Engelsrache: Thriller
sich diese junge Dame überhaupt in Haft befindet. Seit dem Tag, da die Staatsanwaltschaft Miss Christian zu Unrecht wegen eines von ihr nicht begangenen Mordes hat festnehmen lassen, durchlebt die junge Frau einen Realität gewordenen Albtraum. Diesem Albtraum können nur Sie ein Ende setzen. Angel Christian ist nicht schuldig. Sie hat diese schreckliche Tat nicht begangen.«
Ich hielt kurz inne und sah wieder jeden einzelnen Geschworenen an. Ich wollte unbedingt, dass sich ihnen meine Worte tief einprägten.
»Alle an diesem Verfahren Beteiligten tun nur ihre Pflicht«, sagte ich. »Der Richter, die Staatsanwaltschaft, der Verteidiger, die Zeugen, jeder Einzelne. Ihre Aufgabe ist es, die Wahrheit festzustellen, und, nachdem jeder von Ihnen das für sich selbst nach bestem Wissen und Gewissen getan hat, ein Urteil zu fällen. Dabei können Sie in diesem Verfahren nur zu dem Urteil nicht schuldig gelangen. In diesem Verfahren geht es um die Todesstrafe. Ein Mann ist ermordet worden, und der Mörder sollte dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Aber niemand von uns möchte, dass ein unschuldiger Mensch für die Tat bestraft wird, und die schöne junge Frau, die dort drüben sitzt, ist nicht schuldig.«
24. Juli
14:15 Uhr
»Rufen Sie Ihren ersten Zeugen auf«, sagte Richter Green.
Martin rief Dennis Hall, den Geschäftsführer des Budget Inn, in den Zeugenstand. Hall berichtete den Geschworenen, dass Reverend Tester am Spätnachmittag des elften April in seinem Motel eingecheckt und ihm erzählt hatte, dass er nach Johnson City gekommen war, um abends in der Kirche eines Freundes in einem Erweckungsgottesdienst die Predigt zu halten. Dann hatte Tester noch gefragt, wo er einen guten Burger essen könne. Am nächsten Tag war ein Zimmermädchen eine Stunde nach der vorgeschriebenen Abreisezeit zu Hall gekommen, weil das »Bitte nicht stören«-Schild noch draußen an Testers Tür hing. Hall hatte daraufhin die Tür zu dem Zimmer geöffnet, dort ein Blutbad vorgefunden und sofort die Polizei benachrichtigt.
Als Martin mit der Befragung fertig war, stand ich auf und zupfte meine Krawatte zurecht.
»Mr Hall, haben Sie Reverend Tester an dem Tag noch mal gesehen, nachdem er weggegangen war, um das von Ihnen empfohlene Restaurant – ich glaube, es war das Purple Pig – aufzusuchen?«
»Nein, Sir. Ich hatte an dem Tag um sieben Uhr abends Feierabend und bin nach Hause gefahren.«
Ich legte Angel die Hand auf die Schulter. »Haben Sie diese junge Dame vorher schon mal gesehen?«
»Nein. Ich würde mich sonst sicher an sie erinnern.«
»Vielen Dank.«
»Sie sind entlassen«, sagte Richter Green. »Der nächste Zeuge bitte.«
Martin rief Sheila Hunt auf, die Motelangestellte, die in der Mordnacht im Budget Inn gearbeitet hatte. Die Frau berichtete, dass gegen Mitternacht zuerst Testers Pick-up und danach eine rote Corvette draußen vorgefahren war. Dann war eine Frau aus der Corvette gestiegen und hinter Tester die Treppe hinaufgegangen. Martin fragte gar nicht erst, ob die Zeugin die Frau näher beschreiben könne.
»Ms Hunt«, sagte ich, als ich an der Reihe war, »in der Nacht, als Sie Mr Tester bei seiner Rückkehr in das Motel gesehen haben, hat es da geregnet?«
»Ja, das hat es.«
»Hat es stark geregnet?«
»Ja.«
»War der Regen so stark, dass Sie dadurch in Ihrer Sicht behindert waren?«
»Ja, das war er. Allerdings habe ich ohnehin nicht so genau hingesehen, weil ich gerade die Tonight Show geschaut habe.«
»Sie haben bei der Polizei ausgesagt, dass die Person, die Sie gesehen haben, eine Art Cape oder einen Mantel angehabt hat. Ist das richtig?«
»Ja, das ist richtig – mit einer Kapuze. Ich musste gleich an Rotkäppchen denken, nur dass der Umhang nicht rot war, glaube ich.«
»Das heißt, Sie würden die Person nicht wiedererkennen?«
»Nein, tut mir leid.«
»Das braucht Ihnen nicht leidzutun. Aber Sie können uns doch sicher sagen, ob die Person jung oder schon älter war?«
»Nein, das kann ich nicht.«
»Klein oder groß? Schlank oder eher füllig?«
»Keine Ahnung.«
»Können Sie uns denn sagen, ob die Person schwarz oder weiß, braun oder gelb oder rot war?«
»Ich glaube nicht, dass sie schwarz war«, sagte sie. »Aber das ist auch schon alles, was ich sagen kann.«
»Sie können nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob es eine Frau war, habe ich recht?«
»Ich glaube, es war eine Frau.«
»Aber absolut sicher sind Sie nicht?«
»Mit letzter Gewissheit kann ich das nicht
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