Engelspakt: Thriller (German Edition)
Schwester Catherine sich zurzeit aufhält. Sie und Bariello ruhen sich jetzt erst einmal aus. Aber halten Sie sich beide für eine weitere Schutzobservierung bereit.«
Viktor nickte. Ihm schien ein Stein vom Herzen zu fallen. Abgesehen von seinen Manieren, die bisweilen zu wünschen übrig ließen, hatte der junge Vatikanpolizist einen enormen Ehrgeiz und bis zu diesem Tag noch nie versagt. Und von dem alten Tardini hereingelegt zu werden war schon eher eine Ehre als ein Versagen. Coelho wusste ein Lied davon zu singen.
Nachdem Viktor gegangen war, um seinen Kollegen über die neue Anweisung zu informieren, fuhr Coelho seinen Rechner hoch und schaute sich noch einmal die Beweisstücke aus London an. Die Urkunde, die Fotos und den Artikel über die Brenda-Thornton-Fruchtbarkeitsklinik.
Er konnte noch immer kaum fassen, dass Sarah Maria Ciban Scrimgeours Frau gewesen war. Wie es aussah, hatten Sarah Ciban und Alan Scrimgeour sogar mit dem Gedanken gespielt, die Dienste der Klinik in Anspruch zu nehmen. Oder hatte das Paar in der Klinik etwa tatsächlich eine künstliche Befruchtung durchführen lassen? Der Londoner Agent hatte sich gewiss seinen Teil gedacht, hatte aber nichts von Kindern gesagt, die aus der Ehe hervorgegangen waren. Auch das Fotoalbum schien keinerlei Hinweis darauf enthalten zu haben.
Soweit Coelho wusste, war Cibans Schwester vor gut einem Jahrzehnt bei einem Unfall ums Leben gekommen. Die Familie hatte sie in Rom bestattet und in der Familiengruft beigesetzt. Das machte die Frage umso heikler, warum Scrimgeour plötzlich nach über zehn langen Jahren in Rom aufgetaucht und Ciban die Eheringe gezeigt hatte. Irgendwie ergab das alles keinen rechten Sinn. Oder hatte der Kardinal tatsächlich nichts von der Eheschließung seiner Schwester mit dem britischen Gelehrten gewusst? War es bei Sarah Cibans Bestattung vor all den Jahren am Ende um mehr als nur um eine Familientradition gegangen? Warum war Sarah in Rom und nicht in Cambridge oder London beigesetzt worden?
Coelho überflog noch einmal den dreizehn Jahre alten Artikel über die Klinik. Es musste schon einen besonderen Grund dafür geben, dass der Zeitungsartikel in dem Fotoalbum so lange überlebt hatte. Er fragte sich, wer das Album angelegt hatte, Scrimgeour oder seine Frau? Oder beide zusammen? Leider gab es unter den Bildern keinen Text, der einen direkten Schluss zugelassen hätte.
Er öffnete das Internetprogramm und kopierte den Namen der Klinik in die Suchmaschine, nur um kurz darauf festzustellen, dass die Brenda-Thornton-Klinik vor neun Jahren bis auf die Grundmauern niedergebrannt war. Selbstverständlich mit sämtlichen Patientenunterlagen.
Coelho atmete tief durch. Er fraß einen Besen, wenn das ein Zufall war. Als Nächstes suchte er nach weiteren Artikeln über die Klinik und fand schließlich heraus, dass ein gewisser Dr. Eric Scelpa damals der Star des Unternehmens war. Nicht nur diverse Fachblätter, sondern auch die Boulevardpresse hatte sich damals für den Fruchtbarkeitsgott und später auch für einen gewissen Dr. Zanolla, Scelpas größten Kritiker, und seine medizinische Arbeit interessiert.
Von diesem Zanolla existierte kein einziges Foto im Netz. Die Aufnahmen von Scelpa aus jener Zeit zeigten zu Coelhos Überraschung keinen gut aussehenden Adonis im Arztkittel, sondern einen mittelgroßen, untersetzten, nicht gerade sympathisch wirkenden Mann von etwa Mitte dreißig mit dunklem, klassisch geschnittenem Haar und kleinen, eng stehenden Augen. Es war schon erstaunlich, wem die Menschen Vertrauen entgegenbrachten, wenn sie sich auf der Welt nichts sehnlicher wünschten als ein Kind. Coelho forschte weiter nach Scelpa, nur um herauszufinden, dass der Mediziner sowie etliche Klinikmitarbeiter und Patienten bei dem Klinikbrand ums Leben gekommen waren.
Nach einer Weile rieb er sich die müden Augen. Dann öffnete er die mittlere Schublade seines Schreibtischs und holte die beiden goldenen Eheringe hervor. Sie spielten irgendeine Schlüsselrolle. Da war er sich ganz sicher. Scrimgeour hatte sie all die Jahre nach dem Tod seiner Frau aufbewahrt, und das konnte nur eines bedeuten: Er hatte Sarah Ciban über den Tod hinaus geliebt.
Warum um alles in der Welt hatte der Gelehrte Ciban in der vergangenen Nacht mit den Ringen konfrontiert?
Und warum der teure Wein und die Gläser? Hatte Scrimgeour etwa mit Ciban anstoßen wollen? Doch nur der Professor hatte von dem Wein getrunken. Und dann der Revolver. Für Coelho sah es
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