Engelsstimme
zu spät dran für Valgerður. »Kannst du noch eine Sache für mich erledigen? Stefanía hat behauptet, sie hätte sich neulich hier im Hotel mit einer Freundin getroffen. Kannst du mit dieser Frau sprechen, damit sie das bestätigt?«
Erlendur gab ihr den Namen der Frau.
»Willst du nicht endlich machen, dass du aus diesem Hotel rauskommst?«, fragte Elínborg.
»Hör auf, mir damit in den Ohren zu liegen«, sagte Erlendur und beendete das Gespräch.
Achtundzwanzig
Als Erlendur ins Foyer kam, fiel sein Blick auf Oberkellner Rósant. Er zögerte, weil er sich nicht sicher war, ob er ihn jetzt ansprechen sollte. Valgerður war bestimmt schon im Hotel. Erlendur schaute auf die Uhr, zog eine Grimasse und begab sich zu dem Oberkellner. Es würde nicht lange dauern.
»Erzähl mir doch mal was über die Nutten«, sprach er, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, Rósant an, der gerade servil und zuvorkommend mit zwei Hotelgästen redete. Es waren offensichtlich Isländer, denn ihre entgeisterten Blicke wanderten in gespannter Erwartung zwischen ihm und Rósant hin und her.
Rósant lächelte, und der kleine Oberlippenbart hob sich. Er entschuldigte sich höflich gegenüber den Gästen, verbeugte sich und trat mit Erlendur zur Seite.
»In einem Hotel geht es um Menschen, und wir sorgen dafür, dass sie sich wohl fühlen, war das nicht der Quatsch, den du von dir gegeben hast?«
»Das ist kein Gesülze. Das wird einem in der Hotelfachschule beigebracht.«
»Bringen sie einem auch bei, wie man als Oberkellner nebenbei als Zuhälter arbeiten kann?«
»Ich habe keine Ahnung, wovon du redest.«
»Nein, aber ich sag’s dir gerne. Du hast dir hier einen netten kleinen Puff im Hotel eingerichtet.«
Rósant lächelte.
»Puff?«, fragte er.
»Hat das vielleicht etwas mit dem Mord an Guðlaugur zu tun, dein Nuttenbetrieb?«
Rósant schüttelte den Kopf.
»Wer war bei Guðlaugur, als er ermordet wurde?«
Sie schauten einander in die Augen, bis Rósant den Blick senkte und auf den Boden starrte.
»Niemand, den ich kenne«, sagte er schließlich.
»Auch nicht du selber?«
»Irgendeiner von deinen Leuten hat meine Aussage protokolliert. Ich habe ein Alibi.«
»Hat Guðlaugur sich mit den Nutten abgegeben?«
»Nein. Und ich habe nicht das Geringste mit irgendwelchen Nutten zu tun. Ich weiß nicht, woher du solche Informationen hast, erst Diebstahl in der Küche und jetzt Nutten. Das ist totaler Schwachsinn. Ich bin kein Zuhälter.«
»Aber …«
»Wir halten ganz bestimmte Informationen für unsere Gäste bereit. Für Ausländer auf Konferenzen, Isländer ebenfalls. Sie fragen nach Begleitung, und da versuchen wir zu helfen. Wenn sie in der Bar schöne Frauen treffen und sich wohl fühlen …«
»Dann sind alle zufrieden. Sind wohl dankbare Kunden?« »Sehr.«
»Also du bist für die Versorgung mit Nutten zuständig?« »Ich …«
»Toll, wie romantisch du das darstellen kannst. Der Hotelmanager steckt mit dir unter einer Decke. Was ist mit dem Empfangschef?«
Rósant zögerte.
»Er hat nicht die gleiche Auffassung wie wir, wenn es darum geht, den unterschiedlichen Bedürfnissen unserer Gäste nachzukommen.«
»Den unterschiedlichen Bedürfnissen unserer Gäste nachzukommen«, wiederholte Erlendur. »Wo lernt man es, sich so auszudrücken?«
»Auf der Hotelfachschule.«
Erlendur schaute auf seine Uhr.
»Und wie passen deine Auffassung und die des Empfangschefs zusammen?«
»Manchmal gibt es Konflikte.«
Erlendur erinnerte sich, dass der Empfangschef abgestritten hatte, dass es Nutten im Hotel gäbe, und dachte bei sich, dass er wahrscheinlich als Einziger der leitenden Angestellten auf den Ruf des Hotels bedacht war.
»Aber du bist dabei, sie zu reduzieren, oder?«
»Ich verstehe nicht, wovon du redest.«
»Kommt er euch häufig in die Quere?«
Rósant antwortete nicht.
»Du hast ihm neulich die Nutte auf den Hals gehetzt, nicht wahr? Eine kleine Warnung, nicht die Klappe aufzureißen. Du bist an dem Abend auch ausgegangen, hast ihn in diesem Lokal gesehen und eine von deinen Nutten auf ihn angesetzt.«
Rósant zögerte.
»Ich weiß nicht, wovon du redest«, wiederholte er.
»Nein, selbstverständlich nicht.«
»Er ist so fürchterlich bieder«, sagte Rósant, und das Bärtchen lüftete sich zu einem fast unsichtbaren ironischen Grinsen. »Er will einfach nicht kapieren, dass es besser ist, wenn wir bei so etwas selber die Regie führen.«
Valgerður wartete in der Bar auf Erlendur. Sie war
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