Engelsrache: Thriller
diesem Verfahren ebenfalls als Zeugin geladen ist«, sagte ich.
Wieder sah ich jeden einzelnen Geschworenen an und fuhr dann fort: »Ms Barlowe hat daraufhin mit Reverend Tester gesprochen und ihn schließlich des Clubs verwiesen. Miss Christian hatte Reverend Tester vor seinem Besuch in dem Club noch nie gesehen. Und sie hat ihn auch nie mehr gesehen, nachdem er den Club an dem Abend unfreiwillig verlassen hatte.«
Ich trat vor die Geschworenenbank und stand jetzt direkt vor den Männern und Frauen, die über Angels Schicksal zu befinden hatten.
»Auch wenn Mr Martin vorhin etwas anderes behauptet hat, aber es gibt keinen Zeugen und keine Zeugin, die behaupten, Miss Christian damals in Reverend Testers Motel gesehen zu haben. Vielmehr wird Miss Christians Chefin Erlene Barlowe sogar aussagen, dass Miss Christian noch bis zum Ende ihrer Schicht im Club gearbeitet hat und dann mit Ms Barlowe nach Hause gefahren ist. Ms Barlowe hat Miss Christian nämlich bei sich zu Hause aufgenommen.«
Ich legte eine kleine Kunstpause ein und kam dann auf den nächsten Punkt zu sprechen: »Sie werden im weiteren Verlauf des Verfahrens noch von einem Kriminaltechniker hören, dass die Ermittlungsbehörden am Körper des Ermordeten zwei Haare sichergestellt haben, die ausweislich ihrer DNS-Merkmale von Miss Christian stammen müssen. Diese Haare sind das bei weitem stichhaltigste Beweismittel, das die Staatsanwaltschaft in diesem Verfahren vorzuweisen hat. Ich glaube, man kann ohne Übertreibung sagen, dass wir uns ohne diese beiden Haare heute nicht hier versammelt hätten. Ich möchte Sie jedoch bitten, genau zu beachten, wo die Spurensicherung diese beiden Haare gefunden hat. Beide Haare wurden an Reverend Testers Hemd entdeckt. Da wir mehrere Zeugen dafür haben, dass Miss Christian abends im Club wiederholt an Reverend Testers Tisch getreten ist und ihm diverse Drinks serviert hat, und auch, dass er sich immer wieder unsittlich an sie gedrängt hat, ist es nicht nur denkbar, sondern sogar wahrscheinlich, dass Miss Christians Haare bereits im Club an Reverend Testers Kleidung hängen geblieben sind«, erläuterte ich den Geschworenen.
»Mehr hat die Gegenseite nicht zu bieten, meine Damen und Herren – mit Ausnahme der Aussage einer im Gefängnis einsitzenden Drogenabhängigen und Diebin, die sich noch in letzter Minute von der Staatsanwaltschaft als Zeugin hat gewinnen lassen. Diese Frau ist meine Schwester, das ist wahr, und sie ist wütend auf mich, weil ich sie bei der Polizei angezeigt habe, nachdem sie zuvor meine Tochter und meine Frau bestohlen hatte. Es war nicht das erste Mal, dass sie uns so etwas angetan hatte.«
Martin stand auf, um Einspruch zu erheben. Richter Green gab ihm mit einer Handbewegung zu verstehen, dass er sich wieder setzen sollte.
»Mäßigen Sie sich, Mr Dillard«, sagte der Richter.
»Die Staatsanwaltschaft kann keine Tatwaffe vorweisen. Ebenso wenig einen Augenzeugen. Keine Fingerabdrücke. Keine Blutspuren des Täters. Außerdem hat sie keinen einzigen Beweis dafür, dass sich Miss Christian am Tatort aufgehalten hat. Die Anklage behauptet, dass es sich um einen Raubmord handelt, aber die Polizei hat bei Miss Christian kein Geld gefunden, das sie Reverend Tester geraubt haben könnte. Das heißt, die Staatsanwaltschaft hat nicht einen einzigen Beweis für einen angeblichen Raubmord in der Hand.« Wieder legte ich eine kleine Kunstpause ein.
»Dabei müsste die Anklage absolut hieb- und stichfeste Beweise dafür vorlegen, dass Miss Christian das Mordopfer vorsätzlich erstochen und anschließend verstümmelt hat. Denn Sie dürfen Miss Christian nur für schuldig befinden, wenn Sie keinerlei Zweifel daran hegen, dass sie dieses grausame Verbrechen begangen hat. Außerdem wird der Richter Sie in seiner Belehrung noch auf Folgendes hinweisen: Die Geschworenen dürfen einen Angeklagten in einem Strafprozess, in dem die Staatsanwaltschaft den Tatvorwurf – wie es hier der Fall ist – ausschließlich mit Indizien begründet, nur dann für schuldig befinden, wenn es für die Tat keine andere plausible Erklärung gibt. Allerdings lassen sich Dutzende plausible Erklärungen dafür finden, wie der Mord an Reverend Tester passiert sein könnte.« Ich holte tief Luft.
»Wenn alle Beweismittel und Zeugenaussagen vorliegen, werden Sie – die Geschworenen – zweifellos erhebliche Zweifel an der Stichhaltigkeit des hier verhandelten Tatvorwurfs hegen. Vermutlich werden Sie sich sogar fragen, warum
Weitere Kostenlose Bücher