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Engelslied

Engelslied

Titel: Engelslied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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helfen, eine Allianz aufzubauen, die unter Umständen Hunderttausenden das Leben retten würde. Denn bei einem Krieg zwischen Erzengeln würden sich die Toten kaum zählen lassen.
    Hinter Raphael lag ein langer, anstrengender Tag. Er hatte sich unzähligen strategischen Überlegungen und Maßnahmen widmen müssen, immer auf der Suche nach Mitteln, wie er seine Stadt in die Lage versetzen konnte, sich einem bislang noch unbekannten Feind zur Wehr zu setzen. Jetzt stand er neben seiner Gemahlin auf dem Rasen vor ihrem Heim und sah Elias und Hannah beim Landen zu. Die beiden hatten beschlossen, an einem nicht genannten, etwa eine Flugstunde von der Enklave entfernten Ort unterzukommen, hatten Raphael aber unmittelbar nach Überschreiten der Grenze zu seinem Gebiet über ihre Ankunft informiert.
    »Ist ein bisschen wie eine Brautwerbung, was?« Elena trug ein fließendes Gewand aus blaugrüner Seide, das an diesem winterkühlen Abend wie ein Kuss des Frühlings aussah. Und sie flüsterte. »Ihr beide benehmt euch so formvollendet und offiziell.«
    Ich verstehe schon, worauf du hinauswillst,
Hbeebti
, aber such dir bitte einen anderen Begriff aus.
Raphael strich mit den Flügeln über die von Elena, entzückt darüber, dass die gerissene Sehne offensichtlich ohne Nachwirkungen verheilt war.
Ich habe nun wirklich kein Verlangen danach, Elias zu umwerben.
    Das Gesicht neben ihm verzog sich belustigt. Was für ein schönes Gesicht, das immer noch kaum Spuren der Unsterblichkeit zeigte, ging doch der Übergang viel zu langsam vonstatten, um Elena jetzt schon vor den am Horizont lauernden Gefahren schützen zu können. Aber seine Gemahlin hielt nichts davon, sich irgendwo zu verkriechen. Komme, was wolle, seine Jägerin würde an seiner Seite kämpfen. Genau das, genau so war Elena – so wie er ein Erzengel war, der bis zum bitteren Ende kämpfen würde, um die Seinen zu schützen.
    »Elias!«, sagte er, sobald die Besucher ihre Flügel zusammengefaltet hatten. »Meine Gemahlin und ich heißen euch willkommen.«
    »Wir freuen uns, hier sein zu dürfen.« Elias begrüßte erst Raphael, dann Elena mit einem würdevollen Nicken, sein aristokratisches Profil seit Tausenden von Jahren Inspiration für zahllose Bildhauer, die Haare golden vor dem Hintergrund einer ebenfalls goldenen, nur leicht blasseren Haut.
    Raphael übernahm die allgemeine Vorstellung, wenig überrascht darüber, mit welcher Wärme und Selbstsicherheit Elena die Gäste willkommen hieß, obwohl sie doch immer behauptete, sie kenne sich in Etikettefragen überhaupt nicht aus und man dürfe sie nie fragen, mit welcher Gabel man was esse. Laut Protokoll hatten sich Gemahlinnen bei einem Treffen mit vollem Titel anzureden, aber ehe er Elena entsprechend warnen konnte, hatte sie sich schon lächelnd an Hannah gewandt: »Wie schön, dass wir uns endlich kennenlernen, Hannah. Ich freue mich sehr.«
    Statt nun beleidigt zu sein, streckte ihr Elias’ Gemahlin strahlend beide Hände hin. Hannah hatte sich die kaum zu bändigenden schwarzen Locken mit juwelenbesetzten Kämmen zurückgesteckt und ihre ebenholzfarbene Haut glühte im Glanz des fast schon orange leuchtenden Sonnenuntergangs. Nach einem Regenguss am Spätnachmittag hatten sich sämtliche Wolken am Himmel verzogen. Der Regen hatte die allerletzten Spuren des Blutes verschwinden lassen, das hier, wo sie jetzt standen, den Boden getränkt hatte, und die Luft roch frisch und nach Ozon, aber die Narbe blieb. Den Tag, an dem Engel vom Himmel stürzten, würde niemand je vergessen.
    »Ich freue mich genauso, Elena.« Hannah hatte eine sehr reine, sehr melodische Stimme. Die beiden Frauen fassten einander bei den Händen. »Ich bin damals in die Zufluchtsstätte gekommen, um dich zu besuchen, aber Raphael war so gnadenlos beschützerisch und hat mir überhaupt nicht getraut. Womit er natürlich recht hatte – hätte ich deine Flügel damals schon von Nahem zu Gesicht bekommen, ich hätte dir keine Ruhe gelassen, bis du mir Modell gesessen hättest.«
    Elena ließ die etwas kleinere Hannah nicht los, sondern zog sie mit sich Richtung Haus. »Als ich aufwachte, war ich ungefähr so anmutig wie ein frisch geschlüpfter Vogel und dementsprechend ständig gereizt«, gestand sie. »Ich hätte kein gutes Modell abgegeben.«
    Hannahs Antwort bekam Raphael nicht mehr zu hören, dazu hatten sich die Frauen zu weit entfernt. Aber kurz darauf schwebte beider Lachen in der Luft. »Jetzt haben wir die beiden einzigen Gemahlinnen

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