Engelspakt: Thriller (German Edition)
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Rinaldo starrte auf die Nachricht. Die römische Eins war das Kürzel für Bischof Tardini, Cibans ersten Sekretär. Er fragte sich, was die Nachricht zu bedeuten hatte. War Ciban etwa einer neuen Information über die Triaden auf der Spur? Und wenn ja, wäre es dann nicht vernünftiger gewesen, wenn er den Kardinal begleitet hätte? Rinaldo stieß einen tiefen Seufzer aus und versuchte sich wieder auf die Akte zu konzentrieren.
Die nächste Biografie handelte von einem gewissen Professor Charles Cutler Torrey, einem amerikanischen Historiker und Archäologen von der Universität Yale, der sich zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts intensiv mit dem Buch Henoch beschäftigt hatte. Charles Cutler Torrey hatte als Erster auf Indizien von Schriften verwiesen, die älter waren als das Alte und Neue Testament oder sogar das Buch Henoch. Ein Tagebuch Cutlers aus dem Jahre 1930 wurde erwähnt, das seine Recherchen belegte. Doch dieses Tagebuch galt ebenfalls als verschollen.
Nach einer Weile blickte Rinaldo von der Akte auf. Das Material war hochinteressant, doch Cibans SMS ging ihm nicht mehr aus dem Kopf.
Diese SMS gefiel ihm ganz und gar nicht.
16.
Ambrose wartete auf Doktor Zanolla an dessen privatem Lift. Es war eine Weile her, seit der Doktor das letzte Mal mit ihm gesprochen hatte. Zanolla gab sich nur selten mit den gewöhnlichen Angestellten des Instituts ab, denn für ihn waren Menschen wie Ambrose minderwertige Geschöpfe. Der Wärter hatte den Eindruck gewonnen, dass der Doktor nur mit dem Finger zu schnippen brauchte, und schon erlagen unliebsame Mitarbeiter einem Unfall, oder anstrengende Projekte verschwanden einfach so auf Nimmerwiedersehen. Genau wie das Mädchen, mit dem David befreundet gewesen war.
Während Ambrose vor der Aufzugtür zur fünften Untergrundebene stand, erschauerte er innerlich, denn hinter einer der Stahltüren im noch tiefer gelegeneren Bereich des Instituts glaubte er so etwas wie ein Krematorium entdeckt zu haben. In einem der Räume waren Bahren aufgereiht gewesen, auf denen bedeckte Körper gelegen hatten. Tote Körper. Ambrose hatte sie durch eines der kleinen, in die Türen eingelassenen Fenster gesehen. Das war vermutlich der Grund, weswegen der Doktor ihn nun sprechen wollte.
Die Lifttür glitt auf, und Zanolla trat in den grauen Gang hinaus. Er begrüßte Ambrose mit einem Lächeln, in dem nicht ein Funke Menschlichkeit lag. Sie gingen den Gang entlang, schritten durch eine alte Stahltür und betraten einen Sektor, den Ambrose bisher noch nicht hatte inspizieren können. Aber der Weg unterschied sich in nichts von den unzähligen anderen Wegen in den Etagen des unterirdischen Gebäudekomplexes. Das feste Schema des Grundrisses hatte Ambrose von Anfang an die Orientierung erleichtert. Lediglich der Bereich um das Krematorium wich davon ab.
Wie sehr sich doch der lichtdurchflutete oberirdische Bereich der Fruchtbarkeitsklinik von den geheimen unterirdischen, sterilen Laborarealen mit den Unterkünften für die gentechnisch herangezüchteten Versuchsobjekte unterschied. Die meisten Patientinnen suchten die Zanolla-Klinik auf, um sich künstlich befruchten zu lassen, und kehrten anschließend nach Hause zurück. Einige reisten auch, wenn es an der Zeit war, nach Rom zurück und entbanden an der medizinischen Fakultät der katholischen Universität für Gynäkologie und Geburtshilfe, nur um in der Nähe der Zanolla-Klinik zu sein. Wie Ambrose der anzüglichen Anspielung zweier Angestellter entnommen hatte, verfügte die Klinik neben dem Kontakt zu einer seriösen Samenbank für die Singles unter den Patientinnen auch über eine eigene inoffizielle Samenbank, um an besonders »ausgefallenes« DNA -Material für ihre Forschungsarbeit zu gelangen. Wie es aussah, hatten die Spender jener geheimen Samenbank keine Ahnung, dass mit ihrem Sperma mittels Gentechnik Embryonen oder gar menschenähnliche Klone geschaffen wurden. Inzwischen war Ambrose sich so gut wie sicher, dass Zanollas Projekte ausnahmslos aus dieser geheimen Samenbank hervorgegangen waren.
Beim Anblick der deprimierenden Korridore fragte sich der Wärter einmal mehr, wie man selbst als künstlicher Mensch in einer derart kargen, sensorisch reizarmen Welt überhaupt dauerhaft leben konnte. Immerhin gestatteten die Wissenschaftler einigen wenigen herausragenden Projekten ein ganz besonderes Maß an Kreativität. Das verschwundene Mädchen war so eine
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