Engelslieder
oder in diesem Fall ein Kind, das aus dem Garten seines Elternhauses entführt wird.”
“Wenn du recht hast, kannst du zumindest davon ausgehen, dass es dir nicht allzu oft passieren wird.”
Autumn hielt ihr Weinglas fester. “Ich wäre auch damit einverstanden, wenn es mir überhaupt nicht mehr passiert.”
Sie verspeisten Bens köstliches Essen, genossen den Wein und plauderten ein wenig. Er erzählte ihr, wie es war, im Mittleren Westen aufzuwachsen, von seiner Zeit im College, dass seine Eltern beide verstorben waren und er sie immer noch vermisste. Das Thema “Molly” umschifften sie weiträumig. Mit ein bisschen Glück könnten sie sich am nächsten Tag mit dem FBI-Profiler treffen, und sie beide wussten, dass es anstrengend werden würde.
Als sie abgewaschen und aufgeräumt hatten, gingen sie zu den Kabinen im vorderen Teil des Bootes. Autumn protestierte nicht, als Ben ihr die Tür aufhielt und darauf wartete, dass sie ihm in sein Zimmer folgte. Sie konnte das Verlangen in seinen Augen sehen und spürte einen leichten Stich. Ben wollte sie noch einmal lieben, und sie wollte ihn auch – mit Haut und Haaren.
Zum Teufel mit morgen, dachte Autumn. Wenn das hier eine Affäre war, dann würde sie jede Sekunde genießen.
In dem schmalen Zwischenraum neben dem Bett stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Ben zog sie auf die Matratze herunter.
Das große Boot schaukelte sanft auf den Wellen. In der vergangenen Nacht hatte der Rhythmus sie nach einer weiteren Runde wildem Sex in den Schlaf gewiegt. Als sie sich in die Essecke im Salon setzten, starken schwarzen Kaffee tranken und Zimtrollen aßen, stand die Sonne schon hoch am strahlend blauen Himmel. Vor den Fenstern segelte eine kreischende Möwe durch die Luft.
Autumn blickte Ben über den Rand ihrer Kaffeetasse an. “Es gibt da etwas, worüber ich nachgedacht habe …”
Er stellte den Becher auf den Tisch. “Und was?”
“Gestern Abend … als wir in der Küche waren und du mich geküsst hast … Hättest du aufgehört, wenn ich dich ernsthaft darum gebeten hätte?”
Ben sah ihr in die Augen. Ein zarter Schatten lag auf seinem unrasierten Kinn und den Wangen. “Wärst du irgendeine andere Frau, fiele mir die Antwort leicht. Ich würde eine Frau niemals dazu zwingen, etwas zu tun, was sie nicht möchte. Aber gestern Abend …” Er schüttelte den Kopf. “Ich wollte dich so sehr. Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht.”
Doch irgendwie wusste Autumn, dass er aufgehört hätte. Ben war nicht der Typ Mann, der sich einer Frau aufdrängte, die ihn nicht wollte. Dass er so offen über seine Gefühle sprach, war erfrischend und unglaublich aufregend.
Ben atmete laut aus. “Ich habe dich hierhergebracht, um dich zu verführen, Autumn. Das ist die ungeschönte Wahrheit.”
Er hätte sie nicht stärker überraschen können.
“Ich wollte dich unbedingt. Ich wollte dich wieder neben mir im Bett liegen haben und war mir sicher, dass du es auch wolltest. Die letzte Nacht war genauso gut, wie ich es mir vorgestellt hatte. Verdammt noch mal, es war mehr als gut. Es war fantastisch. Eigentlich sollte ich mich schuldig fühlen, aber die Wahrheit ist, dass ich froh darüber bin, wie alles gelaufen ist.”
Auch sie konnte nicht sagen, dass sie es bereute. Die vergangene Nacht war die beste in ihrem bisherigen Leben gewesen.
Ben taxierte sie. “Irgendetwas ist da zwischen uns, Autumn. Das musst du doch auch fühlen. Ich will nicht, dass du noch mal vor mir wegläufst.”
Ihr Herz klopfte. Sie hatte nicht geahnt, dass Sex so sein konnte wie mit Ben. Doch es gab Wichtigeres als die körperliche Anziehung zwischen ihnen. Ben klang allmählich, als wollte er eine Beziehung mit ihr, und das würde niemals geschehen. Sie passten überhaupt nicht zusammen. Sie wäre niemals genug für einen Mann wie Ben, davon war sie überzeugt. Sie wollte ihm gerade ihre Gedanken mitteilen, als sein Handy klingelte.
Ben klappte es auf. “McKenzie.”
Sie konnte die Stimme am anderen Ende der Leitung nicht verstehen, doch Ben nickte und wirkte erleichtert.
“Wir sind in zwanzig Minuten da.” Er klappte das Telefon zu und sah sie an.
“Riker?”
“Ja. In der Innenstadt gibt es ein Café. Dort treffen wir uns in zwanzig Minuten mit ihm.”
Autumn sprang auf, räumte die fast leeren Kaffeebecher in die Küche, schnappte sich ihre Tasche und ging auf die große Glastür zu, die vom Salon aufs Deck führte. Sie verließen das Boot, eilten den Anlegesteg
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