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Engelsrache: Thriller

Engelsrache: Thriller

Titel: Engelsrache: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Pratt , Christian Quatmann
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Rechtsbeistand‹ auf das Kuvert und markiere den Vermerk mit Bonnies Initialen. Wenn ein solcher Brief bei Ihnen eintrifft, brauchen Sie ihr bloß Bescheid zu geben, damit sie den Brief bei Ihnen abholt. Ich gebe Ihnen ihre Telefonnummer und Adresse.«
    Ich dachte kurz nach. Es ging ihm offenbar einzig darum, Liebesbriefe zu schreiben, ohne sich dem Risiko späterer Demütigungen auszusetzen. Doch dann fiel mir wieder ein, mit wem ich es zu tun hatte.
    »Tut mir leid, Maynard, geht leider nicht.«
    »Wieso nicht?«
    »Weil das wahrscheinlich illegal wäre, und ich möchte nicht gerne hinter Gittern landen. Wenn die Sache auffliegt, lande ich nämlich im Knast.«
    »Können Sie denn wenigstens dafür sorgen, dass sie mich besuchen darf?«
    Ich hatte schon für viele Häftlinge eine Besuchserlaubnis erwirkt. Deshalb erschien mir sein Wunsch nicht abwegig.
    »Ja, das kann ich versuchen. Setzen Sie die Frau einfach auf die Liste Ihrer Besucher.«
    »Wissen Sie, was, Dillard?«, sagte er. »Als ich Sie zum ersten Mal gesehen habe, konnte ich Sie nicht leiden. Ich dachte, dass Sie genauso ein Dummschwätzer sind wie alle Anwälte. Aber immerhin tun Sie Ihr Bestes. Sie sind ziemlich regelmäßig hier aufgekreuzt, um mit mir zu sprechen, und Sie waren immer ehrlich mit mir. Das soll jetzt kein Heiratsantrag sein oder so was. Aber Sie sind echt ein anständiger Bursche.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Da saß dieser bösartige, grausame, gnadenlose Mörder vor mir und versuchte, mich davon zu überzeugen, dass er mich gut leiden konnte, und ich überlegte, wieso.
    »Darf ich Sie was fragen?«, sagte er schließlich.
    »Klar.«
    »Wie sind Sie eigentlich zu dieser Arbeit gekommen, Dillard? Sieht nicht so aus, als ob Sie besonders viel Spaß daran hätten. Wie kommen Sie dazu, Leute wie mich zu verteidigen?«
    Die Frage überraschte mich, und ich ließ mich auf meinem Stuhl zurücksinken. Ich wollte mit ihm weder über meine Motive sprechen noch darüber, dass ich demnächst aufzuhören gedachte.
    »Wieso interessiert Sie das?«, fragte ich.
    »Ach, hören Sie doch auf, Dillard. Wieso vertreten Sie immer wieder Mandanten, die mit der Todesstrafe bedroht sind?«
    »Die meisten dieser Fälle werden mir von den Gerichten zugewiesen. Aber wenn Sie es unbedingt wissen wollen, Maynard, ich habe in diesem Punkt eine ganz einfache Philosophie. Ich finde es einfach nicht richtig, wenn ein Staat Gesetze erlässt, die es seinen Bürgern verbieten, sich gegenseitig umzubringen, während er selbst sich die Freiheit nimmt, seine Bürger ins Jenseits zu befördern. Das finde ich ziemlich verlogen.«
    Maynard grinste. »Sie sind nun mal ein unverbesserlicher Gutmensch, Dillard. Ja, das sind Sie.«
    »Schon möglich. So was in der Art.«
    »Dann kümmern Sie sich also um die Besuchserlaubnis?«, fragte er, als ich nichts mehr sagte.
    »Ja, mache ich, Maynard.«
    Ich dachte, das sei das Mindeste, was ich für einen Menschen tun konnte, der schon bald im Namen des Gesetzes umgebracht werden sollte.
    16. Juni
    21:15 Uhr
    Es war schon nach neun, als ich mit Maynard fertig war. Draußen wurde es gerade dunkel, doch der Abend war so klar, dass ich auf dem Weg zum Auto trotz der Parkplatzbeleuchtung die Sterne am Himmel sehen konnte. Ich war müde und wollte schnell nach Hause, deshalb entschied ich mich für eine Abkürzung, eine kleine Straße, die direkt am Boone Lake entlangführte. Während ich mit heruntergelassenen Fenstern so durch die Nacht fuhr, dachte ich daran, wie es Angel im Gefängnis ergehen mochte. Sie war dort mit Frauen eingesperrt, die gemordet, Kinder geschändet, Drogen genommen und verkauft, die gestohlen und betrogen oder sich als Prostituierte angeboten hatten. Nicht viel anders erging es natürlich Sarah, doch Sarah war aus härterem Holz geschnitzt. Eine unglaublich schwierige Situation für ein junges Mädchen. Ich versuchte, mir vorzustellen, wie es sein mochte, fast den ganzen Tag eingesperrt zu sein und sich in der übrigen Zeit mit den anderen Frauen herumscheuchen lassen zu müssen. Wie mochte man sich fühlen, wenn man von den Aufseherinnen und den Mitgefangenen verhöhnt und schikaniert wurde, wenn man ständig körperlichen Erniedrigungen ausgesetzt war und sich nie zurückziehen konnte?
    Ich hatte ungefähr die halbe Strecke hinter mir, als in meinem Rückspiegel Scheinwerfer auftauchten, die rasch näher kamen. Ich wollte schon zur Seite fahren, um das andere Fahrzeug, das es offenbar sehr eilig hatte,

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