Engelsleid (German Edition)
hüteten, war es leider bereits zu spät. Möglicherweise hatte es mit dem Tod ihrer Mutter zu tun. Laura schluckte. Fantasierte sie sich etwas zusa m men? Da weder Geld noch Gegenstände gestohlen worden waren, der Täter jedoch die gesamte Wohnung auf den Kopf g e stellt hatte, ohne dass es nach purem Vandalismus aussah, so wäre es doch denkbar, dass der Täter diese Schlüssel gesucht hatte . Oder mehr noch : das, was sie wegsperrten. La u ra konnte es kaum erwarten, herauszufinden, was es damit auf sich hatte. Allerdings würde sie sich bis zum nächsten Mittag gedulden mü s sen, hatte sie doch Theo, ihrem Chef, eine SMS geschrieben, dass sie mo r gen früh wieder arbeiten würde . Prompt hatte dieser daraufhin eine Redaktionssitzung mit allen Mitarbeitern anberaumt. Sie wollte ihn nicht enttä u schen.
8
Männergespräche
Diesmal präsentierte sich Paris unter einem sternenklaren Hi m melszelt. Leviathan wartete bereits auf dem Dach von Notre D a me, als Azaradeel über der Stadt seine Kreise drehte. Es daue r te nicht lange, und er hatte seinen Freund entdeckt und landete n e ben ihm, gab ihm einen kameradschaftlichen Klaps auf die Schu l ter und schaute sodann mit ihm hinunter, über die Seine, auf der von Laternen beleuchtete Schiffe dahinglitten.
Es war ein Ritual, das sie, ohne jemals darüber gesprochen zu haben, vor rund zweihundert Jahren begonnen hatten. Jeden Do n nerstagabend trafen sie sich in Paris, mal da, mal dort. Und o b wohl die französische Hauptstadt eine imposante Ausdehnung ang e nommen hatte, fanden die Freunde sich innerhalb kürzester Zeit, als wären sie eineiige Zwillinge und zögen einander magn e tisch an.
» Was gibt’s Neues? « , begann Leviathan nach Minuten schweigsamer Beobachtung des großstädtischen Treibens unter ihnen ihre Unterhaltung.
» Ich habe deinen Rat in die Tat umgesetzt. «
Leviathan sah seinen Freund interessiert an. » Du hast deine Tochter getroffen? Herzlichen Glückwunsch. Erzähl, wie sieht sie aus? Ist sie hübsch? Hat sie deine Intelligenz geerbt? «
» Ich habe Magdalena noch nicht getroffen « , wehrte Azaradeel ab. Seit er sich auf die Suche gemacht hatte, brannte in seiner Brust ein Feuer der Sehnsucht, das ihm völlig fremd war. Als wäre es auf einmal ganz dringlich, sie zu finden.
» Marion starb bei einem Unfall und die alte Nachbarin weiß nicht, wer sich danach um Magdalena kümmerte . «
» Verstehe. Hast du ein Foto von ihr? «
Er schüttelte den Kopf.
» Nein, nichts. Aber inzwischen ist sie ja e r wachsen, da würde mir ein Foto sowieso nicht weiterhelfen . Mir erscheint die Sache mit dem Unfall komisch, das ist aber nur so ein Gefühl. Und ich habe nachgedacht, was du über unsere Situ a tion gesagt hast. « Das hätte er schon längst tun sollen, statt sich wie ein unmündiges Kind zu verhalten.
» Du meinst, dass es unrealistisch ist zu glauben, wir dürften jemals zurück? «
» Hmm. «
» Willkommen im K lub, Aza. Ich warte schon lange darauf, dass dein Verstand einsetzt. « Das zynische Grinsen seines Freu n des entlockte Azaradeel ein dumpfes Knurren. » Sieh das Ganze doch mal so. Wir sind ja gar nicht so viele, und wenn sie uns alle wieder aufnehmen würden, wer würde dann noch die Dämonen jagen? «
» Es gibt doch kaum mehr aktive Dämonen « , widersprach Az a radeel schulterzuckend. » Oder? Ich bin schon längere Zeit keinem begegnet. Du? «
» Vorgestern. «
Plötzlich war Azaradeel hellwach. » Wo? «
» Ach, gar nicht so weit weg. « Leviathan deutete Richtung Südosten. » Frankfurt. Er war vermutlich ein Spion. «
Frankfurt?
Was für ein merkwürdiger Zufall. Dorthin wollte er morgen sein Fernrohr lenken. Ein paar Tage früher und er wäre dem D ä mon wahrscheinlich selbst begegnet. » Wie kommst du darauf, dass er ein Spion war? Wonach hat er gesucht? «
» Keine Ahnung, hab ihn nicht gefragt. «
Azaradeel verdrehte die Augen. Es hatte sich nicht s geändert. Leviathan handelte also immer noch nach dem Motto: Erst töten, dann reden. » Na super, Alter. Und woher weißt du dann, dass er ein Spion war? «
Es gab nur zwei Arten von Wesen, nach denen die Dämonen suchten, die den gefallenen Engeln prinzipiell gar nicht so unäh n lich waren.
Die eine waren die Engel selbst, die sie mit aller Kraft b e kämpften. Die andere Art waren die Nephilim, deren Blut als verbotene Frucht zwischen Engeln und Menschen dazu mis s braucht wurde, diejenigen Dämonen, die nicht getötet, sondern gebannt
Weitere Kostenlose Bücher