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Engelslied

Engelslied

Titel: Engelslied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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zu sagen, was ihr gerade durch den Kopf ging. »Nach einem Schock, nach schweren Verletzungen, steht uns allen eine Zeit zu, in der wir uns einfach zusammenrollen und nichts von der Welt wissen möchten. Aber wenn man zu lange so lebt, zerfrisst einen der Schmerz von innen.« Elena wusste, wovon sie sprach, sie trug ihre eigenen Narben von den Verletzungen, die Jeffrey ihr zugefügt hatte. »Es ist besser, sich dem Schmerz zu stellen und zu versuchen, sich mit den Erinnerungen zu arrangieren, damit sie einen nicht weiter quälen können.«
    »Und wenn das nicht funktioniert? Wenn ich wieder stürze?«
    »Natürlich werden Sie auch wieder stürzen.« Die Wahrheit war immer noch die beste Waffe im Kampf gegen das Dunkel, falsche Versprechungen nutzten da wenig. »Immer wieder. Und manchmal werden Sie sich auch wieder zusammenrollen und verstecken wollen, manchmal wird Ihnen das als die beste Lösung erscheinen.« Auch sie hatte sich nach dem Albtraum in Amanat verkriechen wollen, aber dann hatte Raphael sie zu diesem erregenden, heißblütigen Messerkampf herausgefordert. »Geben Sie nicht auf, nur weil Sie sich die Schönheit all dessen, was Sie auf der anderen Seite des Schmerzes erwartet, nicht vorstellen können. Kämpfen Sie darum, diese Schönheit sehen zu dürfen, kämpfen Sie darum, sie zu besitzen.«
    Seine Antwort war voller herzzerreißender Freude und Hoffnung. »Wieder einmal mit einem Freund zu spielen – es war das Risiko wert.« Sanfter Wind spielte in den mit Diamanten überzogenen Haaren. »Als ich Illium den ersten Ball zuwarf, da unten über dem Fluss, habe ich gemerkt, dass ich mich seit mehr als zweihundert Jahren nicht mehr richtig lebendig gefühlt habe.«
    Ein paar Minuten lang ließen die beiden gemeinsam die Beine baumeln, ohne etwas zu sagen. Es war ein freundschaftliches Schweigen, das sich zwischen ihnen ausbreitete. »Hatten Sie nach mir gesucht, weil Sie etwas Bestimmtes wollten?«, erkundigte sich Aodhan schließlich.
    »Ja, ich wollte Sie etwas fragen.« Ihre Augen ruhten auf seinem Profil, seiner makellosen Haut, die wie Alabaster aussah, über das jemand liebevoll mit einem feinen Goldpinsel gefahren war. »Gehört Vivek Ihnen? Weil Sie ihn erschaffen haben?«
    Er schüttelte den Kopf. »Alle Vampire gehören dem Erzengel des Territoriums, auf dem sie erschaffen wurden. Ihre Aufseher wählt man unter den älteren Engeln aus.«
    Verdammt.
»Dann bin ich zu jung, um einen Vampir zu überwachen?«
    »Unter normalen Umständen wäre das so. Ein gerade erschaffener Vampir kann sehr schwer zu kontrollieren sein, manchmal kommt es auch zu Gewalttätigkeiten. Und Sie sind in Engelsjahren gemessen noch sehr jung. Bei Vivek Kapur könnte die Sache anders liegen. Er wird erst in einiger Zeit seine volle Körperkraft wiedererlangt haben, und Ihnen stehen Raphaels Ressourcen zur Verfügung.«
    »Es wäre also machbar?«
    »Es ist bereits geschehen.« Er sah sie an. »Sie verstehen aber, dass Sie sich damit vertraglich verpflichten, hundert Jahre für ihn verantwortlich zu sein. So lange, wie er sich vertraglich verpflichtet hat. Er muss seinen Dienst bis zum Ende ableisten.«
    »Ich weiß, alles andere würde nur Ärger heraufbeschwören.« Soweit Elena das wusste, stellte Dmitris Frau Honor auf Raphaels Territorium die einzige Ausnahme dieser Regel dar, und diese Ausnahme würde kein Unsterblicher je infrage stellen. Immerhin war Dmitri seit mehr als tausend Jahren Raphaels getreuer Stellvertreter, hatte bei der Verteidigung seines Erzengels unzählige Male sein Blut vergossen.
    »Welche Pläne haben Sie denn für Vivek Kapurs Vertragszeit?«, wollte Aodhan wissen.
    »Er wird wie besprochen dem Kommunikationsbereich des Turms zugeordnet sein. Aber sobald er seine Gliedmaßen wieder beherrscht, möchte ich ihn zum Training an die Gildeakademie schicken.« All diese Fragen hatte sie mit Vivek vor dessen Erschaffung besprochen, sie hatten gemeinsam das beste Vorgehen geplant. Um ein tödlicher Schütze zu werden, brauchte ein Mann körperlich nicht besonders stark zu sein, weswegen Vivek seine Schießkünste perfektionieren wollte, während er gleichzeitig an seinem Muskelaufbau arbeitete. »Bis es so weit ist, wird er in der Akademie Intensivunterricht in allen praktischen Bereichen bekommen, die er in seiner bisherigen Position nicht zu beherrschen brauchte.«
    »Das wird nicht reichen«, sagte Aodhan, während sie beide beobachteten, wie auffallend silberblaue Flügel am Himmel ihre

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