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Engelsrache: Thriller

Engelsrache: Thriller

Titel: Engelsrache: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Pratt , Christian Quatmann
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auch nicht gehabt. Also hatte er Onkel Gus angerufen, der dem Jungen aus alter Verbundenheit angeboten hatte, in seinem Club zu arbeiten. Als Ronnie dann erschienen war, hatte Gus ihm einen Stuhl hingestellt und zu ihm gesagt: »Wenn du gut aufpasst und fleißig bist, kannst du bei mir gutes Geld verdienen. Aber wehe, du versuchst, mich übers Ohr zu hauen.« Das hatte Gus gesagt.
    Eines musste Erlene zugeben: Ronnie hatte seine Chance sofort ergriffen. Zuerst hatte Gus ihm beigebracht, dass ein Mensch, der andere mit Koks versorgt, selbst die Hände von dem Zeug lassen muss. In jüngeren Jahren hatte Ronnie nämlich so viel Stoff durch die Nase gezogen und geraucht, dass er jede Menge dummes Zeug angestellt hatte. Deshalb hatte Gus ihm gedroht, ihn sofort rauszuwerfen, falls ihm je zu Ohren kommen sollte, dass sein Neffe sich selbst mit Koks zudröhnte. Das Gleiche hatte er Ronnie für den Fall angedroht, dass der ihn je bestehlen sollte. Ronnie war unter anderem wegen Diebstahls im Knast gewesen. Deshalb hatte Gus zu ihm gesagt: »Wenn du mich auch nur um zehn Cent bescheißt, ist es aus. Verstanden!«
    Und dann hatte Ronnie in Gus’ Club angefangen. Er kümmerte sich dort um die Bar und verkaufte Koks. Im ersten Jahr behielt Gus ihn genau im Auge, aber der Junge machte einen erstklassigen Job. Deshalb überließ Gus ihm schon bald die Abwicklung des gesamten Drogengeschäfts. Irgendwann hatte Gus dem Jungen sogar die Erledigung heikler Aufgaben anvertraut. Auch auf diesem Feld bewährte sich Ronnie prächtig. Das hatte Gus Erlene selbst erzählt. Wenn es sein musste, konnte der Junge nämlich ganz schön unangenehm werden.
    Besonders erfreulich war, dass Ronnie immer korrekt abrechnete. Erlene war deshalb richtig stolz auf den Jungen. Zu Gus’ Lebzeiten hatte sie diese Ehrlichkeit jedoch vor allem auf Ronnies Angst vor seinem Onkel Gus zurückgeführt. Onkel Gus hätte seinen Neffen nämlich auf der Stelle umgebracht, wenn Ronnie ihn hintergangen hätte. Wenn es um Geld ging, hatte Gus überhaupt keinen Spaß verstanden.
    Als Gus gestorben war, hatte Ronnie Erlene gefragt, ob er das Geschäft wie bisher weiterführen sollte. Erlene dachte an das viele Geld, das Gus mit dem Kokshandel verdient hatte, und sagte: »Aber sicher doch, Süßer. Ich müsste ja völlig blöde sein, wenn ich das Geschäft jetzt aufgeben würde.« Seither überreichte Ronnie Erlene jeden Abend einen Haufen Bargeld. Ronnie war immer ein guter Junge gewesen, deshalb fühlte sich Erlene für ihn verantwortlich. »Weißt du, was?«, sagte Erlene. »Am besten, du machst einfach weiter und tust genau das, was Gus von dir erwartet hätte. Ich muss ja nicht unbedingt alles wissen.«
    »Klingt gut«, entgegnete er.
    »Ach, wie schön«, sagte Erlene. »Da wir gerade beim Thema sind. Ich habe da noch ein anderes kleines Problem, das du für mich lösen musst.«
    Es gab noch ein Mädchen, das einer gewissen Zuwendung bedurfte, und Ronnie war dafür genau der richtige Mann.
    1. Juli
    10:10 Uhr
    Eines Tages hatte Maynard aus heiterem Himmel einen Brief von einer gewissen Bonnie Tate erhalten. Wahrscheinlich eine voll durchgeknallte Braut, die auf Mörder stand. Da er nichts Besseres zu tun hatte, schrieb er zurück. Auch wenn er vom Schreiben nicht viel verstand – egal. Und dann bekam er wieder einen Brief von ihr und schrieb zurück, und ehe er sichs versah, schrieben sie sich alle paar Tage. Maynard überschüttete Bonnie mit schwülstigen Ergüssen und bezirzte sie nach allen Regeln der Kunst. Am Anfang machte er sich bloß einen Spaß daraus, doch dann hatte er eine glänzende Idee. Schwer zu sagen, ob es realistisch war, was er sich da ausgedacht hatte, aber den verdammten Versuch war es wert.
    Also überredete er seinen Anwalt Joe Dillard – den er nicht ausstehen konnte –, ihm eine Besuchserlaubnis für Bonnie Tate zu beschaffen. Dann fing er an, Tate persönlich zu bearbeiten. Er erzählte ihr einen Haufen Scheiße, bis sie vor lauter Rührung total fertig war. Er jammerte über seine Einsamkeit und erzählte ihr, dass er alles für ein bisschen Liebe und Freundschaft geben würde. Eine glatte Lüge. Maynard hatte keine Freunde, und er brauchte auch keine Freunde. Am Ende hatten sie ihn doch nur alle beschissen und damit ihr eigenes Ende besiegelt. Ob er einen Menschen abknallte oder einen Hund oder ein Kaninchen, das war Maynard ziemlich egal.
    Als er merkte, dass Bonnie Tate voll auf sein Liebes- und Freundschaftsgesülze abfuhr, legte

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