Engelspakt: Thriller (German Edition)
dem Wort Triade oder Triaden in den Sinn kam, war vermutlich die chinesische Mafia. Ein Therapeut hätte wohl in Richtung Vater-Mutter-Kind-System gedacht, ein Mediziner an die Übermittlung von Nervensignalen in Muskelzellen. Catherine kam aufgrund ihrer Ausbildung spontan die aus dem Mittelalter stammende christliche Hierarchielehre der Engel in den Sinn. Doch Rinaldo hatte in Gegenwart Bischof Tardinis in Cibans Büro vor knapp zwei Stunden noch eine ganz andere Möglichkeit erwähnt.
Alle Augen waren nun auf den jungen Pater gerichtet. Der Monsignore bat Catherine leicht verunsichert um den Stift und malte ein Schlaufenkreuz mit Schwingen und einem Käfer neben das Wort Triaden.
»Das Schlaufenkreuz mit dem Skarabäus«, erklärte er. »Soweit ich weiß, ist es zusammen mit den Schwingen das Triadensymbol schlechthin.«
»Dann ist der Sinngehalt des Ankh-Kreuzes also geklärt worden?«, fragte Giada neugierig.
Rinaldo schüttelte den Kopf. »Nicht direkt. Aber laut einer Theorie vereinigt das Ankh das männliche Symbol von Osiris mit dem weiblichen Symbol von Isis.« Er malte ein T-Kreuz und ein Oval darüber, so dass beides zusammen ein Schlaufenkreuz ergab, ein Ankh. »Einst symbolisierte es die Einheit von Himmel und Erde. Man glaubte, das Ankh könne wegen seiner Schlüsselform die Pforten zum Reich des Todes aufschließen. Koptische Christen haben es deshalb als Symbol für das Leben nach dem Tod übernommen.«
»Demnach sind diese Triaden, von denen wir hier sprechen, aus den koptischen Christen hervorgegangen?«, überlegte Catherine.
»Meines Wissens hat der Orden der Triaden lange vor allen anderen Orden existiert.«
»Was soll das heißen ›lange vor allen anderen Orden‹?«, hakte Giada stirnrunzelnd nach.
»Angeblich stammt er aus der Zeit, als die Engel auf Gottes Geheiß auf die Erde kamen, um die Menschen zu unterrichten.«
»Ich habe noch nie von diesem Orden gehört«, sagte die Dominikanerin. »Und Sie können mir glauben, ich bin ziemlich belesen in diesen Dingen.«
Rinaldo räusperte sich. »Es gibt zurzeit auch keinen Beweis dafür, dass der Triadenorden jemals existiert hat, andererseits sprechen mittlerweile einige Indizien dafür.«
Coelho musterte Rinaldo, als stünde ein schlecht vorbereiteter Prüfungskandidat vor ihm. »Dann ist den Triaden wohl ein ähnliches Schicksal widerfahren wie den Templern?«
Rinaldo blickte stur auf das Flipchart. »Wer weiß. Selbst die Legenden um den Orden sind nahezu restlos aus den Annalen der Geschichte getilgt worden. Kardinal Ciban äußerte kürzlich die Vermutung, dass Professor Scrimgeour den Triaden auf die Spur gekommen sein könnte.«
Coelho starrte das Triadensymbol auf dem weißen Papier an, als handele es sich bei der Zeichnung um einen Dummejungenstreich. »So viel Wind um eine historische Spur, die lediglich auf einer Legende beruht?«
Rinaldo zuckte die Achseln. »Entschuldigen Sie, aber nach allem, was ich bisher über den Orden erfahren habe, klingt es für mich eher so, als wären die Triaden wieder aus dem Vergessen aufgetaucht und nicht nur für unsere Mutter Kirche eine Bedrohung.«
Es folgte ein kurzes Schweigen.
»Was wollen Sie uns damit sagen, Pater?«, hakte Catherine nach.
»Dass Kardinal Ciban den Orden für eine äußerst ernstzunehmende Gefahr hält.«
Catherine stutzte. »Weshalb sollten die Triaden gefährlicher sein als ein Opus Dei oder ein Lux Domini?«
Rinaldo holte tief Luft. »Seine Eminenz vermutet, dass der Professor die Bibel der Triaden entdeckt hat. Ein Werk, das in direkter und gefährlicher Konkurrenz zur christlich-katholischen Bibel stünde.«
Catherine runzelte die Stirn und ließ den Pater nicht aus dem Blick. »Aber das tun der Talmud und der Koran zu einem gewisse Grad auch.«
»Nun ja, wie soll ich sagen …« Rinaldo räusperte sich. »Diese Triadenbibel wird in so genannten eingeweihten Kreisen auch Engelsbibel genannt und soll nicht nur die Frage nach dem tieferen Sinn des Lebens, sondern auch die Frage nach dem Woher und Wohin beantworten.«
»Auch das ist nichts Neues«, erwiderte Catherine prompt. »Das tun die christlichen Bibeln und viele andere Heilige Schriften ebenso.«
Der Monsignore schien plötzlich alle Kraft zusammenzunehmen, um die Katze endlich aus dem Sack zu lassen. »Die Engelsbibel soll über zentrale Wendepunkte in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Menschheit berichten. Und das so konkret, dass sie als Waffe missbraucht werden könnte.«
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