Engelspakt: Thriller (German Edition)
allein und unbewaffnet, oder das Wissen über den Tod Ihrer Schwester ist unwiederbringlich verloren.
S.
Unmittelbar nach Erhalt dieser E-Mail musste Ciban hier im Panikraum alles arrangiert haben. Vermutlich hatte er zur Sicherheit den Elektroschocker eingesteckt und sich auf den Weg zu diesem unglückseligen Treffen gemacht, in der Hoffnung, etwas über den wahren Hintergrund des Todes seiner Schwester zu erfahren. Wie die Sache ausgegangen war, wussten alle Anwesenden hier in diesem Raum nur zu genau.
»Das dürfte das andere Verbindungsstück sein, nach dem Sie gesucht haben, Generalinspektor«, sagte Catherine. »Ein unwiderstehlicher Köder.«
Coelho schien nicht besonders glücklich über den Fund zu sein. Er hatte lediglich eine Bekräftigung für etwas erhalten, das er auch so schon vermutet hatte. Sehr viel weiter brachte dieser Hinweis die Ermittlungen nicht …
Oder etwa doch?
Catherines Blick glitt zurück zu dem Porträt von dem Jungen. Wer war dieses sonderbare Kind?
Sie hatte den Jungen in der schrecklichen Vision in der alten Kathedrale gesehen, an einem Ort und in einer Zeit, in die er eigentlich gar nicht hineingehört hatte. Wie aus dem Nichts war er aufgetaucht. Wer also war er? In welcher Verbindung stand er zu den Geschwistern Ciban und Darius? Hatte Sarah ihn etwa auch damals in der Kathedrale gesehen? Hatte sie ihn deshalb nach all den Jahren gezeichnet?
Catherine musste unbedingt mehr über diesen Jungen herausfinden. Sie spürte, dass er ein wichtiger Schlüssel in dem Ganzen war. Nur wie sollte sie das anstellen?
Ihre Augen blieben erneut an dem Foto von Zanolla hängen, das dieses ungute Gefühl in ihr auslöste. Der Doktor war die heißeste Spur, die sie im Augenblick hatten.
Wenn Ciban ein Foto von Zanolla neben dem Artikel über die Brenda-Thornton-Klinik aufbewahrt hatte, gab es ganz gewiss einen triftigen Grund dafür. Wenn dieser Zanolla ein Kollege Dr. Scelpas gewesen war, hatte er vielleicht sogar Sarah Ciban und Scrimgeour gekannt. Falls er die beiden tatsächlich gekannt hatte, konnte er Catherine womöglich darüber aufklären, weshalb das Paar sich vor all den Jahren mit der Brenda-Thornton-Klinik befasst hatte. Am naheliegendsten war natürlich der Wunsch nach einem Kind.
Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, dass auch Coelho auf das Foto starrte, doch er wirkte eher irritiert.
»Ist irgendetwas?«
Der Kommandant überlegte kurz, so als versuchte er einen Gedanken zu fassen, der sich einfach nicht festhalten ließ. Dann schüttelte er den Kopf. »Nein, nein. Ich weiß nicht. Jedenfalls komme ich nicht darauf. Aber es wird mir sicher noch einfallen.«
Catherine nahm das Foto von Zanolla samt der Adresse der Klinik bei Rom von der Wand. Dabei stellte sie fest, dass zwischen dem Foto und der Adresse noch etwas hing. Sie faltete das Blatt auseinander und starrte verblüfft darauf. Ciban hatte von dem Porträt des Jungen eine verkleinerte Kopie gemacht und sie dazugepinnt.
Sie wechselte einen kurzen Blick mit Coelho und sagte dann: »Es scheint, dass ich mit dem Doktor dringend ein paar Worte reden muss.«
Damit drehte sie sich zum Ausgang um, als ihr dämmerte, dass da noch ein kleines Problem bestand. »Apropos, hat schon jemand eine Ahnung, wie wir hier wieder herauskommen?«
Rinaldo deutete auf den einzigen Stuhl im Raum und sagte fast keck: »Vielleicht die Armlehne?«
Catherine begutachtete die Armlehnen eingehend. Nein, diesmal keine Armlehne.
Coelho entdeckte schließlich einen Sensor gleich rechts neben dem Eingang. Ein leichter Druck, und die Regalwand fuhr fast lautlos auf. Jetzt war ihnen auch klar, weshalb die Wand bis auf die letzte Lücke mit DVDs und CDs vollgestellt war. So konnte weder etwas herunterfallen noch verrutschen.
»Wann wollen Sie Doktor Zanolla aufsuchen?«, fragte Coelho.
»Ich denke, das hängt von den Fähigkeiten einer unserer im Vatikan beschäftigten Computerexpertinnen ab. Am besten gleich morgen.«
Sie blickte auf die Uhr. Erstaunt stellte sie fest, wie spät es schon war.
»Ich würde Sie gerne zur Klinik begleiten, doch ich fürchte, das würde Inspektor Ganzoli ziemlich misstrauisch machen.«
»Kein Problem. Ich habe bereits einen Begleiter.«
Rinaldo schien etwas zu ahnen, denn seine Augen wurden schlagartig groß. Sofort winkte er ab. »Oh nein, Schwester …«
»Oh doch! Mit einer guten Verkleidung bekommen Sie das locker hin. Also dann bis morgen!«
Nachdem Coelho und Rinaldo sich verabschiedet hatten und auch
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