Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
Vom Netzwerk:
ihren früheren Besuchen. Es war ihr bislang nicht gelungen, herauszufinden, wer außer Stephan die Schlüssel besaß. Voller Wucht warf sie sich gegen die erste Tür, doch selbst ihre neu gewachsenen Kräfte reichten nicht aus, um dieses Schloss zu brechen. Schmerz schoss ihre Schulter hinauf. Sie schrie ihre Wut hinaus, bis ihre Kehle heiser war. Wie rasend stürzte sie sich gegen die stahlglatte Fläche, wieder und wieder. Erst als sie schluchzend zu Boden sank, wurde ihr bewusst, dass Stephan in der Tür seines Büros stand und sie beobachtete.
    „Du bist hier?“, wisperte sie.
    „Ich kann nicht schlafen.“
    Er trat auf sie zu und beugte sich herab, um ihr aufzuhelfen. Geistesgegenwärtig zog sie ihren Schleier zurück vor das Gesicht. Stephan zog sie an sich. Emily war zu erschöpft, um sich zu wehren. Zu erschöpft, um noch Furcht zu empfinden, dass ihre Entstellungen ihn abstoßen könnten.
    „Wo bist du gewesen?“ Er roch so gut. Seine Wärme drohte, sie einzulullen. „Ich habe mir furchtbare Sorgen gemacht.“
    „Wo ist der Gefangene?“, stieß sie hervor.
    Stephans Finger streichelten über den Stoff ihres Handschuhs, glitten um den Saum und berührten die Haut darunter.
    Sie zuckte zurück. „Rühr mich nicht an!“
    Sofort ließ er von ihr ab. „Es tut mir leid.“
    „Ich will den Gefangenen sehen!“
    „Warum?“
    „Ich will ihn nach dem Engel fragen.“
    „Das habe ich bereits getan.“
    „Warum kann ich ihn nicht sehen?“
    „Es würde nichts ändern.“
    Die Wut kehrte zurück und verbrannte die Tränen. „Und weißt du nun, wo der Engel ist? Wird er mir helfen?“
    „So einfach ist es nicht.“
    „Sieh mich an!“, fauchte sie. Die Wut leckte mit giftigen Flammen über ihre Seele hinweg. In einer entschlossenen Bewegung packte sie den Schleier und zerrte ihn hoch. Aus zusammengekniffenen Augen starrte sie Stephan an. War da ein Zucken in seinen Pupillen? Er hatte sich zu gut im Griff. Wenn er Ekel empfand, zeigte er es nicht.
    „Sieh genau hin! Das hört nicht auf!“ Mehr Tränen quollen hoch und erstickten ihre Stimme. „Es wuchert immer weiter. Nachts wache ich auf, weil sich Knochen durch meine Haut bohren! Und du sagst, es ist nicht so einfach?“ Jetzt schrie sie beinahe. „Du musst etwas tun! Du musst das aufhalten. Lass mich zum Gefangenen. Ich bringe ihn zum Reden! Ich schwöre es.“
    Wie konnte er so ruhig vor ihr sitzen? So beherrscht, als müsse sie nur Geduld haben. Sie hatte keine Zeit mehr für Geduld. Was immer in ihr noch menschlich war, es wurde schwächer. Dahinter lauerte etwas Dunkles, streckte seine dornigen Finger aus und schloss sie um ihr Herz.
    „Er muss es mir sagen“, schluchzte sie. „Er muss. Sieh mich doch an, Stephan. Wir müssen den Engel finden.“

    Sie kamen über Stephans Leute wie Engel des Todes. Unter den Männern, die das abgeschirmte Fabrikgebäude bewachten, war kein einziger Schattenläufer. Die beiden Wachen am äußeren Zaun spürten nicht einmal die Gefahr, als Gabriel und Alan sich näherten und sie so rasch außer Gefecht setzten, dass kein Laut die Nachtstille störte. Keith und Cyric taten das Gleiche auf Rückseite des Geländes, während Violet mit Marshall im Wagen wartete, einen Block von der alten Fabrik entfernt.
    „Ganz wie in alten Zeiten“, murmelte Alan, als sie geduckt zwischen den beiden Stacheldrahtzäunen entlangrannten bis zum nächsten Durchgang.
    „Immerhin sind das hier keine Laufgräben voller Minen“, gab Gabriel zurück. „Und sie haben keine Hunde.“
    „Kinderspiel.“ Alan unterdrückte ein Lachen. „Wofür braucht ihr mich überhaupt?“
    Sie drückten sich gegen einen Stromverteilerkasten, als sich weiter vorn etwas bewegte. Gabriel spürte die Aura anderer Schattenläufer, doch zu schwach und unstet, um sie lesen zu können. Er war lediglich sicher, dass es mehr als einer war und dass sie sich irgendwo vor ihm in dem Bau aus geschwärzten Ziegeln befanden.
    Die zweite Patrouille näherte sich, zwei Männer, die in eine leise Unterhaltung verstrickt waren. Gabriel tauschte einen Blick mit Alan. Sie glitten um den Stromkasten herum, tauchten im Rücken der beiden Wachen auf und schalteten sie lautlos aus. Dann fesselten sie die Männer mit Kabelbindern und nahmen ihnen Schlüssel und Chipkarten ab. Vor dem Eingang ins Gebäude trafen sie mit Pascal, Keith und Cyric zusammen.
    „Das war leicht“, sagte Pascal.
    „Vielleicht hatten wir Glück und haben den Großteil der Kavallerie schon in

Weitere Kostenlose Bücher