Engelsrache: Thriller
Wange und klimperte ein paar Mal mit den Wimpern.
»Ich bin gegen eine Tür gelaufen.«
»Wann?«
»Am nächsten Tag, glaube ich.«
»Wo?«
»Im Club. Ich wollte durch eine Tür gehen. Im selben Augenblick hat jemand die Tür von der anderen Seite aufgestoßen.«
»Erlene hat gesagt, dass Sie nach Testers Ermordung nicht mehr im Club gewesen sind.«
»Ach so? Dann muss es einen Tag früher gewesen sein.«
»Das heißt an dem Tag, an dem Tester umgebracht worden ist?«
Sie nickte.
»Sind Sie sicher?«
»Hm … also …«
»Und wer ist Ihnen in der Tür entgegengekommen?«
»Weiß ich nicht mehr genau.«
»Sie wissen nicht mehr, wer Ihnen eine Tür so kräftig ins Gesicht geschlagen hat, dass Sie sich einen Bluterguss zugezogen haben?«
»Ach ja, das war Heather. Jetzt fällt es mir wieder ein.«
Auf ihrer Stirn erschienen kleine Schweißperlen. Deshalb beschloss ich, es etwas ruhiger angehen zu lassen. Ich hatte gewisse Zweifel daran, ob Heather Angels Aussage bestätigen würde. Deshalb wollte ich für alle Fälle noch mal Diane Frye zu dem Mädchen schicken und machte mir eine entsprechende Notiz. Angel saß verlegen da und hatte ihre Arme auf den Tisch gelegt. Mir fiel auf, dass die Haut an ihren Händen etwas heller war als weiter oben an ihren Armen. Nur um eine Nuance zwar, aber trotzdem deutlich sichtbar. Hatte Erlene nicht gesagt, dass ich mit Angel über ihre Hände sprechen sollte? Ich berührte sie ganz sanft am Handrücken.
»Haben Sie sich mal die Hände verletzt?«, fragte ich.
»Ja, ich habe sie mir mal verbrannt, als ich noch klein war.« Sie sprach fast tonlos und sah mich ausdruckslos an.
»Und wie ist das passiert?«
»Ich habe damals für meine Brüder und Schwestern Haferschleim gekocht.« Sie legte eine lange Pause ein. »Dabei ist mir … der Löffel in den Topf gefallen … aus Versehen.« Wieder hielt sie inne.
»Und?«, sagte ich.
»Mutter Betty hat mich gezwungen, den Löffel mit den bloßen Händen aus dem kochenden Brei herauszuholen.«
»Um Gottes willen, Angel. Deswegen sehen Ihre Hände heute so aus?«
Sie nickte.
»Wie alt waren Sie damals?«
»Weiß ich nicht mehr genau. Vielleicht fünf – oder sechs.«
Ich war fassungslos. Ich sah plötzlich eine große Halle in einem ausgebrannten Gebäude vor mir, in der Angel mutterseelenallein umherirrte. Sie war plötzlich ganz weit weg, in ihrer Einsamkeit gefangen.
»Und Ihr Stiefvater? Hat der Sie etwa auch so schlecht behandelt?«
Wieder nickte sie.
»Wollen Sie mit mir darüber sprechen?«
In ihre Augen traten Tränen. Sie gab keine Antwort. Musste sie auch nicht.
»Ist das häufig passiert?«
Wieder nickte sie, und über ihre Wange lief eine Träne hinunter.
»Angel, gibt es da etwas, was Sie mir verschweigen?«
Sie wollte schon anfangen zu sprechen, überlegte es sich dann jedoch anders. Ich spürte ganz deutlich, dass ich verzweifelt an einem Seil zog, und am anderem Ende dieses Seils stemmte sich mir jemand entgegen. Erlene, nahm ich an. Angel brach in Tränen aus, stand auf und lehnte sich gegen den Tisch. Ihre Schultern fingen an zu beben, und ihre Mundwinkel zuckten immer heftiger. Dann begann sie laut zu schluchzen und bekam einen hysterischen Anfall.
»Bitte«, sagte ich, als sie kurz aufhörte zu schluchzen. »Bitte beruhigen Sie sich wieder, Angel. Ich möchte doch nur, dass Sie mir die Wahrheit sagen.«
Als ich ihren Blick sah, wusste ich, dass ich zu weit gegangen war. Ich sah, wie sie tief Luft holte.
»Warum glauben Sie mir denn nicht?«, kreischte sie. »Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass ich den Mann nicht umgebracht habe! Warum stellen Sie mir diese ganzen Fragen? Ich habe gedacht, dass Sie auf meiner Seite stehen! Ich habe gedacht, Sie sind mein Freund!«
Dann drehte sie sich um und hämmerte mit der Faust gegen die Tür.
»Warten Sie, bitte. Bitte beruhigen Sie sich doch, Angel. Natürlich bin ich auf Ihrer Seite.« Ich stand vom Tisch auf und wollte sie am Arm berühren.
»Rühren Sie mich nicht an! Lassen Sie mich gefälligst in Ruhe!«
Die Tür ging auf, und sie wäre fast einem der Aufseher in die Arme gefallen. Ich wollte ihr schon folgen, als der andere Aufseher mir den ausgestreckten Finger gegen die Brust drückte.
»Stehen bleiben!«, sagte er, und es war zu erkennen, dass er das völlig ernst meinte. Der Mann war bewaffnet und schien entschlossen, alles zu tun, um diese Gefangene zu schützen.
Ich hob die Hände und ging rückwärts wieder in das
Weitere Kostenlose Bücher