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Engelslieder

Engelslieder

Titel: Engelslieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
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zerrte sie ein Stückchen weg zum nächsten Gebäude.
    “Was, zum Teufel, wollen Sie? Geld? Denken Sie, Sie können auf diese Art Geld aus mir herausquetschen? Das wird nicht funktionieren.”
    “Ich will Ihr Geld nicht! Ich will nur, dass Sie mir zuhören!”
    Er atmete tief ein und langsam aus. Sein verkrampfter Kiefer verriet, dass er um Beherrschung rang. “Sie haben drei Minuten.”
    Ihre Gedanken rasten. Wo sollte sie anfangen? “Ich habe diesen Traum”, begann sie. “Keinen normalen Traum, wie ihn jeder von uns hat. Meiner ist anders, so real, als würde er tatsächlich geschehen. Und es ist jede Nacht derselbe.”
    “Schwachsinn. Jeder Mensch träumt.”
    “Es ist nicht irgendein Traum. Dieser Traum handelt von Molly.” Selbst im fahlen gelben Licht der Straßenlampe sah sie, wie er blass wurde.
    Schnell sprach sie weiter, aus Angst, er könnte gehen. “Natürlich wusste ich zuerst nicht, wer sie war. In meinem Traum sah ich dieses kleine Mädchen in das Auto eines Mannes einsteigen, den sie nicht kannte, und ich hatte Angst um die Kleine. Ich dachte, es sei etwas, das sich noch nicht ereignet hatte. Dass ich herausfinden könnte, wer das kleine Mädchen ist, um es zu verhindern.”
    Er sah auf die Uhr. “Ihre Zeit ist um, Lady. Ich gehe jetzt, und wenn Sie noch mal versuchen, mit mir zu reden, zeige ich Sie wegen Stalkings an.”
    Die Tränen stiegen ihr in die Augen. “Sie verstehen nicht. Ich glaube, Molly lebt noch. Bitte … hören Sie mich doch wenigstens an.”
    Doch Ben ging bereits davon. Seine breiten Schultern hingen schlaff nach vorn, womöglich wegen der kräftigen Brise, aber Autumn glaubte, es läge vielmehr an dem Gewicht der furchtbaren Erinnerungen, das auf ihm lastete.
    Lieber Gott, sie musste doch irgendwie zu ihm durchdringen. Ben McKenzie war Mollys Vater, und Autumn hielt ihn für den Auslöser ihrer Träume. Mit seiner Hilfe würden sie sie vielleicht finden können.
    Sie wischte sich die Tränen ab und hasste sich dafür, zu weinen. Verflucht, wieso gab er ihr nicht wenigstens eine Chance?
    Doch tief im Herzen verstand sie ihn. Sie wusste, dass jede Erwähnung von Mollys Namen den alten Schmerz auffrischte. Sie brauchte Beweise – irgendetwas, womit sie Ben McKenzie von ihrer Glaubwürdigkeit überzeugen könnte.
    An jenem Abend ging sie aufgewühlt ins Bett. Sie hatte wieder den Küchentraum, sah den Schmerz in Mollys Gesicht. Als der Morgen dämmerte, wusste sie, was zu tun war.
    Ben sagte seine Abendverabredung mit Delores Delgato ab, einem exotischen spanischen Fotomodel, das für die Modelagentur Allure Agency arbeitete und gerade ein Fotoshooting am örtlichen Anleger beendet hatte. Er hatte Dee während einer Geschäftsreise nach L. A. über einen gemeinsamen Freund kennengelernt und war mehrmals mit ihr ausgegangen.
    Diese Woche war Delores in Seattle, und heute war der letzte Abend ihres Shootings. Als sie ihn angerufen hatte, um mit ihm zu feiern, hatte es noch nach einer großartigen Idee geklungen.
    Doch nach seiner Begegnung mit Autumn Sommers war Ben nicht mehr in der Stimmung für Gesellschaft. Nicht mal in der Stimmung, flachgelegt zu werden.
    Er ging die wenigen Blocks bis zu seiner Penthouse-Wohnung zu Fuß. Sie lag in der obersten Etage der Bay Towers im angesagten Belltown-Viertel. Er hatte das Luxusapartment vor einem Jahr gekauft. Er konnte es sich leisten, und sein wachsender Erfolg machte die speziellen Sicherheitsvorkehrungen notwendig, die dieses Gebäude bot.
    Er zückte seine Passierkarte, die ihm den Zugang zum Fahrstuhl gewährte, und fuhr in den zwanzigsten Stock. Als er die mit Marmorboden ausgelegte Diele betrat, schienen die Lichter der Stadt durch die riesigen Panoramafenster in sein Wohnzimmer. Am Ende des Flurs lagen linker Hand die Gästetoilette und zwei Schlafzimmer, jedes mit eigenem Marmorbad. Sein Schlafzimmer und Bad sowie sein Arbeitszimmer befanden sich am entgegengesetzten Flurende.
    Ben steuerte sein Büro an. Kaum dort angekommen, nahm er das Telefon vom Schreibtisch. Auf dem gesamten Heimweg hatte er sich gesagt, der Anruf könne bis zum nächsten Tag warten, aber er wusste, ihn erwartete eine schlaflose Nacht, wenn er sich nicht gleich um die Angelegenheit kümmerte.
    Seine Gedanken wanderten zu der Frau, die ihn auf dem Gehweg angesprochen hatte. Ihre Tränen waren es, die ihn gepackt hatten. Entweder war diese Frau eine äußerst talentierte Schauspielerin, eine beeindruckende Schwindlerin, oder sie glaubte tatsächlich

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