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Engelsstimme

Engelsstimme

Titel: Engelsstimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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schon in der Tür, als Erlendur ihm zurief.
    »Warum wolltet ihr ihn rauswerfen?«
    »Was?«
    »Ihr wolltet ihn rauswerfen, den Weihnachtsmann. Warum?«
    »Ihm war gekündigt worden«, sagte er endlich.
    Der Hotelmanager war beim Essen, als Erlendur ihn fand. Er saß an einem großen Tisch in der Küche, hatte sich eine große Küchenchefschürze umgebunden und stopfte die Reste in sich hinein, die auf den halb leeren Platten vom Büfett hereingetragen worden waren.
    »Du kannst dir nicht vorstellen, wie ich es genieße, zu essen«, verkündete er und wischte sich den Mund ab, als er bemerkte, dass Erlendur ihn anstarrte. »In Frieden«, fügte er hinzu.
    »Ich weiß genau, was du meinst.«
    Sie waren allein in der großen blitzsauberen Küche. Erlendur konnte nicht umhin, ihn zu bewundern. Er aß schnell, aber enorm gewandt und ohne Gier. Seine Bewegungen waren fast elegant. Er verleibte sich einen Bissen nach dem anderen ein, konzentriert und mit sichtlicher Leidenschaft. Er schien jetzt etwas ruhiger zu sein, nachdem die Leiche entfernt worden war und keine Polizisten und Reporter mehr vor dem Hotel herumstanden; die Polizei hatte angeordnet, dass das Hotel nicht betreten werden dürfte, weil das gesamte Gebäude als Tatort galt. Im Hotel selbst jedoch ging fast alles wieder seinen normalen Gang. Die wenigsten ausländischen Gäste wussten von der Leiche im Keller. Viele hatten die Unruhe bemerkt, die mit der Polizeiaktion verbunden war, und sich erkundigt. Der Hotelmanager hatte seinen Angestellten eingeschärft, einen alten Mann zu erwähnen – und einen Herzinfarkt.
    »Ich weiß, was du denkst, du findest, dass ich hier fresse wie ein Schwein, nicht wahr?«, sagte er und hörte auf zu essen, um einen Schluck Rotwein zu trinken. Der kleine Finger von der Größe eines Würstchens spreizte sich ab. »Das vielleicht nicht, aber ich verstehe, warum du ein Hotel führen willst«, sagte Erlendur. Aber dann konnte er sich nicht mehr beherrschen. »Du frisst dich tot, das weißt du wohl«, sagte er brutal.
    »Ich wiege 180 Kilo«, sagte der Hotelmanager. »Mastschweine sind auch nicht viel schwerer. Ich bin immer fett gewesen, etwas anderes kenne ich nicht. Habe nie eine Abmagerungskur mitgemacht. Mir ist nie eingefallen, meinen Lifestyle zu ändern, wie es so schön heißt. Ich fühle mich sauwohl. Auf jeden Fall besser als du, habe ich den Eindruck«, fügte er hinzu.
    Erlendur erinnerte sich, gehört zu haben, dicke Menschen seien fröhlicher als Bohnenstangen. Er glaubte aber nicht, dass das stimmte.
    »Besser als ich?«, sagte Erlendur und lächelte schwach. »Was weißt du schon darüber. Weswegen hast du den Portier entlassen?«
    Der Hotelmanager hatte wieder angefangen zu essen, und es dauerte eine geraume Weile, bis er das Besteck von sich legte. Erlendur wartete geduldig. Er sah, dass der Mann überlegte, was die beste Antwort darauf wäre, wie er sich ausdrücken sollte, nachdem Erlendur nun einmal von der Kündigung erfahren hatte.
    »Das Hotel steht nicht so gut da«, sagte er schließlich. »Den ganzen Sommer sind wir sozusagen überbucht, und zu Weihnachten und Silvester ist auch immer viel los, aber dazwischen gibt es immer wieder tote Zeiten, und die können wirklich schwierig sein. Die Hoteleigentümer verlangen kostendämpfende Maßnahmen. Personalabbau. Ich fand, dass ein ganzjährig angestellter Portier bei vollem Lohn überflüssig war.«
    »Aber wenn ich richtig verstanden habe, war er viel mehr als nur ein Portier. Weihnachtsmann beispielsweise. Und so was wie ein Hausfaktotum. Er hat alles Mögliche repariert. Mehr so etwas wie ein Hausmeister.«
    Der Hotelmanager hatte wieder angefangen, sich den Bauch voll zu schlagen, und es entstand erneut eine Pause im Gespräch. Erlendur blickte sich um. Die Polizei hatte den Leuten, die ihre Schicht beendet hatten, gestattet, nach Hause zu gehen, nachdem Namen und Adresse notiert worden waren; es war immer noch nicht bekannt, wer zuletzt mit dem Toten gesprochen hatte oder wie der letzte Tag in seinem Leben verlaufen war. Niemand hatte etwas Ungewöhnliches im Zusammenhang mit dem Weihnachtsmann bemerkt. Niemand hatte jemanden in den Keller gehen sehen. Niemand wusste, von wem der Weihnachtsmann Besuch bekommen hatte. Nur einige wenige wussten überhaupt, dass er dort lebte, dass dieses Kabuff tatsächlich sein Zuhause war. Es hatte den Anschein, als ob sich alle so wenig wie möglich mit ihm abgeben wollten. Nur wenige sagten aus, ihn gekannt zu haben,

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