Engelsgrube - Almstädt, E: Engelsgrube
bisschen vorsichtig, wenn du dich in diesen Läden rumtreibst. Es scheint dort Leute zu geben, die stehen nicht so auf die Polizei.«
»Ich bin immer vorsichtig. Also keine Sorge.«
»Und? Kommst du mit?«
»Bin zu kaputt. Ich hab bis eben gearbeitet. Außerdem muss ich dieses Wochenende unbedingt noch ein paar Sachen recherchieren. Ein anderes Mal, okay?«
Nele zuckte mit den Schultern und bewegte sich in Richtung Wohnungstür. Arme, arbeitende Bevölkerung, mochte sie denken. Sie selbst jobbte nur hin und wieder und schien sich bei ihrem Studium nicht übermäßig zu engagieren. Trotzdem würde sie, davon war Pia überzeugt, immer auf die Füße fallen und ein gutes Leben führen. Sie verstand es, die Menschen für sich einzunehmen.
»Danke, dass du mich an Toms Hochzeit erinnert hast«, sagte Pia noch und wusste, jegliche Ironie würde an Nele abperlen wie Regentropfen an dem glänzenden Stoff ihrer Jacke.
»Gern geschehen. Die Idee, ein Bild von dir zu verschenken, ist gar nicht mal so schlecht. Mal ihnen einfach eins: etwas Dekoratives mit Blumen in weiß und rosa …!«
»Stopp, hier muss es sein. Nimm die Parklücke da vorne …«
Oswald Heidmüller und Pia Korittki standen vor einem kleinen Siedlungshaus mit gepflegtem Grundstück und Jägerzaun. Links und rechts daneben befanden sich mehrere Häuser gleicher Bauart. Sie standen alle mit der Giebelfront zur Straße, hatten ein kleines, halbrundes Fensterchen unterhalb des Daches und waren weiß, hellgelb oder olivgrün gestrichen. Die meisten Häuser sahen so aus, als wären sie schon mehrfach an- oder umgebaut worden. Nur das Haus, in dem Karlheinz Wörnsen bis zu seinem Tode gewohnt hatte und in dem er gestorben war, schien nahezu in seinem Originalzustanderhalten worden zu sein. Sie stiegen die drei Stufen zu dem seitlich gelegenen Eingang hoch.
»Mach du«, sagte Heidmüller, der schon den gesamten Vormittag mit missmutiger Miene hinter Pia hergetrottet war.
Wörnsen war der letzte Name auf Pias Liste. Der Liste natürlicher Todesfälle, die sich in einer Nacht von Freitag auf Samstag im Juni im Lübecker Stadtgebiet zugetragen hatten. Bisher hatte Pia keinerlei Anhaltspunkte dafür gefunden, dass einer der Verstobenen nicht natürlich zu Tode gekommen war. Keine Befragung eines Angehörigen gab ihnen Anlass, weitere Schritte zu unternehmen. Die Todesfälle passten alle nicht in das Schema, von dem Pia noch nicht so genau wusste, worin es eigentlich bestand. Da sie jedoch davon ausging, dass auch Heidmüllers Geduld und Langmut Grenzen hatten, blickte sie ihn mit einem aufmunternden Lächeln an, als sie klingelte.
Eine ältere Frau in geblümter Kittelschürze und mit grauen Löckchen auf dem Kopf öffnete die Tür. Als sie hörte, wen sie vor sich hatte, fuhr sie sich schnell mit einer roten, etwas aufgeweicht aussehenden Hand durchs Haar. Sie warf nur einen kurzen Blick auf Pias Polizeiausweis und zwinkerte dabei heftig. Zwei Druckstellen auf ihrem Nasenrücken verrieten, dass sie sonst wohl eine Brille trug.
»Kommen Sie doch rein. Ich gehe am Besten mal voraus …«, sagte die Frau. Sie hatte sich mit dem Namen Wiedehopf vorgestellt. Nachdem sie den engen Flur passiert hatten, standen sie in einem kleinen Wohnraum, der eine Terrassentür und ein Fenster zum Garten hinaus hatte.
»Wir wohnen noch nicht lange hier«, erklärte Frau Wiedehopf, »aber ich gewöhne mich langsam daran. Nach dem Krieg haben sie Häuser wie dieses hier gebaut, sparsam undklein. Allerdings mit einem wunderschönen, großen Garten …«
Dafür, dass die Wiedehopfs noch nicht lange hier wohnten, sah alles schon perfekt eingerichtet aus. Sogar die Topfpflanzen auf der Fensterbank wirkten schon ein wenig bejahrt. Eine Uhr auf der wuchtigen Wohnzimmerschrankwand schlug wohltönend die Stunde.
»Nehmen Sie doch Platz«, bat Frau Wiedehopf und schwankte offensichtlich zwischen Nervosität und Freude über eine Abwechslung in ihrem Hausfrauenalltag.
Pia war diese Reaktion vertraut. Die meisten Menschen reagierten hilfsbereit und neugierig, wenn sie von der Kriminalpolizei um ihre Mithilfe gebeten wurden. Auch Frau Wiedehopf erzählte bereitwillig, seit wann sie hier wohnten, dass sie das Haus über die Sparkasse vermittelt bekommen hatten und was sie von dem Vorbesitzer wusste.
»Herr Wörnsen muss ein bescheidener Mann gewesen sein. Hat wenig am Haus getan, nur die notwendigsten Reparaturen. Aber sauber und ordentlich war es, da konnte man nichts gegen
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