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Engelsrache: Thriller

Engelsrache: Thriller

Titel: Engelsrache: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Pratt , Christian Quatmann
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sagte Richter Glass. »Wenn Ihnen diese junge Dame völlig unbekannt wäre und den Wagen Ihrer Tochter und ein kostbares Schmuckstück Ihrer Frau gestohlen hätte, würden Sie mich dann ebenfalls darum ersuchen, lediglich eine geringe Strafe gegen sie zu verhängen? Vor allem bei ihrem Vorstrafenregister. Sagen Sie zur Abwechslung mal die Wahrheit.«
    »Diese Dame dort ist mir nun mal nicht unbekannt. Deshalb erübrigt sich die Frage«, sagte ich. »Im Übrigen sage ich in diesem Gerichtssaal stets die Wahrheit. Nur dass Sie die Wahrheit gelegentlich nicht gerne hören.«
    »Nehmen Sie sich zusammen, Mr Dillard, sonst belange ich Sie wirklich wegen Missachtung des Gerichts.« Er sprach jetzt mit bebender Stimme, ein sicheres Zeichen dafür, dass er in seiner Wut einer vernünftigen Argumentation nicht mehr zugänglich war.
    »Mein Ton ist gewiss nicht unhöflicher als der Ihre, Herr Richter«, sagte ich. »Ich war der Meinung, dass in dieser Verhandlung das Geständnis meiner Schwester im Mittelpunkt steht. Oder geht es hier vielleicht um etwas anderes? Wenn es nämlich um die persönliche Abneigung geht, die Sie mir entgegenbringen, dann sollten Sie diesen Fall vielleicht wegen Befangenheit abgeben und es einem unparteiischen Gericht überlassen, ein Strafmaß für meine Schwester festzusetzen.«
    Glass war ein Tyrann und reagierte wie alle Tyrannen wütend und verwirrt, wenn jemand ihm Paroli bot. Natürlich stand es in seiner Macht, mich ins Gefängnis zu bringen, aber ich wusste, dass ich nichts getan hatte, was eine solche Strafe verdiente hätte. Wenn er mich festnehmen ließ, würde ich ihn vor dem Berufungsgericht umso mehr in Verlegenheit bringen.
    »Nehmen Sie sich nicht so wichtig«, sagte er. »Ich reserviere meine persönliche Abneigung für bedeutende Menschen, eine Kategorie, in die Sie ganz sicher nicht gehören.«
    »Gut. Dann kommen wir doch wieder zur Sache«, sagte ich.
    »Ich bin nicht bereit, diese Vereinbarung zu akzeptieren«, sagte Glass. »Entweder lässt sich Ihre Schwester auf zwei Haftstrafen à drei Jahre oder eine Gesamtstrafe von sechs Jahren ein, oder aber sie lässt es auf ein Hauptverfahren ankommen. Diesen Gerichtssaal verlässt sie jedenfalls nicht mit einer Strafe unter sechs Jahren.«
    »Warum?«, fragte ich. Ich wusste, dass die meisten Richter dieses einfache Wort aus fünf Buchstaben gar nicht leiden konnten. Sie glaubten nämlich, dass sie niemandem Rechenschaft schuldig seien, schließlich waren sie Richter. Sie trugen eine Robe, und diese Robe gab ihnen die Macht, genau das zu tun, wozu sie gerade Lust hatten.
    »Warum, Mr Dillard? Weil ich es sage. Weil Ihre Schwester Abschaum ist. Sie arbeitet nicht, sie zahlt keine Steuern. Sie inhaliert Drogen wie ein Staubsauger, und sie ist eine Diebin. Sie ist eine Belastung für die Gesellschaft, und sie gehört ins Gefängnis. Wenn Sie Ihre Schwester vor dem Gefängnis hätten bewahren wollen, dann hätten Sie gar nicht erst zur Polizei gehen dürfen. Oder haben Sie die Polizei etwa nicht angerufen?«
    Auch wenn es mir sehr schwerfiel, es zuzugeben, aber in diesem Punkt hatte der Mann recht. Schon als ich den Telefonhörer in die Hand genommen hatte, war ich mir darüber im Klaren gewesen, dass ich Sarah der Gefahr aussetzte, für lange Zeit im Gefängnis zu verschwinden. Verdammt noch mal, ich hatte mir sogar gewünscht, dass sie in den Knast ging. Aber meine Wut hatte sich inzwischen gelegt, und ich war zu der Überzeugung gelangt, dass das Strafmaß, auf das sie sich mit der Staatsanwaltschaft geeinigt hatte, mehr als genug war.
    »Was ist los, Mr Dillard?«, sagte Glass. »Haben Sie Ihre Stimme verloren?«
    »Das müssen Sie mit der Staatsanwaltschaft und mit dem Verteidiger meiner Schwester klären«, sagte ich. »Ich gehe jetzt.«
    »Dann noch einen schönen Tag«, sagte Glass.
    Ich drehte mich um und ging wütend und beschämt zur Tür hinaus. Eine Stunde später rief ich Lisa Mays an. Sie erzählte mir, dass der Pflichtverteidiger Sarah beiseite genommen und ihr erklärt hatte, dass Richter Glass sie wahrscheinlich zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilen würde, wenn sie es auf einen Prozess ankommen lassen sollte.
    »Sie hat sich auf die sechs Jahre eingelassen«, sagte Mays. »Und dann hat der Richter eigens noch mal hervorgehoben, dass schließlich Sie die Polizei gerufen haben. Ihre Schwester ist zwar sauer auf ihn, aber richtig wütend ist sie auf Sie.«
    5. Juli
    8:20 Uhr
    Ich saß mit Thomas Walker II., dem

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