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Engelslicht

Engelslicht

Titel: Engelslicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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jähe Stille setzte ein, so vollkommen, dass Luce ihr Herz in der Brust schlagen hörte.
    »Na bitte«, sagte Dee. »Das Schlimmste ist vorbei.«
    »Sind alle okay?«, fragte Daniel.
    »Ja, mein Lieber, es geht uns gut«, antwortete Dee. »Obwohl es höchst unangenehm war.« Sie erhob sich und sprach im Gehen. »Zumindest war es eines der letzten Zeitbeben, das wir erleben mussten.«
    Die anderen tauschten Blicke und folgten ihr nach draußen.
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Luce. »Ist Luzifer bereits so nah?« So schnell sie konnte, zählte sie Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge. Sie verschmolzen miteinander, ein einziger langer Strom von Hektik und Panik und Flügeln im Himmel.
    Es war Morgen gewesen, als Luce eingeschlafen war …
    Vor dem Qayom Malak stellten sie sich auf. Luce stand auf der Pfeilspitzenplatte, der Skulptur der beiden Engel gegenüber. Roland und Cam stiegen in den Himmel empor und schwebten einige Meter hoch in der Luft. Sie schauten über den Horizont und flogen dicht nebeneinander, um leise miteinander zu sprechen. Ihre riesigen Flügel verbargen die Sonne – die, wie Luce bemerkte, beunruhigend tief am Horizont stand.
    »Es ist jetzt der Abend des sechsten Tages, seit Luzifer seinen einsamen Sturz begonnen hat«, murmelte Dee.
    »Wir haben den ganzen Tag geschlafen?«, fragte Luce entsetzt. »Wir haben so viel Zeit verschwendet …«
    »Nichts wurde verschwendet«, unterbrach Dee. »Es wird für mich eine sehr bedeutende Nacht werden. Und für dich auch, wenn ich es recht bedenke. Du wirst bald froh sein, dass du dich ausgeruht hast.«
    »Lasst uns anfangen, bevor die Waage uns auf die Spur kommt und wir gegen sie kämpfen müssen«, sagte Cam, als er und Roland wieder auf dem Boden landeten. Ihre Flügel verhedderten sich leicht unter der Wucht des Aufpralls.
    »Cam hat recht. Wir haben keine Zeit zu verschwenden.« Daniel förderte die schwarze Tasche zutage, die den Heiligenschein enthielt, den Luce aus der versunkenen Kirche in Venedig gestohlen hatte. Dann zog er die Reisetasche heran, die sich in der Mitte ausbeulte, wo er den Reißverschluss um den Kelch der silbernen Feder zugezogen hatte. Er stellte beide Taschen offen vor Dee hin, sodass sich die drei Reliquien in einer Reihe befanden.
    Dee bewegte sich nicht.
    »Dee?«, fragte Daniel. »Was müssen wir tun?«
    Dee antwortete nicht.
    Roland trat vor und berührte sie am Rücken. »Cam und ich haben Anzeichen von weiteren Mitgliedern der Waage am Horizont gesehen. Sie kennen unseren Aufenthaltsort noch nicht, aber sie sind nicht weit entfernt. Es wäre das Beste, wenn wir uns beeilen würden.«
    Dee runzelte die Stirn. »Ich fürchte, das ist unmöglich.«
    »Aber Sie haben doch gesagt …« Luce brach ab, als Dee sie sanft ansah. »Die Tätowierung. Das Symbol auf dem Boden …«
    »Ich würde es gerne erklären«, sagte Dee, »aber die Tat selbst lässt sich nicht beschleunigen.«
    Sie blickte in die Runde von Engeln, Outcasts und Luce. Als sie sich sicher war, dass sie ihre Aufmerksamkeit hatte, begann sie. »Wie wir wissen, wurde die frühe Geschichte der Gefallenen nicht niedergeschrieben. Obwohl ihr euch vielleicht nicht sehr klar daran erinnert« – ihr Blick glitt über die Engel –, »habt ihr eure ersten Tage auf Erden in Dingen festgehalten. Bis auf den heutigen Tag sind die wesentlichen Elemente eurer frühgeschichtlichen Überlieferung in dem Material verschiedener Gegenstände verschlüsselt. Gegenstände, die dem bloßen Auge etwas ganz anderes zu sein scheinen.«
    Dee griff nach dem Heiligenschein und hielt ihn ins Sonnenlicht. »Wie ihr seht« – sie strich mit dem Finger über eine Reihe von Rissen in dem Glas, die Luce zuvor nicht aufgefallen waren –, »ist dieser gläserne Heiligenschein gleichzeitig eine Linse.« Sie hielt ihn hoch, damit sie hindurchschauen konnten. Die konvexe Wölbung des Glases ließ ihr Gesicht dahinter leicht verzerrt erscheinen und ihre goldenen Augen sahen riesig aus.
    Sie legte den Heiligenschein beiseite, trat vor die Reisetasche und nahm die silberne Feder heraus. Sie leuchtete in den letzten Sonnenstrahlen des Tages, als sie mit der Hand sanft durch ihr Inneres fuhr. »Und dieser Kelch« – sie zeigte auf die Darstellung, die in das Silber eingraviert war, die Flügel, die Luce in Jerusalem bemerkt hatte – »enthält eine Aufzeichnung des Exodus vom Ort des Falls, der ersten Diaspora der Engel. Um zu eurem ersten Heim auf Erden zurückzukehren, müsst ihr zuerst diesen

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