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Engelsstimme

Engelsstimme

Titel: Engelsstimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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Vier
    Er war kurz vor dem Einschlafen, als leicht an die Tür geklopft wurde und er leise seinen Namen flüstern hörte. Er wusste sofort, wer das war. Als er öffnete, stand seine Tochter Eva Lind auf dem Korridor des Hotels. Sie blickten einander an, und sie lächelte, während sie an ihm vorbei ins Zimmer schlüpfte. Er machte die Tür zu. Sie setzte sich an den kleinen Schreibtisch und holte eine Schachtel Zigaretten heraus.
    »Ich glaube, es ist verboten, hier zu rauchen«, sagte Erlendur, der sich bisher an das Rauchverbot gehalten hatte.
    »Ja«, sagte Eva Lind und steckte sich eine Zigarette an. »Warum ist es hier so kalt?«
    »Ich glaube, der Heizkörper ist defekt.«
    Erlendur setzte sich auf die Bettkante. Er war nur in der Unterhose und zog sich die Bettdecke über Kopf und Schultern, was ihn wie einen Höhlenmenschen aussehen ließ.
    »Was soll das eigentlich?«, sagte Eva Lind.
    »Mir ist kalt«, sagte Erlendur.
    »Ich meine das mit dem Hotelzimmer, warum gehst du nicht einfach nach Hause?« Sie sog den Rauch tief in die Lungen ein, fast ein Drittel der Zigarette brannte dabei auf. Dann blies sie den Rauch aus, und das Zimmer füllte sich mit Qualm.
    »Ich weiß es nicht. Ich habe …« Erlendur verstummte.
    »Keine Lust, nach Hause zu gehen?«
    »Ich fand das hier irgendwie passend. Hier im Hotel ist heute ein Mann ermordet worden, hast du das nicht gehört?«
    »Irgendein Weihnachtsmann, oder? Wurde er ermordet?« »Der Portier. Sollte den Weihnachtsmann für die Kinder hier im Hotel spielen. Wie geht’s dir?«
    »Gut«, sagte Eva Lind.
    »Du arbeitest immer noch?«
    »Ja.«
    Erlendur schaute sie an. Sie sah besser aus. Sie war zwar immer noch klapperdürr, aber die Ringe unter den schönen blauen Augen waren blasser geworden, und sie war auch nicht mehr so hohlwangig. Er nahm an, dass sie jetzt schon seit fast acht Monaten keine Drogen angerührt hatte. Nicht, seitdem sie eine Fehlgeburt gehabt und bewusstlos im Krankenhaus zwischen Leben und Tod geschwebt hatte. Als sie aus dem Krankenhaus entlassen worden war, war sie zu ihm gezogen und hatte ein halbes Jahr bei ihm gewohnt. Sie hatte sich einen festen Job gesucht, was schon seit zwei Jahren nicht mehr der Fall gewesen war. Die letzten Monate hatte sie sich ein Zimmer in der Innenstadt gemietet.
    »Wie hast du mich hier gefunden?«, fragte Erlendur.
    »Ich hab dich nicht auf deinem Handy erreicht und hab dann im Büro angerufen, und da hat man mir gesagt, dass du hier bist. Als ich nach dir gefragt habe, sagten sie, dass du dir ein Zimmer genommen hättest. Was ist eigentlich los? Warum gehst du nicht nach Hause?«
    »Ich habe eigentlich keine Ahnung, was ich mache«, sagte Erlendur. »Weihnachten ist eine komische Zeit.«
    »Ja«, sagte Eva Lind, und sie schwiegen.
    »Hast du etwas von deinem Bruder gehört?«, fragte Erlendur.
    »Sindri arbeitet immer noch auf dem Land«, antwortete Eva Lind, und die Zigarette zischte kurz, als die Glut den Filter erreicht hatte. Die Asche fiel auf den Fußboden. Sie suchte nach einem Aschenbecher, fand aber keinen und stellte die Zigarette hochkant auf den Schreibtisch, um sie ausbrennen zu lassen.
    »Und deine Mutter?«, sagte Erlendur. Es waren immer dieselben Fragen, und die Antworten waren auch meist dieselben.
    »Okay. Schuftet wie gewöhnlich.«
    Erlendur schwieg unter der Bettdecke. Eva Lind schaute auf den blauen Rauch der Zigarette, der kräuselnd vom Schreibtisch aufstieg.
    »Ich weiß nicht, ob ich das noch lange durchhalte«, sagte sie und starrte auf den Rauch.
    Erlendur schaute zu ihr hoch.
    In dem Augenblick klopfte es an der Tür, und sie blickten sich fragend an. Eva stand auf und öffnete. Ein Hotelangestellter in Livree stand auf dem Korridor. Er sagte, er würde in der Rezeption arbeiten.
    »Es ist verboten, auf den Zimmern zu rauchen«, erklärte er, nachdem er an Eva Lind vorbei ins Zimmer gelugt hatte.
    »Ich hab ihr gesagt, sie soll sie ausmachen«, sagte Erlendur unter seiner Bettdecke. »Sie hat noch nie auf mich gehört.«
    »Es ist verboten, Mädchen auf dem Zimmer zu haben. Wegen dem, was passiert ist.«
    Eva Lind lächelte schwach und schaute zu ihrem Vater hinüber. Erlendur schaute zu seiner Tochter hoch und auf den Angestellten.
    »Uns wurde gesagt, dass ein Mädchen hier heraufgegangen ist. Das ist nicht gestattet. Du musst jetzt gehen. Auf der Stelle.«
    Er stand in der Tür und wartete darauf, dass Eva Lind hinausgehen würde. Erlendur stand auf, immer noch mit der

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