Engelsrache: Thriller
Glauben Sie etwa, dass die mich am Leben lassen?«
»Sie befinden sich hier in einem Hochsicherheitstrakt, falls Ihnen das entgangen sein sollte. Hier kann Ihnen doch niemand etwas tun.«
»O doch, die Aufseher durchaus. Die nächste Woche überlebe ich nicht. Aber das ist schon in Ordnung so. Ich habe mein Leben gelebt, und jetzt kommt die Rache.«
Ich ging zur Tür und machte sie auf. Die drei kräftigen jungen Männer kamen herein. Sie führten Maynard ab, und ich trat wieder meinen Spießrutenlauf an und wurde aus den Zellen wüst beschimpft. Als ich den Hochsicherheitstrakt schließlich hinter mir hatte, fiel mir wieder ein, was Maynard gesagt hatte. Die Wahrscheinlichkeit, dass der eine oder andere Freund oder Verwandte von Darren und David Bowers in dem Gefängnis arbeitete, war ziemlich hoch. Ich überlegte kurz, ob ich den Antrag stellen sollte, Maynard zu seiner eigenen Sicherheit in ein anderes County zu verlegen. Dann fiel mir ein, dass ich mit einem solchen Antrag den Aufsehern im Northeast Correctional Center die Absicht unterstellte, Maynard umzubringen. Ich malte mir aus, wie Richter Glass wohl auf einen solchen Antrag reagieren mochte. Der Mann würde mich sofort in den Knast werfen.
Maynard musste selbst sehen, wie er zurechtkam. Ich konnte nichts mehr für ihn tun.
10. Juli
9:45 Uhr
TBI-Agent Landers warf einen Blick auf sein quäkendes Handy und beäugte dann die nackte Blondine, die neben ihm lag. Wieder verspürte er dieses Pochen im Kopf. Die Frau war nicht annähernd so jung, wie sie ihm am Abend vorher erschienen war. Wahrscheinlich wegen der schlechten Beleuchtung in der Bar. Vielleicht hatte er aber auch schlicht zu viel Whiskey getrunken.
Er hatte den Rest der Woche frei und wollte eigentlich mit Bull Deakins nach Hotlanta runterfahren, sich dort ein Spiel der Braves anschauen und später im Golden Pony vielleicht ein paar junge Stuten auftun und die Pferdchen ein oder zwei Abende richtig zureiten. Er sah auf dem Display die Nummer der Staatsanwaltschaft. Verdammt. Landers zog der Frau das Bettlaken über den Kopf, um ihr Gesicht nicht länger zu sehen, und nahm den Anruf entgegen.
»Landers.«
»Phil, hier spricht Frankie Martin. Wir haben ein echtes Problem. Die junge Frau, die Angel Christian belastet hat, ist tot.«
Deacon Baker hatte den Angel-Christian-Fall an Martin delegiert, der erst vier Jahre Berufspraxis hatte und noch nie in einem Mordfall die Ermittlungen und die Prozessvorbereitungen geführt hatte. Deacon hatte ihm die Rolle des Sündenbocks zugedacht, auch wenn Martin vielleicht nichts davon ahnte. Wenn die Sache schiefging, konnte der junge Mann gleich einpacken, weil er dann nämlich seinen Job los war.
»Julie Hayes«, sagte Landers. »Und wie?«
»Jemand hat sie gestern Nachmittag in ihrer Wohnung gefunden. Sie ist nicht zur Arbeit erschienen. Deshalb hat Erlene Barlowe einen von ihren Knechten losgeschickt, um nach dem Mädchen zu schauen. Der Mann hat sie tot auf dem Küchenboden gefunden. Der Polizeibeamte, der die Ermittlungen am Tatort leitete, meint, dass vieles für eine Vergiftung spricht. Ich habe die Rechtsmedizin gebeten, rasch eine vorläufige Autopsie vorzunehmen. Diese Autopsie hat ergeben, dass das Mädchen bis obenhin mit Koks und Strychnin abgefüllt war.«
Auf einem Fortbildungsseminar hatte Landers mal davon gehört, dass Kokain häufig mit Strychnin gestreckt wird. Das Verfahren selbst war ziemlich einfach, doch der Stoff ver-ursachte einen qualvollen Tod.
»Schon eine Vermutung, wer dahintersteckt?«, fragte Landers.
»Ja, ich habe da schon einen Verdacht.«
»Sie glauben, dass die Sache auf Erlene Barlowes Konto geht?«
»Genau das. Wer hätte sonst ein Interesse daran, das Mädchen umzubringen?«
»Das heißt, Sie meinen, Erlene hat das Mädchen umgebracht, damit die Kleine vor Gericht nicht gegen Angel aussagt? Ich glaube, da gehen Sie zu weit, Frankie. Warum sollte sie das Risiko eingehen, jemanden zu ermorden, bloß um Angel zu helfen? Als wir sie festgenommen haben, war Angel erst wenige Monate hier in der Gegend. Barlowe kennt sie doch kaum.«
»Apropos. Ich glaube übrigens, dass Barlowe auch diesen Prediger auf dem Gewissen hat.«
»Weshalb sollte sie dann eine Zeugin umbringen, die wir vor Gericht als Belastungszeugin gegen Angel in Stellung bringen wollten? Klingt nicht sehr plausibel. Und sollte Ihnen die Beweislage nicht geläufig sein: Wir haben gegen Angel deutlich mehr in der Hand als gegen Barlowe.« Landers
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