Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube
dort getroffen.«
»Können Sie das in Erfahrung bringen? Die Termine hier sind doch sicherlich Ihr Ressort?«
»Ja, aber Birgit hat auch immer wieder ihr eigenes Süppchen gekocht. In ihrem geschäftlichen Terminkalender steht für Freitagabend nichts drin. Wegen des Wetters am Freitag war ich allerdings auch schon um 16 Uhr weg.«
»Wann machen Sie für gewöhnlich Schluss hier?«
»Zwischen sechs und acht Uhr, je nachdem. Aber Freitag war nicht viel los, und außerdem sah es nachmittags nach einemGewitter aus. Ich hab auf ein paar anständige Gewitterböen gehofft …«
Pia lächelte in sich hinein. »Stellen Sie mir bitte eine Liste mit den Kunden zusammen, mit denen Frau Manstein in der letzten Zeit zu tun hatte. Frau Dom wird Ihnen dabei bestimmt behilflich sein. Wir werden das mit dem Termin nachprüfen müssen.«
»Oh je«, meinte Meyer nur.
»Fällt Ihnen jemand ein, den sie privat am Freitagabend auf dem Altstadtfest hätte treffen wollen?«
Valentin Meyer zuckte mit den Schultern. »Da habe ich, um ehrlich zu sein, überhaupt keine Ahnung. Birgit war nicht der Typ, der einem Privatsachen anvertraute. Meiner Einschätzung nach gab es für sie nur den Job oder Sex. Für mehr hatte sie gar keine Zeit.«
»Kannten Sie sie auch neben dem Job?«, schoss es aus Pia heraus.
»Ohne Fleiß kein Preis …«
»Tatsächlich?«
»Na ja, im Grunde war es nur eine einmalige Sache, eine Art Ausrutscher.« Valentin Meyer bedachte sie mit einem freimütigen Lächeln.
Ein beneidenswert sonniges Gemüt, unter diesen Umständen, dachte Pia, als sie die Agentur verließen.
Dieses Mal schaffte sie es nur in letzter Sekunde bis zur Toilette. Der Würgereiz war plötzlich gekommen. Sie übergab sich so leise wie möglich in die Toilettenschüssel. Die Magensäure brannte in ihrem Rachen und ließ ihr die Tränen in die Augen steigen.
Franziska Dom wurde sich der Tatsache, dass Birgit Mansteinermordet worden war, erst richtig bewusst, als die Polizei die Agentur schon wieder verlassen hatte. Bis zu diesem Zeitpunkt war sie nur aufgewühlt und nervös gewesen. Jetzt versetzte ihr die Vorstellung, dass die Chefin tatsächlich und unwiderruflich tot war, einen Schock.
Während der Würgereiz allmählich nachließ, wurde ihr klar, dass sie in den letzten Tagen und Wochen vieles nur wie durch einen Filter wahrgenommen hatte. Die Geräusche, allem voran Birgit Mansteins schrille Stimme, hatten gedämpft geklungen. Die Konturen waren aufgeweicht gewesen, die Farben blass, alles war vor ihren Augen verschwommen, so als hätte sie das Treiben der anderen hinter Glas wahrgenommen. Doch die Nachricht von Birgit Mansteins Tod hatte den schützenden Filter weggerissen. Die Beleuchtung der Damentoilette blendete sie. Mit einem Male roch sie auch wieder den aufdringlichen Gestank des Kloreinigers, der die menschlichen Gerüche überdecken sollte. Die Spülung rauschte in ihren Ohren wie ein Wasserfall.
Franziska Dom hatte ihre Wahrnehmungsschwierigkeiten auf die Medikamente zurückgeführt, die sie seit einiger Zeit regelmäßig nahm. Blau-gelbe Kapseln, verordnet, damit sie dem Alltag im Büro gewachsen war. Aber damit sollte nun Schluss sein. Birgit Manstein war tot. Sie würde nie wieder zurückkehren, um ihr das Leben unerträglich zu machen.
Schade eigentlich, dass sie ihrer Psychotante nicht mehr von ihrem Triumph erzählen konnte. Sie würde zu keiner Sitzung mehr hingehen. Ihre Probleme hatten sich nämlich gerade in Luft aufgelöst. Nicht sie, Franziska Dom, war psychisch krank. Die Manstein war es gewesen. Und nun hatte das Schicksal in Gestalt eines Messermörders für Gerechtigkeit gesorgt.
Franziska lächelte ihr Spiegelbild an. Sie wischte sich miteinem rauen, grünen Papiertuch aus dem Handtuchspender über den Mund und überprüfte, ob ihre Kostümjacke in Ordnung war. Dann strich sie eine lose Haarsträhne zurück und verließ die Damentoilette.
Valentin hatte wie immer alles mitbekommen. Nicht einmal unbemerkt kotzen kann man in dieser Firma, dachte Franziska, als sie an Valentin vorbeiging.
»Müsste dir doch jetzt eigentlich besser gehen, Fränzie. Ich meine, ohne sie …« Valentin deutete in die Richtung von Birgit Mansteins Büro.
»Spinnst du? Sie ist ermordet worden, Valentin. Erstochen! Allein die Vorstellung ist grauenvoll!«
»Spar dir das Geheule für die Polizei auf, Fränzie. Wir sollten zusehen, das wir den Laden hier am Laufen halten. Sonst sitzen wir alle bald ohne
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