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Engelsstimme

Engelsstimme

Titel: Engelsstimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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bloß Drohungen sind. Anscheinend ist es völlig in Ordnung, andere zu bedrohen.«
    Sie schaute Erlendur an.
    »Wenn sie Papa umbringen, dann kümmert ihr euch vielleicht um die Sache.«
    »Kannte er Guðlaugur? Dein Bruder? Die müssen doch voneinander gewusst haben da unten im Keller.«
    »Sie haben sich gekannt«, sagte Ösp kleinlaut.
    »Wie?«
    »Gulli hat ihm Geld gegeben für …«
    »Für was?«
    »Verschiedene Dinge, die er für ihn gemacht hat.«
    »Sexuell?«
    »Ja, sexuell.«
    »Woher weißt du das?«
    »Mein Bruder hat es mir gesagt.«
    »War er an jenem Nachmittag bei Guðlaugur?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe ihn seit vielen Tagen nicht gesehen, nicht seit, …« Sie verstummte. »Nicht, seitdem Guðlaugur erstochen worden ist«, sagte sie schließlich. »Er hat sich nicht gemeldet.«
    »Ich glaube, dass er vor nicht allzu langer Zeit da unten auf dem Flur gewesen ist. Nachdem Guðlaugur ermordet wurde.«
    »Ich habe ihn nicht gesehen.«
    »Glaubst du, dass er auf Guðlaugur losgegangen ist?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Ich weiß nur, dass er noch nie irgendjemanden angegriffen hat. Er ist ständig auf der Flucht. Und jetzt hält er sich ganz bestimmt auch deswegen versteckt, obwohl er gar nichts gemacht hat. Er hat nie irgendjemandem was zuleide tun können.«
    »Und du weißt nicht, wo er jetzt steckt?«
    »Nein, ich habe nichts von ihm gehört.«
    »Weißt du, ob er diesen Engländer gekannt hat, den ich erwähnt habe? Henry Wapshott? Den mit den Kinderpornos.«
    »Nein, den hat er nicht gekannt. Ich glaube es zumindest nicht. Warum fragst du danach?«
    »Ist er homosexuell, dein Bruder?«
    Ösp schaute ihn an.
    »Ich weiß, dass er für Geld alles macht. Ich glaube nicht, dass er schwul ist.«
    »Würdest du ihm bitte ausrichten, dass ich gerne mit ihm sprechen möchte. Falls er da auf dem Flur im Keller etwas mitbekommen hat, muss ich das von ihm selber hören. Ich muss ihn auch nach seiner Beziehung zu Guðlaugur fragen. Ich muss wissen, ob er ihn an dem Tag, an dem Guðlaugur ermordet wurde, gesehen hat. Wirst du das für mich tun? Ihm sagen, dass ich ihn sprechen muss?«
    »Glaubst du, dass er es getan hat? Guðlaugur umgebracht hat?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Erlendur. »Falls ich nicht bald von ihm höre, lasse ich nach ihm fahnden.«
    Ösp zeigte keinerlei Reaktion.
    »Wusstest du, dass Guðlaugur schwul war?«
    Ösp schaute hoch.
    »Gemessen an dem, was mein Bruder mir gesagt hat, war er das. Und gemessen an der Tatsache, dass er meinen Bruder dafür bezahlt hat, es ihm zu besorgen …«
    Ösp brach ab.
    »Wusstest du, dass Guðlaugur tot war, als du zu ihm geschickt wurdest?«
    Sie schaute ihn an.
    »Nein, das wusste ich nicht. Versuch nicht, das auf mich zu schieben. Das versuchst du doch? Du glaubst, dass ich ihn umgebracht habe?«
    »Du hast mir nichts von deinem Bruder da im Keller gesagt.«
    »Er ist immer in Schwierigkeiten, aber ich weiß, dass er das nicht getan hat. Ich weiß, dass er niemals so etwas tun könnte. Niemals.«
    »Zwischen euch muss ja wirklich ein gutes Verhältnis bestehen, wo du so gut auf ihn aufpasst.«
    »Wir sind immer gute Freunde gewesen«, sagte Ösp und stand auf. »Ich werde mit ihm sprechen, wenn er sich meldet, und ihm sagen, dass du ihn sprechen musst, falls er was weiß über das, was passiert ist.«
    Erlendur nickte und sagte, dass er im Verlauf des Tages im Hotel zu erreichen wäre.
    »Es muss sofort sein, Ösp«, sagte er.

Einunddreißig
    Als Erlendur wieder hinunter ins Foyer kam, sah er Elínborg an der Rezeption stehen. Der Empfangschef deutete in seine Richtung, und Elínborg drehte sich um. Sie hatte offenbar nach ihm gesucht und kam jetzt rasch mit einer mehr als sorgenvollen Miene auf ihn zu. So viel Kummer hatte sie selten ausgestrahlt.
    »Stimmt etwas nicht?«, fragte er, als sie sich näherte.
    »Können wir uns vielleicht irgendwo setzen?«, sagte sie. »Ist die Bar schon offen? Himmel, was ist das für ein mieser Job. Ich weiß nicht, wozu man sich damit abgibt.«
    »Was ist denn los?«, fragte Erlendur, packte sie beim Arm und führte sie zur Bar. Die Tür war zu, aber nicht verschlossen, und sie gingen hinein. Die Bar schien noch nicht geöffnet zu sein. Erlendur entdeckte ein Schild, dem zufolge die Bar erst in einer Stunde aufmachte. Sie setzten sich in eine Nische.
    »Weihnachten ist im Eimer bei mir«, sagte Elínborg. »Ich hab noch nie so wenig gebacken. Und die ganze Familie meines Mannes kommt heute Abend

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