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Engelsrache: Thriller

Engelsrache: Thriller

Titel: Engelsrache: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Pratt , Christian Quatmann
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das Tier erwähnte, liefen ihr Tränen die Wangen hinunter, und ihre harte Stimme bekam plötzlich einen fast zärtlichen Tonfall. Eines Tages war der vierzehnjährige Maynard spätabends voll zugedröhnt nach Hause gekommen und hatte sich auf das Sofa gesetzt. Als seine Mutter zu ihm gegangen war, um ein bisschen mit ihm zu reden, hatte er nur dummes, aggressives Zeug gestammelt, und sie wollte schon wieder in Bett gehen. Dann war der alte Köter auf die Couch gesprungen und hatte Maynard das Gesicht abgeschleckt. Daraufhin hatte Maynard das Tier am Nackenfell hochgehoben, den winselnden Hund in den Hof getragen, dort eine Pistole aus dem Gürtel gezogen und dem armen Köter eine Kugel in den Kopf geschossen.
    Als Maynard am nächsten Morgen wieder halbwegs bei Verstand gewesen war, hatte seine Mutter zu ihm gesagt: »Entweder du verschwindest, oder du gehst in den Knast.« Ihr Sohn befand sich damals nur zur Bewährung auf freiem Fuß, deshalb wussten beide, dass man ihn in eine Jugendstrafanstalt stecken würde, falls seine Mutter ihn bei der Polizei anzeigen sollte. Maynard entschied sich dafür abzuhauen. Was seiner Mutter eigentlich sehr gelegen kam, weil sie Angst gehabt hatte, dass man ihr die Sozialhilfe kürzen würde, wenn ihr Sohn in den Knast ging. Maynard hatte ein paar Sachen in einem alten Rucksack verstaut und war nachmittags um drei Uhr zu einigen Kumpels in den Wagen gestiegen. Seither hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Als ich mit ihr gesprochen hatte, war sie noch immer total sauer auf ihn, weil er ihren Hund umgebracht hatte.
    Ungefähr sechs Stunden, nachdem Maynard verhaftet und wieder eingesperrt worden war, rief mich Richter Glass im Büro an.
    »Da ich das Verfahren so bald wie möglich fortsetzen möchte«, sagte er, »können Sie Maynard auch gleich wegen der Verbrechen verteidigen, die er heute begangen hat. Als da wären: Flucht aus der Haft und vier besonders heimtückische Morde. Oder passt Ihnen das nicht?«
    Ob mir das passte? Eine blödere Frage hatte ich noch nie gehört. Das Verfahren gegen Angel nahm mich sehr in Anspruch, ich war ständig auf der Hut vor Tester junior, meine Mutter lag im Sterben, meine Schwester saß im Knast, und ich fühlte mich zumindest teilweise für Davids und Darrens Tod verantwortlich. Außerdem wusste ich: Wenn ich Maynard jetzt noch verteidigte, nachdem er gerade zwei allgemein sehr beliebte Hilfssheriffs umgebracht hatte, war ich in Johnson County endgültig erledigt. Außerdem musste ich mich unter diesen Umständen mindestens noch zwei Jahre länger als Anwalt herumquälen. Ob mir das passte?
    »Herr Richter, ich habe Ihnen doch bereits gesagt, dass ich keine Pflichtmandate mehr übernehmen möchte. Ich will in Zukunft nämlich nicht mehr als Strafverteidiger arbeiten.«
    »Jeder von uns hat seine Probleme, Mr Dillard«, sagte er. »Mein Hauptproblem besteht derzeit darin, dass ich über dieses Monster zu Gericht sitzen muss. Sie vertreten die Bestie ohnehin schon in zwei Mordfällen, auf einen Mord mehr oder weniger kommt es da doch gar nicht mehr an. Am besten, Sie machen das alles in einem Aufwasch, damit es möglichst bald vorbei ist.«
    »Sie haben mich offenbar nicht richtig verstanden, Herr Richter.«
    »Die gesetzlichen Bestimmungen erlauben es mir, Sie zum Pflichtverteidiger zu ernennen. Wenn Sie sich weigern, das Mandat anzunehmen, kann ich Sie sogar wegen Missachtung des Gerichts belangen. Das heißt: Entweder Sie verhalten sich wie ein Profi, oder ich verurteile Sie wegen Missachtung des Gerichts und schicke Sie in den Knast.«
    »Und wo wird er festgehalten?«, fragte ich. Glass hatte mich an den Eiern, und das wusste er ganz genau.
    »Meines Wissens sitzt er im Hochsicherheitstrakt des Northeast Correctional Center. Wir müssen innerhalb der nächsten zweiundsiebzig Stunden Anklage gegen ihn erheben. Es sei denn, er verzichtet auf die Einhaltung der vorgeschriebenen Frist. Glauben Sie, dass Sie ihn dazu bringen können?«
    »Keine Ahnung. Muss ich ihn zuerst fragen.«
    »Fahren Sie am Freitag zu ihm.«
    »Okay. Gleich nach dem Trauergottesdienst besuche ich ihn.«
    Der kräftige junge Aufseher, der von zwei jungen Kollegen begleitet wurde, führte Maynard Bush in den Raum. Maynard sah mich mit einem höhnischen Grinsen an. Sein Gesicht und seine Arme waren von grünen und blauen Flecken übersät. Offenbar hatten die Polizisten ihn kräftig verdroschen. Die Aufseher setzten ihn auf der anderen Seite des Raums auf einen Stuhl. Da es

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