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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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erweckte, die vergangenen Wochen mit all ihren Schrecken hätten niemals stattgefunden. Wie ein schlechter Traum, aus dem man am Morgen schweißgebadet erwacht.
    Violet wirkte in Thomasz’ Gegenwart eingeschüchtert, etwas, das Gabriel belustigte. Sie, die den Teufel am Schwanz packte und mit seiner eigenen Gabel versengte, benahm sich in der Gegenwart seines Vaters wie ein Teenager, der zum ersten Mal bei den Eltern ihres Freundes zu Besuch ist. Als Thomasz ihr ein Kompliment gemacht hatte, war sie tatsächlich errötet. Bis in die Haarwurzeln.
    „Mein Freund Pascal hat mich bedrängt“, sagte Thomasz. Der Anflug eines Lächelns fing sich in den winzigen Fältchen um seine Augen. „Er sagte, ich schulde euch eine Geschichte.“
    „Du schuldest mir gar nichts“, murmelte Gabriel. „Wenn du es nicht willst.“
    Thomasz’ Lächeln wurde breiter. „Setzt euch wieder hin. Diese Geschichte ist etwas länger. Im Grunde hätte ich sie schon vor langer Zeit erzählen sollen. Du kennst die Legende“, sagte Thomasz, an Gabriel gewandt. „Gott sandte die Wächterengel auf die Erde, um das Paradies zu errichten. Doch als sie die Frauen der Menschen erblickten, waren sie so verzaubert von ihrer Schönheit, dass sie ihre Pflichten vernachlässigten und sich stattdessen mit diesen Frauen einließen, um mit ihnen Nachkommen zu zeugen. Die Nephilim. Den Beweis ihrer Sünde. Die Nephilim glichen den Menschen vom Angesicht, doch sie trugen das Blut der Engel in sich und waren deshalb den anderen ihres Volks überlegen. Einige verfielen darüber in Hochmut, unterdrückten ihre Brüder und überzogen sie mit Krieg, bis sie sich geschlagen gaben. Andere begingen einen unaussprechlichen Frevel, indem sie Geschmack am Blut der Menschen fanden, einer einzigartigen und exquisiten Droge, die ihnen noch größere Stärke verlieh.“
    „Diesen Teil der Geschichte kenne ich.“
    Thomasz nickte. „Einer der Engel war Asâêl, ein Anführer unter seinesgleichen. Er verliebte sich in eine Frau mit ungewöhnlich heller Haut und langem Haar wie gesponnenes Silber. Sie gehörte zum Harem des Königs von Akkad und wilde Gerüchte rankten sich um ihre Herkunft, denn sie glich keiner anderen Frau, die man je gesehen hatte. Ihr Name war Karathis. Asâêl forderte den König heraus und der beugte sich, denn er wollte nicht den Zorn eines Engels auf sich laden. Er ließ Asâêl mit Karathis ziehen. Der Engel machte sie zu seiner Gefährtin und sie schworen sich Treue. Als Beweis seiner Liebe verschmolz Asâêl seine Kraft mit ihr und schenkte ihr Unsterblichkeit, auf dass ihre Schönheit niemals welken sollte und sie auf ewig vereint wären.
    Damit beging er ein unaussprechliches Sakrileg. Er zog sich den flammenden Zorn des Herrn zu, denn er hatte ein Privileg in Anspruch genommen, das ihm nicht zustand. Doch was war ein zorniger Gott gegen das Versprechen, auf ewig mit der geliebten Frau vereint zu sein? Bald trübte allerdings ein Schatten ihr Glück, als sich zeigte, dass Karathis unfruchtbar war und niemals Kinder würden haben können.
    Es verging eine lange Zeit, in der andere Wächterengel Asâêls Beispiel folgten und sich Gefährtinnen nahmen. Sie zeugten Söhne und stachelten den Zorn des Herrn noch weiter an, was schließlich in ihrer aller Verdammnis münden sollte. Der Fluch zeigte sich zuerst darin, dass nur männliche Nachkommen geboren wurden. So verwässerte das Blut der Engel mit jeder Generation mehr.
    Asâêl liebte Karathis, doch er wünschte sich auch einen Sohn. Eines Tages erblickte er die babylonische Prinzessin Ninarthi, ein glutäugiges Geschöpf mit goldener Haut und Lippen wie Honig. Er entbrannte in Leidenschaft zu ihr und brach den Treueschwur, den er Karathis gegeben hatte.
    Als aus der Verbindung ein Sohn entsprang, war Karathis außer sich vor Zorn. Für eine gewöhnliche menschliche Frau hatte Asâêl sie verlassen und wagte es auch noch, seine Untreue für alle sichtbar mit einem Kind zu besiegeln. Längst hatte sie vergessen, dass auch sie einst ein Mensch gewesen war.“
    Gabriel betrachtete die Efeublätter, die im Wind raschelten. „Das ist lange her. Wie ging es weiter?“
    „Nicht so lange, wie du glaubst. Wenn du die Gegenwart verstehen willst, musst du in der Vergangenheit suchen.“ Thomasz presste seine Finger gegen die Schläfen. „Du hast mich einmal gefragt, wie es kommt, dass Katherina mir so feindselig gesinnt ist. Und ich habe dir geantwortet, dass ich nicht verstehe, was du meinst. Aber

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