend-Sekt sausen lassen.«
»Und stell dir vor, ich war dann gar nicht an der Ostsee. Aus den angesagten Gewitterböen wurde nämlich nichts. Ich war stattdessen mit meinen Kumpels auf dem Altstadtfest. Als es passiert ist, haben wir gerade ein paar Bierchen verhaftet. Irgendwann wimmelte alles von den Grünen.«
»Vielleicht hast du den Mörder sogar gesehen?«
»Klar, ich hab ein Bier mit ihm gekippt!«
Franziska ging nicht weiter auf seinen spöttischen Tonfall ein. Sie blätterte den Stapel Briefe durch, den Valentin aus dem Postfach geholt hatte.
Er beobachtete sie interessiert. »Du bist ja wie ausgewechselt, Fränzie. Sonst bist du immer schnellstmöglich in dein Kabuff geflüchtet, um niemandem Anlass zu irgendwelchen Kommentaren zu geben. Heute forderst du mich ja geradezu heraus.«
»Ich habe keine Angst, Valentin. Und vor dir schon gar nicht.«
»Und wo warst du, als das mit Birgit passiert ist? Fränzie allein zu Haus, wie immer?«
»Ich hatte ein Date. Ich war in der Cubango-Bar, als sie ermordet wurde.«
»Oh, wie szenemäßig. Das ist doch der Schuppen am Hafen, wo es die überteuerten Cocktails gibt. Dann warst du ja auch nicht so weit ab vom Geschehen. Wie heißt er denn? Oder ist es eine sie?«
»Er heißt Oliver und ist, wie ich feststellen durfte, männlichen Geschlechts.«
Franziska Dom lächelte triumphierend und ging in ihr Büro. Sie gab Valentin keine Gelegenheit mehr, ihre Verabredung in den Dreck zu ziehen. Somit hatte sie erstmalig einen kleinen, aber nicht unbedeutenden Sieg errungen.
Es war ein Anfang. Ihr Anfang. Sie schritt zum Fester und riss es auf, um die warme Nachmittagssonne hereinzulassen. Die Manstein hatte Wärme und frische Luft in ihren Büroräumen gehasst. Die Klimaanlage war immer auf Hochtouren gelaufen. Allein das geöffnete Fenster war schon ein Grund, endlich wieder durchzuatmen.
6. KAPITEL
M an lernt immer wieder neue Seiten an seinen Mitmenschen kennen, dachte Pia am Montagabend. Während sie in der engen Straße nach einem Parkplatz Ausschau hielt, kreisten ihre Gedanken um die Besprechung am Nachmittag.
Noch niemals zuvor hatte sie Kriminalhauptkommissar Wilfried Kürschner so wütend gesehen. Er hatte mit rot angelaufenem Gesicht vor seinen Leuten gestanden, und seine Augen waren ihm fast aus den Höhlen getreten.
»Warum zum Teufel erfahre ich das erst jetzt?«, hatte er gebrüllt und dabei Speicheltropfen wie Gischt über die erste Sitzreihe versprüht. »Das ist eine verdammte Schlamperei, ein unverzeihliches Versäumnis bei einer Mordermittlung!«
Der Gefühlsausbruch dieses ansonsten beherrschten Mannes wirkte beunruhigender als alles, was der cholerisch veranlagte Kriminalrat Gabler je von sich gegeben hatte. Pia war sich vorgekommen wie ein Voyeur, der Kürschner auf seinem sicheren Weg zum ersten Herzinfarkt beobachtete, ohne etwas dagegen zu unternehmen.
Mehrmals am Samstagabend hatte Wilfried Kürschner seine Mitarbeiter und auch die Schutzpolizisten am Tatort
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