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Engelsrache: Thriller

Engelsrache: Thriller

Titel: Engelsrache: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Pratt , Christian Quatmann
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Lächeln erlosch.
    »Süßer, hab ich Ihnen eigentlich schon erzählt, dass mein verstorbener Mann, möge er in Frieden ruhen, früher mal in McNairy County Sheriff gewesen ist? Bevor er in den Ruhestand getreten ist, war ich dort ein Jahr seine persönliche Sekretärin. Im folgenden Jahr haben wir dann geheiratet. Das ist zwar alles schon eine ganze Weile her, aber ein paar gesetzliche Bestimmungen habe ich noch im Kopf. Ich möchte Sie natürlich nicht brüskieren, aber wenn Sie mir nicht eine entsprechende richterliche Vollmacht vorlegen oder mich verhaften, muss ich, glaube ich, nicht mal mit Ihnen reden. Bisher habe ich versucht, nett zu Ihnen zu sein, aber Sie scheinen ja darauf zu bestehen, dass ich mich irgendwie schuldig gemacht habe. Wissen Sie, was? Ich glaube, ich gehe jetzt einfach in meinen Club und erledige dort meine Arbeit. Und Ihnen wünsche ich noch einen wunderschönen Tag.«
    Sie drehte sich um und ging mit wiegenden Hüften zum Eingang ihres Clubs. Landers blickte ihr ein paar Sekunden hinterher. Dann wandte er sich ebenfalls zum Gehen und marschierte zu seinem Auto.
    Die meisten Leute werden ganz zahm, wenn sie es mit einem TBI-Beamten zu tun bekommen, und fast alle verhalten sich ausgesprochen kooperativ, es sei denn, dass sie etwas zu verbergen haben. Diese Frau hatte etwas zu verbergen. Landers beschloss, ihr mit der Taschenlampe so lange unter den Rock zu leuchten, bis er wusste, was das war.
    12. April
    12:10 Uhr
    Sobald man Johnny Wayne abgeführt hatte, stattete ich meiner Mutter einen Besuch ab. Es war um die Mittagszeit, und auf dem Korridor des Pflegeheims kam mir eine ganze Rollstuhlarmada entgegen. Ich klopfte leise an die Tür und trat ein. Sie war wach. Anscheinend war sie immer wach. Die Ärzte hatten mir erzählt, dass Menschen, die im fortgeschrittenen Stadium unter Alzheimer leiden, nicht mehr wie gewohnt schlafen können. Sie saß aufrecht im Bett und schaute sich gerade die Sendung Sportscenter an. Die Baseball-Saison hatte inzwischen begonnen, und ihre geliebten Atlanta Braves waren wieder in Aktion.
    »Hallo, Ma. Wie geht es dir heute?«
    »Als ob ich unter einen Zug gekommen wäre.«
    »Jedenfalls bist du klar im Kopf.«
    Die Krankheit ging ihren unerbittlichen Gang. Wenn ich sie besuchte, sagte sie mal: »Hallo, Joe«, und wir unterhielten uns ein bisschen, während sie am nächsten Tag nicht einmal mehr meinen Namen wusste. Es war schmerzlich, ihren Verfall mit anzusehen. Sie war erst sechzig Jahre alt, und sie war immer stark und vital gewesen. Aber die Spannkraft ihrer fahlen Haut war völlig dahin. Sie wog nur noch vierzig Kilo und wirkte mindestens fünf Zentimeter kleiner als früher. Sie hatte hohle Wangen, ihre hellbraunen Augen waren glanzlos, und ihr Haar war grau und strähnig. Ihre Zähne lagen in einem Glas auf dem Nachttisch. Ich setzte mich auf den Stuhl neben ihrem Bett und musste plötzlich daran denken, dass man schon bald gar nicht mehr mit ihr würde reden können.
    Meine Mutter war Jahrgang 1947 und stammte aus der kleinen Stadt Erwin in Tennessee, die sich, nicht weit von der Grenze nach North Carolina entfernt, inmitten des Cherokee-Nationalforsts zwischen die Appalachen schmiegt. Sie verliebte sich in einen Football-Star aus Johnson City, einer Stadt ganz in der Nähe, und heiratete ihn 1964, einen Monat, nachdem die beiden die Highschool beendet hatten. 1966 kam Sarah zur Welt, ich selbst 1967. Doch zu diesem Zeitpunkt war mein Vater bereits in Vietnam. Ich habe meinen Vater nie mit eigenen Augen gesehen. Er wurde etwa zum Zeitpunkt meiner Geburt in einem Leichensack wieder nach Hause gebracht. Unsere Mutter sorgte, so gut sie konnte, für meine Schwester und mich, erledigte für eine kleine Dachdeckerfirma die Buchhaltung und übernahm es, bei uns zu Hause die Wäsche anderer Leute zu waschen. Sie sprach nicht viel, und wenn sie doch einmal etwas sagte, handelte es sich meist um eine Tirade gegen Lyndon Johnson oder Richard Nixon. Sie ließ sich nie mehr auf einen anderen Mann ein und verbrachte die meiste Zeit zu Hause. Von mir hatte sie lediglich immer wieder verlangt: »Sorge dafür, dass was Anständiges aus dir wird.«
    »Sarah kommt heute aus dem Gefängnis«, sagte ich. »Ich hoffe, dass sie eine Zeit lang bei uns wohnen wird. Caroline ist heute Vormittag hingefahren, um mit ihr darüber zu sprechen.«
    Sobald Sarahs Name fiel, senkte sich ihr Blick, und sie schüttelte immer wieder den Kopf. »Mein eigen Fleisch und Blut im Gefängnis«,

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