Engelslust
eine Halbdämonengeschichte?«
»Ich bin zur Hälfte eine Elfe.«
Mit gerunzelter Stirn sah er zu ihr herüber. »Elfe? Und das soll ich dir glauben?«
Sie zeigte ihm ihre spitzen Ohren und rief: »Kannst du das von da hinten sehen?«
»Nicht Beweis genug«, murrte er und sprang wieder elegant zurück an den Strand, wobei er darauf achtete, ihr nicht zu nah zu kommen. »Aber das könnte deine Zauber erklären«, gab er dann doch zu.
Leraja freute sich. Einsicht war der erste Weg zur Besserung. Vielleicht konnte sie ihn ja doch zu einer Zusammenarbeit überreden? So würde sie wenigstens sofort erfahren, wo der Kelch aktiviert wurde, und musste nicht immer erst abwarten, bis ihr die dämonischen Techniker Bescheid sagten – was sie ohnehin immer zu spät taten, das faule Pack! Wenn sie wüssten, was auf dem Spiel stand … Aber kein Unterweltler durfte vom Kelchfund Kenntnis erhalten; Xiras Handlanger wussten lediglich, dass sie die Koordinaten durchgeben sollten, wenn wieder so ein gigantischer Energie-Impuls auftauchte. Je weniger von der ganzen Sache wussten, desto besser. Der Dämon, der Xira die Nachricht über den Kelch überbracht hatte, war drei Sekunden später nur noch ein Häuflein Asche gewesen.
»Woher wusstet ihr eigentlich, dass der Kelch fort ist?«, fragte Cain.
»Wir haben unsere Quellen«, erwiderte sie lediglich, weil er ja nicht zu wissen brauchte, dass die Dämonen das Kommunikationsnetz der Engel angezapft hatten.
»Werde deutlicher, Dämonin!«
»Wir hatten einen erhöhten Energiewert gemessen, den nur starke Magie verursacht haben konnte. Und da uns ein Informant mitteilte, dass eine Phiole Drachenblut gestohlen wurde, mit dem nur der Kelch aktiviert werden kann, und bald wieder die Zeit des Blutmondes ist, haben wir eins und eins zusammengezählt.« Das war nur ein bisschen geschwindelt, wie Leraja fand. Und ja, dieser Informant wurde auch von Xira pulverisiert …
Verdammt, sie hatte als Dämonin alles Recht zu lügen, was das Zeug hielt! Wieso stellte sie sich in der Gegenwart des Engels nur so unprofessionell an? Sie musste ihre Prioritäten neu überdenken: erst der Kelch, dann das Vergnügen. In Cains Gegenwart schien sie nicht ganz sie selbst zu sein.
»Dann kennst du wohl die Geschichte des Kelchs?«, fragte er.
»Ich weiß, wozu seine Magie fähig ist. Meine Mutter hat mir als Kind zum Einschlafen diese Geschichte erzählt.«
»Ganz bestimmt … Sehr fürsorglich von deiner Mami«, erwiderte er sarkastisch, aber Leraja wollte sich von Cain nicht reizen lassen. Sie hatte das Gefühl, ihn bald dort zu haben, wo sie wollte.
»Wie alt bist du?«, fragte er.
»Dreiundfünfzig. Nach menschlicher Zeitmessung«, antwortete sie ihm ehrlich. »Rein optisch sehe ich natürlich nur halb so alt aus.«
»Also bist du fast noch ein Kind. Was weißt du schon, Spitzohr!«
Jetzt hatte er sie wirklich beleidigt! »Oh, ich weiß eine ganze Menge!«, spie sie ihm entgegen. »Ich weiß, dass der Dieb noch einen Helfer hat!«
Cain verschränkte die Arme vor der Brust und sah gelangweilt auf seine Uhr. »Erzähl mir was Neues.«
Lerajas Herz verkrampfte sich. Wie viel wusste er? »Dann kennst du sie?«
»Sie?« Sein Blick huschte zu ihr herüber.
»Die Helferin.«
Jetzt schien sie seine volle Aufmerksamkeit zu haben, woraufhin sie sich fühlte, als habe sie Flöhe im Bauch. Cain richtete sich auf und marschierte auf sie zu.
»Ich hab die beiden noch kurz gesehen, den Dieb und seine Assistentin«, redete sie munter weiter. »Vielleicht interessiert es dich, dass sie ein Engel ist?«
Abrupt blieb er stehen, wie zur Salzsäule erstarrt. Aber dann legte er wieder diesen wütenden Ausdruck auf und ballte seine Hände zu Fäusten. »Lügnerin! Das hast du dir zusammengereimt, weil du die Fußabdrücke in der Höhle gesehen hast.« Zwischen seinen Fingern blitzte es auf.
Jetzt tat Leraja, als wäre sie gelangweilt, und polierte ihre Fingernägel an der Lederjacke.
Cain schnaubte. »Und wer soll der Dieb sein?«
Leraja ignorierte seine Frage, ging hinüber zur Felswand und öffnete dort ein Portal. »Überleg dir mein Angebot, Sonnenschein. Wir arbeiten zusammen, oder du erfährst von mir nichts mehr.« Kurz bevor sie hindurchstieg, genoss sie noch für einen Moment sein herrlich zorniges Gesicht und warf ihm einen Luftkuss zu. »Wir sehen uns, da bin ich mir sicher!«
Cain kochte innerlich. »Mist!« Kraftvoll kickte er größere Steine ins Meer und wanderte am Strand auf und ab, wobei
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