Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engelsstern

Engelsstern

Titel: Engelsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Murgia
Vom Netzwerk:
Kopf Gestalt an, jetzt musste ich schnell handeln. Kein Aufschub war möglich, auch wenn ich wusste, was ich damit meiner Mom antat, die am Morgen in mein Zimmer kommen würde, bevor sie losmusste. Aber ich konnte nicht riskieren, kalte Füße zu bekommen, dafür war mir Garreth viel zu wichtig.
    Mit dem Daumen rieb ich über das winzige Oktagramm, das sich leicht von den anderen Gravierungen auf dem Goldgriff abhob. Es war etwa so groß wie mein Daumennagel und erinnerte entfernt an eine Sonne, weil es glänzte, als würde die Zauberkraft darin durchscheinen. Es stand für meinen Engel, der nach mir rief, meine Sonne, mein Licht. Das Funkeln sagte mir, dass er noch am Leben war, jedoch nicht mehr lange. Hadrian hatte Garreth aus einem einzigen Grund mitgenommen.
    Der Grund war ich.
    Ich konnte ein Zittern nicht unterdrücken, aber der Gedanke an Garreth reichte, um nicht die Kontrolle zu verlieren. Ich betete inständig, dass der Donner nicht meine Mutter wecken würde. Ich betete, dass Gott mir vergeben möge. Mein Plan verstieß gegen alles, was ich als Kind gelernt hatte, aber es gab keinen anderen Weg. Ich wusste nur sehr wenig über das Oktagramm, nur was Garreth mir damals in der Kapelle erzählt hatte, an dem Tag, als ich erfuhr, dass er mein Schutzengel war. Ich betrachtete den wunderschönen kleinen Stern und staunte, wie ein so einfaches Symbol ein so bedeutender Übergang zwischen zwei verschiedenen Welten sein konnte.
    Wenn es einem Engel möglich war, in die Menschenwelt überzuwechseln, warum sollte dann nicht ein Mensch in die Welt der Engel gelangen können? Durch die gleiche Pforte? Ich dachte an Garreth, aber Hadrians Worte drängten sich dazwischen und hallten in mir wider.
    Der Himmel würde wie ein Traum verblassen im Vergleich zu der Welt, die du und ich erschaffen könnten.
    War das nicht jetzt schon eine neue Welt? In der Menschen und Engel voneinander wussten und nebeneinander existierten? Garreth hatte gesagt, dass der Himmel in uns liegt, solange ich glaube und glücklich bin, gibt es ihn.
    Und das tat ich! Es gab ihn. Es gab Garreth noch, und niemand, vor allem nicht Hadrian, würde mir das nehmen.
    Ich nahm den Dolch. Seine glänzende Klinge reflektierte das wenige Licht, das durch das Fenster fiel, und zeigte mir mein Spiegelbild. Mein Blick flackerte vor Angst, aber hinter der Ungewissheit lag Hoffnung, und die Hoffnung gab mir mehr Stärke als alles andere.
    Die leise Stimme in meinem Kopf riet mir, der Hoffnung zu vertrauen. Das allerdings hielt mein Herz nicht davon ab, sich schmerzhaft zusammenzukrampfen, als ich daran dachte, dass Garreth versuchte, aus einer anderen Welt mein Unterbewusstsein zu erreichen.
    Im Zimmer war es kalt. In meinem Kopf rauschten schwarze Flügel wie verächtliches Gelächter.
    Ich hatte keine Zeit zu verlieren.
    Mit einem schnellen Stoß rammte ich mir den Dolch in die Brust. Mit Leichtigkeit durchschnitt er die Haut, mir wurde gleichzeitig heiß und kalt. Zu diesem Zeitpunkt war ich zweifellos schon halb weggetreten, kurz brachte mich der kalte Stahl wieder zur Besinnung. Als die glatte Klinge in mich eindrang, verdunkelte sich der Himmel, und heftiger Regen setzte ein. Die einzelnen Tropfen fielen, küssten den Boden im Moment ihres Todes und rauschten in meinen Ohren.
    Meine Sinne versuchten, den Nebel zu durchdringen, der meinen Kopf zu füllen begann. Angstvoll streckte ich die Arme aus. Ich hörte eine merkwürdige Stimme, anscheinend mein eigenes Wispern: »Bitte, hilf mir!« Die Gardine glitt mir durch die Finger, fiel dann um michherum zu Boden. Ich spürte ein Kribbeln, wurde müde, und vor mir tauchten zwei Gesichter auf, von denen ich wusste, dass sie nicht wirklich da waren.
    In dem einen Gesicht funkelten furchterregend pechschwarze Augen, in dem anderen schimmerten die unglaublich hellblauen des Jungen, den ich an einem Morgen auf dem Schulhof kennengelernt hatte. Der Rest verschwand, als ich in die Dunkelheit fiel.

KAPITEL 24

    Der Tod war anders als erwartet.
    Ich wartete auf Schmerzen, spürte aber keine. Ich blinzelte, erst mit dem linken Auge, dann rechts, und dachte: Jetzt aber . Langsam machte ich beide Augen auf und sah an mir herunter. Erwartungsvoll verzog ich das Gesicht, aber immer noch nichts.
    Mein T-Shirt war blütenweiß. Keine Spur von Blut.
    Keine Wunde.
    Der einzig stichhaltige Beweis dafür, dass der Übergang funktioniert hatte, war die Tatsache, dass ich atmete. In der Luft lagen bittersüß die Erinnerung an das

Weitere Kostenlose Bücher